Herzgeschnürt.
Autor: Ashlyn
Genre: Horror | Grotesk
Anmerkung: Mal wieder etwas für einen Wettbewerb. :]
Autor: Ashlyn
Genre: Horror | Grotesk
Anmerkung: Mal wieder etwas für einen Wettbewerb. :]
„Mein Herz ist zugeschnürt,
kann nicht mehr atmen,
nicht mehr sprechen,
nicht mehr schlagen.“
Stille. Aufwühlende, drückende Stille. Kein Entkommen, kein Entrinnen.
Ich wusste weder, wo ich war, noch wie ich hier hergekommen war. Um mich herum herrschte nur vollkommene Stille, welche hier und da von einem absonderlichen Geräusch unterbrochen wurde. Kalt war es nicht, aber trotzdem erklomm mich eine eisige Kälte von innen und drohte mich aufzufressen. Meine Lippen zitterten und mein Rücken, welcher an die feuchte, glitschige Wand hinter mir gedrückt war, tat weh. Irgendetwas hielt mich hier fest – die Dunkelheit war es jedenfalls nicht. Als ich meine Finger kneten wollte, spürte ich wie taub sie waren und dass ich sie kaum bewegen konnte. Trotzdem versuchte ich mich von der Wand loszureißen. Es gelang mir erst, als ich meine Augen schloss und mich bemühte, mich zu beruhigen. Meine Beine wollten nachgeben, doch langsam kam ich voran; setzte ein Bein nach dem anderen nach von und strengte mich an, nicht umzufallen.
Plötzlich, als ich nicht damit rechnete, spürte ich, wie ich gegen etwas Warmes und scheinbar Lebendiges stieß. Es war größer als ich und nun hörte ich auch ein leises Atmen, welches aus dessen Richtung kam und meine Nase kitzelte.
„Hallo?“, flüsterte ich rau und heiser in die tiefe Dunkelheit, die mir die Sicht versperrte. Natürlich wusste ich nicht, was mich erwartete, ob derjenige mir etwas antun wollte, aber ich musste es versuchen. Ich hörte, dass die Person sich räusperte und es klang eindeutig nach einem Mann, was mir schlagartig bewusst wurde. Wahrscheinlich hatte er mich hierher verschleppt. Reflexartig ging ich ein paar Schritte zurück und wäre um ein Haar auf dem feuchten Boden ausgerutscht, doch aus dem Nichts erschienen zwei Hände, die mich an den Schultern packten und mich hielten. In diesem Moment durchströmte mich eine merkwürdige Wärme, die ich noch nie zuvor verspürt hatte. Sie schien aus den Händen des Unbekannten zu kommen und es irritierte mich so sehr, dass ich sie weg schlug.
„Wer ist da, zur Hölle?“, rief ich und meine Stimme brach ab, weil ich husten musste. Erneut spürte ich, dass die Hände nach mir tasteten, doch dieses Mal hielt ich sie fest und drückte mich dann gegen seinen Körper, sodass er mit seinem Rücken gegen die Wand schlug und aufkeuchte. Er war warm, vielleicht zu warm, doch er fühlte sich gut an. Trotzdem rammte ich ihm meine Faust in die Magenkuhle und er sackte zusammen.
„Was soll das?“, erklang eine sanfte Stimme zu meinen Füßen und sofort nahm sie mich ein. Sie erinnerte mich an diesen leichten Sommerregen, aber trotzdem hatte sie eine gewisse männliche Attraktivität. Verwirrt hockte ich mich zu ihm und nahm seine Hand, ohne zu wissen, was ich eigentlich tat.
„Wer bist du?“, fragte ich ihn leise. Eine Weile geschah nichts, doch dann spürte ich, wie er zum Reden ansetzte.
„Ist das nicht egal? Du würdest sowieso nicht glauben, wer ich bin“, erwiderte er und ich erahnte an seinen Bewegungen, dass er aufstand. Ich tat es ihm gleich, doch ich verstand immer noch nicht. Noch mehr beschäftigte mich allerdings die Tatsache, dass ich nicht wusste, wo ich war und wie ich hier hergekommen war. Seufzend lehnte ich mich neben ihn gegen die Wand und schloss abermals die Augen. Da ich trotz aller Anstrengungen sowieso nichts sah, nützte es nichts, sie zu benutzen. Doch je mehr ich mich auf mich zu konzentrieren versuchte, desto mehr glitten meine Gedanken zu ihm, dessen Namen und Gesicht ich immer noch nicht kannte. Und es waren nicht nur meine Gedanken, die verrückt spielten. Auch mein Körper sehnte sich auf eine höchst eigenartige Weise nach ihm. Ich wollte ihn berühren, seine Haut auf der meinen spüren. So etwas hatte ich noch nie zuvor empfunden und ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Vorsichtig tastete ich nach seinem Arm und streifte dabei seinen Oberkörper, welcher nackt war. Gänsehaut jagte mir über meine Haut und mein Verlangen nach ihm stieg bis ins Unermessliche. Mein Puls pochte. Aus Unsicherheit nahm ich meinen Arm wieder weg, doch er spürte scheinbar selbst in der Dunkelheit, was ich vorhatte, hielt meinen Kopf zwischen seine recht großen Hände und küsste mich, wie mich noch nie jemand zuvor geküsst hatte. Erst dachte ich, meine Lippen wären taub, doch dann erwachten sie zum Leben und schmeckten seine Lippen, die etwas herb und rau waren.
Doch mein Herz – es fühlte sich an, als wäre es zugeschnürt, sodass es nicht mehr atmen, sprechen, schlagen konnte. Für einen Augenblick schien es stillzustehen; die Dunkelheit schien mich festzuhalten und genau in diesem Moment ging plötzlich das Licht an und riss uns aus der Trance, die schon fast unheimlich war.
Sofort schaute ich nach seinem Gesicht, doch anstelle eines Gesichts klaffte dort ein riesiges, entstelltes Loch, welches aussah, als wäre dort erst vor Kurzem das Fleisch herausgerissen worden. Mein Schrei steckte mir in der Kehle, und doch hatte ich das Verlangen meinem Entsetzen Luft zu machen. Ich stolperte rückwärts gegen die modrige Wand und während ich den Raum nach einer Tür absuchte, sah ich, dass der Raum völlig verschimmelt und verwahrlost war. Eine Tür gab es. Nur leider sah sie verschlossen aus, aber ich versuchte trotzdem mein Glück. Der Gesichtslose, dessen Antlitz meinen Schritte folgte, wollte ebenfalls in Richtung Tür gehen, doch ich war schneller und zu meiner größten Verwunderung ging sie auf.
Doch was ich sah, brachte mir nicht die erwünschte Erleichterung ins Herz, sondern schnürte es nur noch mehr zusammen. Hinter dieser Tür wartete die endlose Dunkelheit auf mich...