So, hier die dritte Geschichte von mir. Ist zwar nicht so gut wie E.A. Poe, doch ich geb mein bestes. Habt Spaß damit! Und wieder geht ein Danke an Serena fürs Beta-Lesen :3
The Lady in Red
Es war eine stürmische Nacht, als er nach Hause kam. Die Standuhr im Hausflur zeigte eine halbe Stunde vor Mitternacht an. Zu spät, dachte er sich, als er Mantel und Hut an die Garderobe hing. Er hatte sich geschworen, nicht mehr so lange zu arbeiten und dennoch kam er jeden fast jeden Tag um dieselbe Zeit zurück.
Er lenkte seine Schritte in das Kaminzimmer. Das Feuer war schon lange erloschen. Es war kühl in dem Raum, also legte er einige Scheite in den Kamin und entzündete eine wärmende Flamme. Sie krochen das Holz entlang und erzeugten schon bald eine mollige Wärme im Zimmer. Währenddessen holte er sich aus dem Schrank eine Flasche Scotch und ein Fotoalbum. Sein allabendliches Ritual konnte beginnen. Er ließ sich auf dem bequemen roten Ohrensessel nieder, goss sich etwas Scotch ein und schlug dann das Album auf. Schon die erste Photographie versetzte ihn wieder in jene Melancholie, aus der ihn niemand erlösen konnte. „Bethany“, flüsterte der Mann. Seine Finger strichen zärtlich über das schwarz-weiße Antlitz seiner toten Frau. Sie trug das rote Kleid, das sie so geliebt hatte. Und sie lächelte. Es brach ihm jedes Mal das Herz, sie so zu sehen. Er war schuld an ihrem Tod. Er hatte sie vernachlässigt, sich nur auf die Arbeit konzentriert. Das hat sie schlussendlich in den Tod getrieben. Eine Träne rollte über sein Gesicht, als er einen großen Schluck aus seinem Glas nahm. Seit fast zwei Jahren verliefen seine Abende nun gleich: trinken und in Melancholie versinken.
Ein Geräusch ließ ihn hochschrecken. Was war das? Er lauschte. Da war es wieder! Ein Kratzen. Er wollte dem Geräusch auf den Grund gehen. Vielleicht war jemand in seinem Haus. Geschwind zündete der Mann die Petroleumlampe an.
Er schlich auf den Gang. Da war es wieder! Es hörte sich so an, als würde jemand auf dem Flügel spielen. Ziemlich schlecht sogar. Mit gespitzten Ohren näherte er sich dem Musikzimmer, das sich am anderen Ende des Ganges befand. Seine geliebte Bethany war eine passionierte Musikerin gewesen, doch seit ihrem Tod hatte er dieses Zimmer nicht mehr betreten. Aber nun führte kein Weg mehr daran vorbei. Vor der Tür hielt er kurz inne, atmete tief durch und stieß dann die Tür auf. Spinnenweben zogen sich durch den ganzen Raum. Auf Möbel und Instrumenten hatte sich über die Zeit eine dicke Staubschicht gelegt.
„Hallo? Ist da jemand?“ Keine Antwort. Vorsichtig leuchtete er in das Zimmer hinein. Es war nichts zu sehen. Als der Lichtschein den Flügel erreichte, funkelten ihn zwei gelbe Augen entgegen. Sie hatten etwas Dämonisches. Vor Schreck wäre dem Mann beinahe die Lampe aus der Hand gefallen. Ein Blitz zuckte vom Himmel und illuminierte den Raum. Er atmete erleichtert aus, als er sah, dass der vermeintliche Dämon nur eine Katze war. Das Tier hatte schwarzes Fell und eben jene gelben Augen, die ihn zu Tode erschreckt hatten. Seine Bethany hatte Katzen geliebt. Ihm war schleierhaft, wie das Tier hereingekommen war. Alle Fenster waren geschlossen. Vielleicht durch den Keller?
Er näherte sich der Katze. Er wollte sich aus dem Zimmer und nach draußen schaffen. Sie erinnerte ihn zu sehr an Bethany. Genau wie das Musikzimmer. Bethany…Nun ergriff wieder Melancholie sein Herz.
„Oh Bethany, warum hast du mich auf diese Weise verlassen?“
„Es war deine Schuld, James. Du hast dich nicht um mich gekümmert. Mich links liegen gelassen. Ich war verzweifelt. Ich sah keinen anderen Ausweg mehr. Wenigstens im Tod hast du mir Aufmerksamkeit geschenkt.“ Die ihm wohlbekannte Stimme ließ ihn herumfahren. Es konnte nicht sein!
Sie stand hinter ihm. Ihr schwarzes Haar fiel ihr offen auf die Schulter und sie sah ihn mit traurigen blauen Augen an. Aus ihrem Blick war jegliches Leben gewichen, er war völlig leer. Und sie trug ihr rotes Lieblingskleid.
Ihm hatte es die Sprache verschlagen. Das konnte nicht sein! Sie war tot! Er hatte sie selbst gefunden. Mit aufgeschlitzten Pulsadern. Sein Blick wanderte zu ihren Handgelenken. Ja, da waren die Wunden. Und es floss Blut heraus, so rot wie ihr Kleid. Er ließ die Lampe fallen. Klirrend zersprang das Glas. Das Petroleum lief aus und fing sofort Feuer. Flammen züngelten über den Fußboden und setzten alles in Brand, was sie berührten.
Er konnte sich nicht mehr rühren. „Wir werden wieder zusammen sein, James“, flüsterte Bethany. Sie streckte ihre bleiche Hand aus und strich ihn über die Wange. „Im Tod werden alle deine Sorgen verflogen sein. Es wird keine Arbeit mehr geben. Nur noch dich und mich. Bis in alle Ewigkeit.“
Ihm rollten Tränen über das Gesicht. Waren es nun Tränen der Angst und Verzweiflung oder Freudentränen? Er konnte es nicht sagen. Er merkte nicht, wie die Flammen seine Beine hinaufkrochen, ihm das Fleisch verbrannten. Er wollte in diesem Moment nichts sehnlicher, als wieder mit seiner Bethany vereint zu sein. Sie war in Rot getaucht. Rot war ihr Kleid und rot waren die Flammen, die an ihrer beider Körper leckten. Ja, Rot war schon immer ihre Lieblingsfarbe gewesen.