Spoiler
Es war komisch.
Ja, nahezu grotesk. Aber es war so. Er saß in einem Flugzeug, auf dem Weg nach Rom. Sichtlich unwohl, saß er zwischen den anderen Passagieren. Natürlich hätte er mit dem Flohnetzwerk reisen können, aber er wollte versuchen die Muggel zu verstehen – immerhin sind sie Teil dieser Welt.
Grimmig wendet er sich vom Bordfenster ab – gleißendes Sonnenlicht blendete ihn, als sie die Wolkendecke durchstießen.
Einerseits freute er sich ja auf seinen Urlaub. Endlich konnte er mal was anderes sehen. Mal für sich sein. Und vor allem konnte er so mal aus Hogwarts rauskommen. Dennoch, er hätte es ablehnen sollen als Muggel zu reisen. Aber nun war es zu spät. Die Maschine ist schon in der Luft und überquerte die Nordsee Richtung Rom.
Überrumpelt blickte er auf, als eine Stewardess ihm in Getränk reichen wollte. Nein, kein Kürbissaft, sondern Cola und Bier und sonstige Muggelgetränke türmten sich auf dem kleinen Wagen. Er entschied sich für ein kleines (Plastik)Gläschen Weißwein.
Er schmeckte bitter.
Ob er den Urlaub verdient hätte? Sicher. Kein anderer wie er hatte in den letzten Jahren viel gearbeitet und geleistet. Aber wer weiß das schon?
Und die, denen er es sagen wollte waren nicht mehr …
Betrübt schwenkte er den Becher Wein und nahm noch einen Schluck.
Nein. Er würde jetzt nicht herum jammern. Er würde sich auf seinen Urlaub freuen. In Gedanken besuchte er das Kolosseum in Rom, sah sich auf dem Petersplatz ein Eis schlecken und geheime Zauberorte aufsuchen.
Nein, irgendwie erschien ihm das Unwahr. Er passte dort nicht hin. Er passt nirgends hin.
Diese – nicht neue – Erkenntnis schmerzte ihn wieder. Er ist alleine. Und war es immer gewesen. Ist es nicht jämmerlich alleine Urlaub zu machen? Was nutzte es das schönste der Welt zu sehen, wenn man es mit niemandem teilen wollte? Oder konnte? Warum konnte er nicht einfach sich mit jemanden anfreunden? Es wäre so einfach mit jemanden Geheimnisse zu haben und demjenigen Vertrauen zu schenken. Er weiß, dies würde ihm gut tun. Einen Vertrauten zu haben, dem man sich anvertrauen könnte.
Aber er konnte es nicht. Nicht mehr. Schon einmal hatte er einer Person vertraut. Und er wurde enttäuscht.
Schwermütig schob er die Gedanken schnell beiseite. Er wollte nicht weiter denken, er wusste bereits worauf das hinaus laufen würde. Es ist immer dieselbe Überlegung die zu keinem Ende führt. Seufzend leerte er seinen Becher Wein und schaute wieder aus dem Fenster in die gleißende Sonne.
Und wenn er es noch einmal versuchen würde? Aber wie? Die Person müsse erst gefunden werden. Es dürfte niemand aus Hogwarts sein, aber auch kein Muggel. Bloß wen sollte man sonst finden? Vor allem, wäre es nicht Blödsinn einfach jemanden „auszuwählen“? Sollten Freundschaften nicht aus Gemeinsamkeiten, gemeinsamen Erlebnissen und Interessen entstehen, so wie …
So wie es schon Mal war.
Aber er ist ein Einzelkämpfer, wie könnte er da solche Bindungen aufbauen? Noch dazu ist er nicht der Typ, der den „ersten Schritt macht“.
Nein! Er brauchte niemanden. Er ist ohne jemanden bisher auch zurecht gekommen. Dieses sentimentale Grübeln bringt ja keinen weiter und liegt nur am Wein. Mit einem Mal hasste er sich. Die Muggel, die lachend im Flugzeug sitzen. Und vor allem den Wein, denn der hatte natürlich Schuld, dass er erst auf diese Gedanken kam (meinte er). Wütend knallte er den Sichtschutz vom Fenster herunter und stierte auf die feine Maserung des Rolladens. Ja. Er brauchte niemanden. Er hatte niemanden gebraucht. Ihm geht es gut! Und deswegen bräuchte er auch keinen Urlaub. Nichts da! Er würde sofort mit Flohpulver zurück nach Hogwarts reisen!
Plötzlich beugte sich die Stewardess zu ihm und riss ihn aus seinen Gedanken: „Mein Herr, Sie müssen Ihren Gurt anlegen, wir landen bald.“
Innerlich erschrocken – äußerlich kalt – starrte er sie an. Zum ersten Mal sah er die Frau richtig. Benommen nickte er.
Wenn es ihm gut gehen würde – warum schmerzten ihn dann diese grünen Augen so?