2. Die Welt der Lichtelfen
Vorsichtig rieb sich Lilli ihren schmerzenden Kopf der sich so anfühlte als hätte jemand einen Ziegelstein darauf zerbrochen. Da kam eine kleine rundliche Dame ins Zimmer herein und riss die Vorhänge auf sodass das Sonnenlicht das Zimmer durchflutete. Lillian stieß einen Freudenschrei aus und rannte zum Fenster um sich den Himmel in voller Pracht anzuschauen. Sie hatten ihn sich oft vorgestellt, doch nie hätte sie gewagt zu glauben dass er so wunderschön sei. Da fiel es ihr wie Schuppen vor den Augen. Sie konnte sich noch an alles erinnern. Sie wusste dass sie mal eine Dunkelelfe war und jetzt zum ersten Mal den Himmel erblickte. Aber wie war das möglich? Silbermond hatte ihr doch hoch und heilig versprochen sie würde sich an nichts erinnern. Lillian beschloss vorerst darüber nicht nachzudenken und genoss schweigend die Wärme der Sonnenstrahlen auf ihrer Haut. „ Sie sollten sich nicht so ans offene Fenster stellen junge Miss! Das ist gar nicht gut nach ihrem schweren Sturz gestern Abend, “ meinte die rundliche Dame mit einem besorgten Blick auf Lilli. Zuerst begriff sie nicht von welchem Sturz die Frau redete doch dann wurde ihr klar, dass es Teil der Geschichte sein würde die sie ihr aufschwatzten, da sie ja angeblich ihr Gedächtnis verloren hatte. Lilli überlegte was sie tun sollte. Vielleicht würde man sie zurückschicken wenn man wüsste dass sie sich noch an alles erinnern konnte und da sie nun einmal den Himmel gesehen hatte war sie nicht damit einverstanden von nun an wieder darauf zu verzichten. Schnell beschloss sie auf die Geschichte einzugehen und fragte ganz verwundert:
„ Wer sind sie denn und wo bin ich hier?“
„ Oh du liebe Güte. Der Doktor hatte noch gemeint das es sein könnte das sie ihr Gedächtnis verlieren, aber ich hatte gehofft das uns das erspart bleiben würde. Wenn ich das ihren Eltern erzähle. Ich werde sie am besten gleich holen.“
Mit wehendem Rock verschwand die Frau aus dem Zimmer und ließ die erstaunte Lilli alleine zurück. Mit prüfendem Blick schaute sie sich in ihrem Zimmer um und war erstaunt wie hell hier alles eingerichtet war. Ihr Zimmer war rund und hatte große Fenster vor denen hellblaue Vorhänge hingen. Ihr Bett war ebenfalls mit hellblauen Vorhängen bestückt die sachte im Wind wehten. Außerdem waren in dem Zimmer eine kleine Kommode und ein großer weißer Schrank der in der Mitte einen Spiegel hatte. Ansonsten war das Zimmer recht unpersönlich eingerichtet und schien eher ein Gästezimmer als das Zimmer eines jungen Mädchens zu sein. Da hörte Lilli Schritte näher kommen und huschte schnell wieder unter ihre Decke wo sie versuchte möglichst verwirrt drein zu blicken. Da kamen ihre neuen Eltern herein und sie wusste sofort dass sie sie lieben würde. Ihre Mutter war eine schlanke hochgewachsene Frau mit gelocktem braunem Haar, das ihr weich über die Schulter fiel. Die haselnussbraunen Augen die liebevoll auf Lilli herunterblickten vervollständigten das Bild von einer perfekten Mutter und Lilli wurde das Herz weich. Ihr Vater hatte blondes langes Haar das keck zu einem Pferdeschwanz zusammengemacht war und seine blauen Augen blitzten strahlend als er ins Zimmer eintrat. Es war wirklich sehr schwer nicht aufzuspringen um sie zu umarmen aber sie musste ja die unwissende spielen, damit niemand von ihrem Geheimnis erfuhr. Mit unsicherer Stimme meinte Lilli dann:
„ Und wer seid ihr? Ich bin völlig verwirrt ich kann mich an gar nichts mehr erinnern. Ich weiß nicht einmal meinen Namen.“
Lillis neue Mutter setzte sich leicht auf die Bettkante und meinte sanft:
„ Wir sind deine Eltern und du brauchst jetzt nicht in Verlegenheit kommen, dass du das nicht gewusst hast Lillian, denn du kannst ja nichts dafür. Du bist gestern Abend die Treppe hinunter gefallen und hast dich am Kopf gestoßen. Dadurch wirst du dein Gedächtnis verloren haben.“
„ Aber werde ich denn jemals mein Gedächtnis zurück bekommen? Ich meine ich weiß ja gar nichts mehr, “ meinte Lilli mit verzweifelten Ton.
„ Das können wir dir nicht sagen Liebling“, meinte nun ihr Vater und blickte besorgt drein.
„ Aber wir werden dir so gut wie möglich alles erzählen damit du dich vielleicht irgendwann einmal wieder erinnerst“, schloss ihre Mutter.
Und so war es. Innerhalb einer Stunde hatten ihre Eltern ihr alles Wissenswertes erzählt. Das die rundliche Frau namens Gran ihr Mädchen für alles war das ihre Eltern Feyaria und Samuel hießen und das sie in einem Örtchen Namens Sonnental wohnten und so weiter. Als ihre Eltern sich dann entschuldigten, da sie nun wieder ihre Arbeiten aufnehmen mussten begann Lillian das Haus zu erkundschaften. Es war zwar kein besonders großes Haus, aber als arm konnte man ihre Familie auch nicht bezeichnen. Als Lilli das Bad betrat war sie überwältigt. Sie schien in einen Tschungel geraten zu sein denn das ganze Bad war mit Pflanzen belegt die Blüten in allen Farben hatten und einen himmlischen Duft in dem Raum verbreiteten. Da drei der Wände aus Spiegeln bestanden und die vierte einfach ein riesiges Fenster zu sein schien wirkte das Bad gleich doppelt so groß und die Wirrpoolbadewanne die doch recht groß war schien darin unterzugehen. Als Lilli dann in die unteren Stockwerke ging war sie von der weißen Wendeltreppe die kein Geländer hatte vor allem begeistert da sie Mitten im Wohnzimmer endete das mit weichen kuscheligen Sofas ausgestattet war. Ansonsten war das Haus sehr hell mit vielen Pflanzen und Fenstern eingerichtet und Lilli verliebte sich sofort in es. Erschöpft warf das Mädchen sich in den kuscheligen Sessel der im Wohnzimmer vor dem Kamin stand und war einfach nur glücklich so ein gutes Los gezogen zu haben. Als sie aus dem Fenster sah viel ihr auf das sie noch gar nicht draußen war obwohl sie sich das immer so gewünscht hatte und ging eilig die Glastür öffnend in die kühle Frische hinaus. Es war herrlich. Der Wind spielte in ihren Haaren während sie leichtfüßig über die vom Morgentau noch feuchte Wiese tanzte. Als sie eine Bewegung in den Büschen rechts von ihr wahrnahm. Leise schlich sie sich zu den Büschen hin und hörte das rascheln nun nur zu deutlich. Als ein kleines Mädchen nicht älter als vier Jahre aus den Büschen auftauchte und verschüchtert zu ihr hinaufblickte. Lilli ging in die Hocke um die gleiche Höhe wie die kleine zu haben doch während sie dies tat huschte das kleine Mädchen flink an ihr vorbei und rannte mit wehenden Röckchen aufs Haus zu. Lillian fragte sich was die kleine wohl in ihrem Haus verloren hatte und folgte ihr. Im Haus sich umblickend ging sie in die Küche um ihre Mutter zu fragen was dies zu bedeuten hatte, doch als sie dort ankam sah sie das kleine blonde Mädchen mit ihrem leichten weißen Kleidchen bei ihrer Mutter stehen und sie eilig am Rockzipfel ziehend. Als Feyaria merkte das Lillian in die Küche kam drehte sie sich erfreut um und meinte mit einem liebevollen lächeln.
„ Lilli ich hab total vergessen dir zu erzählen das deine kleine Cousine Fianna eine Zeit lang bei uns wohnen wird bis es ihrer Mutter wieder besser geht, denn sie ist krank geworden und man weiß bis jetzt noch nicht was es ist aber ich denke ihr beiden werdet schon gut miteinander auskommen oder.“
Lilli blickte auf das kleine Goldlöckchen hinab das sie mit großen blauen Augen anschaute und wusste das man diesen kleinen Wildfang einfach nur lieb haben musste. Jetzt da die Kleine sah das Lilli ihr nichts Böses tun wollte rannte sie nicht weg als sie sich erneut zu ihr beugte und meinte:
„ Ich heiß Lilli und wer bist du?“
„ Fianna eiß ich. Ich ab dich vorin tanzen gesehn im Garten.“
Lillian lachte fröhlich über die kleine und wusste dass sie sie ebenfalls mochte. Schnell ergriffen die kleinen Fingerchen ihre Hand und wichtigtuerisch meinte Fianna:
„ Ich zeig dir etzt mein Zimmer. Omm mit.“
Feyaria zwinkerte den beiden noch mal verschmitz zu; während das kleine Mädchen Lilli eilig die Wendeltreppen hochzog.
Eifrig zog Fianna Lilli die Gänge entlang bis sie vor einer Tür standen die die Kleine auf Zehenspitzen aufzumachen versuchte. Als Lilli ihr schließlich geholfen hatte fanden sie sich in einem Zimmer vollgestopft mit Spielsachen wieder.
„ Da bist du ja du kleiner Teufelsbraten. Lässt mich hier dein Chaos ganz alleine aufräumen. Na warte wenn ich dich in die Finger kriege, “ erklang eine zornige Stimme aus der einen Ecke im Zimmer. Lilli war verwundert denn sie sah niemanden dort stehen der dies hätte sagen können, als sie eine Winzige Gestalt vernahm, vielleicht so groß wie ein Rotkelchen, die wild in den Spielsachen wühlte. Schuldbewusst sah Fianna auf ihre Füße, während sich Lilli zu der kleinen Gestalt durchschlug. Das kleine etwas blickte sie mit empörtem Gesicht an und schnauzte:
„ Warum starrst du mich so an. Ich bin doch keine Schaufensterpuppe.“
Dieses Haus hatte wohl noch tausende Überraschungen dachte Lilli bei sich und antwortete, verschüchtert von dem zornigen Blick des Wesens:
„ Es tut mir Leid! Ich habe nur so was wie dich noch nie in meinem Leben gesehen. Was bist du denn eigentlich wenn ich das so fragen darfß“
Das kleine etwas entfaltete plötzlich kleine Schmetterlingsflügel und flog nun in die Luft um Lilli genau ins Gesicht sehen zu können. Es sah aus wie eine kleine Frau mit Flügeln die auf dem Kopf einen Hut aus einer Tulpenblüte hatte.
„ Was ich bin willst du wissen? Ich bin eine weibliche Pixi und mein Name ist Lizzy. Sonst noch Fragen, “ keifte Lizzy Lilli an und flog dann wieder zu den Spielsachen um sie weiterhin aufzuräumen. Verdattert beobachtete Lilli die kleine Pixi die plötzlich mit einem Teddybär der dreimal so groß war wie sie durchs Zimmer flog und ihn in einem Regal fallen ließ. Leise fluchend schleppte Lizzy eins nach dem anderen durchs Zimmer und brachte es an seinen ursprünglichen Platz zurück und allmählich wurde das Chaos auch immer weniger. Lilli hätte ihr helfen wollen; doch sie war sich sicher, dass das kleine Wesen sie nur wieder anschnauzen würde wenn sie sie nur schräg von der Seite anschauen würde. Fianna stand ebenso herum wie Lilli und tapste nervös von einem Fuß auf den anderen. Anscheinend wartete sie auf ihre Bestrafung.
Als das Zimmer dann endlich aufgeräumt war flog Lizzy genau auf Fianna zu die jetzt ganz bleich im Gesicht wurde.
„ So und jetzt zu dir“, schnaubte die kleine Pixi.
„ Was fällt dir überhaupt ein dein Zimmer in so einem Chaos zurück zu lassen. Ich glaub du bist verrückt geworden. Das wird Folgen für dich haben mein junges Fräulein. Ich werde dich ständig beobachten und du wirst erst wieder was Neues spielen dürfen wenn du das alte aufgeräumt hast und falls du das nicht tun solltest werd ich all deine Spielsachen wegschmeißen und dann kannst du schauen was du dann noch durcheinander bringen kannst. Hast du mich verstanden, “ spie sie förmlich aus während Fianna mit Tränen über dem ganzen Gesicht stumm nickte.
Lizzy wollte gerade anfangen wieder loszuschreien als Lillian ihr ins Wort fiel:
„ Du kannst die kleine doch nicht so anschreien sie ist doch noch ein kleines Kind und weiß noch nicht wenn sie was richtig und was falsches macht.“
Der ganze Zorn von Lizzy schien sich nun auf Lillian zu richten.
„ Du“, sagte sie mit hoher Stimme und bohrte ihren kleinen Zeigefinger mit erstaunlicher Kraft in Lillis Magengegend.
„ Du hast mir gar nichts zu sagen. Es ist immerhin meine Aufgabe die kleine zu erziehen und da lass ich mir nicht rein reden. Seid meine Herrin krank ist versuche ich dieses kleine Biest zu erziehen, da es meine Herrin mir aufgetragen hat, obwohl ich persönlich mich lieber um sie gekümmert hätte, aber wenn du denkst du kannst es besser, bitte versuch es nur, aber ich hab dich gewarnt, dieser kleine Satansbraten ist nicht zu zügeln und es gibt nichts außer Bestrafungen die sie dazu bringen ihren Dreck auch wieder aufzuräumen. Ich wette nach einem Tag wirst du schon wieder aufgeben, “
kreischte Lizzy und flog dann mit hochrotem Kopf aus dem Zimmer und ließ die zwei verdutzten Mädchen stehen.
„ Danke sön Lilli“, meinte Fianna fröhlich lachend und umschlang eines von Lillis Beinen. Lillian nahm sie auf den Arm und antwortete ihr:
„ Hab ich doch gern gemacht. Sie hätte dich kleine Maus nicht so anschreien dürfen auch wenn du wirklich deine Sachen aufräumen solltest wenn du mit ihnen gespielt hast Ok?“
Fianna nickte eifrig und glitt wieder auf den Boden.
Als Sam’s Stimme von unten erschien:
„ Kinder kommt, Essen ist fertig.“
Fianna rannte eilig aus dem Zimmer und verschwand dann die Treppen hinunter. Lilli machte sich auch auf den Weg und setzte sich dann unten an den bereits gedeckten Tisch in der Küche um den vier Stühle gestellt waren. Fianna und ihr Vater saßen schon am Tisch und hatten Messer und Gabel in ihren Händen während sie eifrig damit auf den Tisch hämmerten und mit lauter Stimme sangen:
„ Wir haben, Hunger, Hunger, Hunger, haben Hunger, Hunger, Hunger, haben Hunger, Hunger, Hunger, haben durst.“
Feyaria lachte lauthals, während sie in ihrem Topf rührte. Dann kam sie mit dem Topf und stellte ihn in die Mitte des Tisches.
„ So heute werde ich anrichten, meinte ihr Vater und holte aus seiner Tasche einen langen schmalen Stab der sehr fein gearbeitet schien. Sachte machte er eine Wellenbewegung und flüsterte irgendwelche Worte. Zuerst schien gar nichts zu passieren doch als Lilli auf ihren Teller blickte stieß sie ein lautes „ Cool“ aus denn langsam wurde der Suppentopf immer leerer jedoch die Teller mit der Suppe gefüllt. Also war das ein Zauberstab, überlegte Lilli. Sie hatte noch nie einen gesehen da damals alle der Dunkelelfen zerbrochen worden waren und nur die die auch ohne Zauberstab zaubern konnten noch etwas Kraft hatten.
„ Dein Leibgericht Lilli Liebling, Kartoffelsuppe, “ meinte Feyaria zu Lilli gewand und begann zu Essen. Es schmeckte herrlich. Die Kochkünste ihres Vaters waren nicht besonders toll gewesen und selbst wenn sie gekochte hatte, hatte sie nie die richtigen Zutaten gehabt um das Essen etwas schmackhafter zu machen da unter der Erde nicht alles wuchs. Als alle fertig waren schwang Samuel erneut den Zauberstab und die Teller wurden abgeräumt und flogen automatisch in die Spüle in der sie begannen sich selbst zu waschen. Lillian war beeindruckt über dies vor allem wenn sie sich daran erinnerte wie oft sie Berge von Tellern waschen durfte da ihr Vater mit seinen Freunden wieder mal gefeiert hatte. Anschließend flogen kleine Schüsselchen mit Schockopudding vor sie auf den Tisch und Lilli begann mit Freude zu essen. Da plötzlich gab es einen lauten Knall und ein Brief erschien Mitten in der Luft und fiel genau in Lillis Schockpudding der dann mehr auf dem Gesicht ihres Vaters verteilt war als in ihrer Schüssel. Lilli unterdrückte ein lachen und auch Fianna wurde vor Anstrengung nicht zu lachen ganz rot im Gesicht.
„ Ich finde das gar nicht witzig“, meinte Samuel mit gespieltem Zorn und schließlich brachen alle in Tränen aus.
Als sich alle wieder gefasst hatten fischte Lilli den Brief aus ihrer Schüssel und gab ihn ihrem Vater der den Schockpudding gerade von seinem Gesicht wusch.
„ Der ist nicht für mich“, meinte er zögernd und drückte ihn der verdutzten Lillian wieder in die Hand. Lilli wischte den Pudding vom Umschlag und tatsächlich stand darauf an Lillian Mondschein.