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Das Stille Volk - Erste Story: Maskenmädchen

Ahzrarn
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Das Stille Volk - Erste Story: Maskenmädchen

Beitragvon Ahzrarn » Di 17 Jan, 2017 15:32

Hallöle!
Ich werkel gerade an einem Buch, das ich tatsächlich vorhabe herauszubringen ... :shock:
Der folgende Text ist der Beginn der Eröffnungsstory. Hat vielleicht jemand Lust, Versuchskanninchen zu spielen?
Es wäre schön, wenn mir jemand etwas dazu schreiben würde, etwa ob der Text neugierig machen würde auf mehr oder ob Ihr das Teil nach wenigen Zeilen in die Ecke werfen würdet.
Natürlich wüßt ich auch gern, wie der Sprachstil bei Euch ankommt oder wo nach Eurer Meinung Schwächen liegen.
Wer Rechtschreibfehler findet, darf diese selbstverständlich behalten :lol: .

Maskenmädchen


Grad eben waren Löwen über das Land in ihrem Kopf gestürmt und sie hatte die Löwen erschlagen.
“Kalyss!”
Sie fühlte sich ergriffen, geschüttelt. “Kalyss, wach doch auf!”
Sie schaffte es ein Auge zu öffnen und sah eine kauende Ziege vor sich.
“Kalyss, du musst sofort nach hause kommen! Dein Vater! Er stirbt!”
Augenblicklich richtete sie sich auf. Die kaputzenartige Rilka auf ihrem Kopf verrutschte dabei, die Augenschlitze waren plötzlich einfach weg. Reflexartig griff sie an das Tuch, richtete es neu und sah in das verzweifelte Gesicht von Aylann, ihrer Freundin.
“Mein Vater?” Sie schrie es beinahe. “Warum? Was ist geschehen?”
Dicke Tränen rollten aus Aylanns Augen. “Das Gilamfieber, sagen alle. Etwas muss ihn gestochen haben. Oh Alaman, es ging so schnell!”
Kalyss erhob sich rasch und die Ziege sprang erschrocken meckernd davon, gesellte sich zu den übrigen die da nahebei grasten. “Vater … oh nein!” Sie schwankte etwas, taumelte als wäre sie selbst von Fieber befallen.
“Du musst ganz schnell zu ihm! Beeile dich!”
“Die Ziegen …”
“Ich passe schon auf, bring sie auch nach hause. Die haben Zeit, du nicht!”
“Danke, du Gute”. Angst beschlich Kalyss, Angst davor, den ersten Schritt zu machen. Den Weg zu gehen, der sie zu dem bringen würde wovon sie gehofft hatte dass sie es niemals würde sehen, niemals würde erleben müssen.
Doch nun war es geschehen. Ohne Gnade. Grausam.
Sie wandte sich noch einmal zu Aylann um. Ihr wurde plötzlich klar, welches Opfer ihre Freundin gerade für sie brachte. Sicher würde ihr Herr sie dafür schlagen, dass sie ihre Arbeit vernachlässigte um ihr die Nachricht zu überbringen. Wenn der Herr einen glücklichen Tag hatte würde er sie vielleicht nur schlagen. Impulsiv nahm sie Aylann in die Arme, drückte sie. Wäre die Rilka nicht gewesen, dann hätte sie ihr auch die weinenden Augen geküsst. Kalyss hoffte, sie würde ihrer Freundin dies irgendwie einmal entgelten können.
Dann wendete sie sich ab, tat endlich den schrecklichen ersten Schritt, den nächsten und begann nach drei weiteren zu laufen. Bilder tauchten in ihrem Kopf auf, Bilder ihres Vaters. Sein Lachen, seine Güte, sein Groll … Beschämung befiel sie, als ihr klar wurde dass sie bereits versuchte, sich die Erinnerung an sein Gesicht in ihr Gedächtnis einzubrennen. Sein Körper war noch nicht einmal kalt, doch sie konnte nicht damit aufhören. Wenn sie auch wusste dass er nicht ihr wirklicher Vater sein konnte, so war er doch der einzige Mensch gewesen der sie jemals freundlich behandelt hatte.
Und nun würde er sterben.
Bald schon klopfte ihr das Herz bis in den Hals und der Schweiß lief in Strömen an ihr herab. Es war dumm gewesen in der Hitze der vollen Nachmittagssonne zu laufen. Niemand tat das. Erschöpft blieb sie stehen um wieder zu Atem zu kommen. Vorgebeugt, die Hände auf den Schenkeln erkannte sie die in der flimmernden Luft hellstrahlenden ersten Lehmhäuser des Souk. Vier Frauen mit großen Wasserkrügen auf dem Kopf waren gegen den hellen Hintergrund auszumachen. Selbst auf dieser weiten Entfernung konnte sie erkennen, wie ermattet sie waren. Sie waren auf dem Heimweg von dem weit entfernten Wasserloch und hatten es bald geschafft. Doch trotz ihrer Erschöpfung würde es keine von ihnen wagen, sich niederzusetzen und etwas von dem Wasser zu nehmen, das sie trug. Es war das Eigentum ihres Herren.
Ihr Atem beruhigte sich ein wenig und sie setzte ihren Weg fort. Allmählich schienen die Häuser näher zu rücken und in gleichem Maße wuchs die bange Erwartung in ihrem Herzen. Als sie fast das kleine Gehöft ihres Vaters erreicht hatte erkannte sie Tante Naglib und ihren vierschrötigen, schielenden Sohn Halim. Auch sie eilten zu dem Sterbenden. Halim entdeckte sie ebenfalls, blieb stehen. Erwartungsvoll leckte er mit seiner Zunge, dick wie die eines Ochsen, über seine aufgeworfenen Lippen.
Kalyss erschauderte. Sie fragte sich, warum es dem allmächtigen Alaman nur gefallen haben mochte, mehr Kamelärsche als Kamele zu erschaffen. Ohne ihn scheinbar zu beachten schritt sie an ihm vorbei. Ein wenig fand sie es schade, dass er nicht ihr Gesicht sehen konnte.
Naglib hatte sich im Inneren mittlerweile zu den anderen weiblichen Verwandten gesellt. Hungrig und erwartungsvoll hockten sie da in ihren bodenlangen schwarzen Sophires, wie die Geier die sie waren. Kalyss sah ihre Schwestern, die sich in einer Ecke des Raumes zusammengeschart hatten und aufgeregt miteinander schwatzten. Die drei Frauen ihres Vaters saßen nahebei, sie waren sehr still. Ihre Brüder waren nicht zu sehen und sie begriff.
Die Brüder waren gerade dabei, von dem Sterbenden Abschied zu nehmen. Dem traditionellen Protokoll folgend würden es dann die Frauen tun, und danach die Töchter. Unschwer zu erraten, wann der angenommene Bastard an der Reihe sein würde.
Kalyss war nicht gläubig, doch nun betete sie ohne jede Verlegenheit darum dass sie ihrem Vater noch einmal in die Augen sehen könnte. Stumm gesellte sie sich zu ihren wild durcheinander schnatternden Schwestern. Wie alle jungen Mädchen im Souk trugen sie ihre Gesichter unverhüllt. Kalyss war hier die einzige mit einer Rilka, die mittlerweile als rückständig galt. Seit sie alt genug war, die Frauenkammer zu verlassen hatten ihre Mütter darauf bestanden, dass sie ihr Gesicht verhüllte. Ein Bastard zu sein und dazu noch dermaßen erbarmungswürdig hässlich, das wäre für die Bewohner des Souk wirklich zu viel des Üblen gewesen.
“… und dann werde ich in Jouseks Haus ziehen”, frohlockte gerade jene, die Kalyss bei sich nur die Pickelige nannte. “Und nie werde ich Not leiden müssen. Er hat so viele Schafe …”
“Mein Furad hat viel mehr”, sagte die Lisplerin abfällig. “Dazu noch drei Kamele und, stellt euch vor: Einen echten Cameleoparden! Und er liebt mich tatsächlich abgöttisch!”
“Dann wird er wohl nur noch dich schlagen und keine andere mehr”, feixte die Pickelige.
“He, kleine Kalyss”, sagte die Furzerin. “Armes Ding, wer wird für dich sorgen, wenn Vater nicht mehr ist?” Die ganze Bande schaute sie schadenfroh grinsend an.
“Määähhhhh!”, machte Kalyss. “Määähhhhh!”
Brüskiert schnaubend wandten sich die Schwestern von ihr ab. “Wer will schon ein Schnupftuch auf Beinen?” meinte die Nägelesserin.
“Da wäre ich wohl nicht abgeneigt”, sagte der schielende Halim. Unbemerkt war er von hinten herangetreten. “Mutter wird es mit deinen Brüdern ausrichten. Noch vor dem Mittsommer nehme ich dich in mein Haus.” Nun grinste die Bande noch breiter.
Kalyss schaute zu ihm auf, der sie aus dümmlichen kleinen Schweinsaugen taxierte. Wieder fuhr seine Zungenspitze über seine Lippen, wie in Vorfreude auf eine deftige Mahlzeit.
“Sicher werde ich dich heiraten, prächtiger Halim”, sagte sie. “Doch zuvor solltest du es irgendwie schaffen, alle anderen Männer auf der Welt zu beseitigen. Und wenn ich es mir recht überlege, besser auch alle Affen und Esel.”
Die Sehschlitze der Rilka engten ihr Blickfeld zu sehr ein, so dass sie die Faust nicht kommen sah. Etwas explodierte rot vor ihren Augen. Die Schwestern johlten laut Beifall während sie zu Boden stürzte. Die Hände zu Fäusten geballt stand Halim über ihr, schnaufend, keuchend.
Auf der Erde liegend, das Gesicht zum Boden gewandt sagte Kalyss: “So bekommst du niemals einen Sohn, wenn du dir vorher alles in die Hose machst.”
Sie bekam einen Tritt in die Rippen, dann wurde Halim wohl gepackt und nach hinten gerissen.
“Du lässt sie in Ruhe, Halim Schweinsgesicht!”, sagte einer ihrer Brüder bestimmt. “Noch ist sie Besitz meines Vaters! Solange er lebt wirst du sein Eigentum ehren!”
Stöhnend richtete sich Kalyss auf, rollte auf ihr Hinterteil und blieb auf dem Boden sitzen. Halim trollte sich mit finsterer Miene zurück unter Mamas Fittiche. Ihre Brüder verließen mit betretenen Mienen den Raum und mit gesenkten Köpfen begaben sich die Frauen in das Sterbezimmer nebenan. Kalyss saß da und barg den schmerzenden Kopf in den Händen. Was ihre weitere Zukunft betraf, da hatte sie ihre Entscheidung gerade getroffen.
Adler erheben sich in die Lüfte
aber Wiesel werden nicht in Flugzeugturbinen gesogen

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