Ich wollte ja noch zu den anderen Geschichten kurz Stellung nehmen. Bin froh, daß ich keine genauen Bewertungen treffen muß, das fiele mir wirklich schwer.
Denkar
Ich hatte zunächst etwas Mühe mit der Geschichte, weil ich lange nicht gemerkt hatte, daß ich eigentlich alles vergessen muß, was ich über Harry Potter weiß. Da bin ich dann gestolpert: Warum kennt Harry als Fünfzehnjähriger den Lupin nicht, er hatte ihn doch zwei Jahre davor in Verteidigung gegen die Dunklen Künste? Etc. Aber schließlich habe ich dann gemerkt, daß es sich sozusagen um eine komplette HP-Saga handeln soll unter der Voraussetzung, daß James und Lily kurz vor dem Mordanschlag fliehen konnten. Aber – Verständnisfrage: Peter Pettigrew war trotzdem der Geheimniswahrer und Verräter, oder? Warum hat Lucius ihn denn eigentlich getötet?
Und noch eine Verständnisfrage:
Soll ich mir hier vorstellen, daß Lily mit Snape ins Bett gestiegen ist? Nun ja, warum nicht, sie war ja Witwe – aber wenn der Gedanke intendiert ist, daß sie das gar nicht eigentlich wollte – uh, schauder ...Snape empfand für Lily schon immer weit mehr als nur Sympathie und nachdem dein Vater tot war, wollte Deine Mutter alles in ihrer Macht stehende versuchen, damit sein Tod nicht umsonst gewesen ist. Ihr Einsatz ging bis zur Selbstaufgabe und ich weiß bis heute nicht genau, wie sie es letztendlich fertig brachte Snape dazu zu bewegen, Voldemort zu töten, ...
Nun ja, wie auch immer: Einmal vorausgesetzt, Voldemort hat Harry überhaupt nie getroffen: Inwiefern ist dann Harry „kein gewöhnlicher Junge“? Außer daß er eben Zauberer ist, aber dann ist ja Ron, der neben ihm schnarcht, genauso ungewöhnlich.
Aber ich fand es ein spannendes Gedankenspiel. So trostlos alles – als Kenner des Rowlingschen Parallelpotterversums möchte man ja dem Voldi fast dankbar sein, daß er es in Wirklichkeit doch geschafft hatt, die Potters zu erwischen!
Cheesy
Ich habe auch Anstoß an der Stelle genommen, als James unterstellt wird, er hätte dem Wurmschwanz den Verrat nicht übelnehmen können. Glaubst Du das wirklich? Vor allem als ersten Gedanken, sozusagen zwischen Losschleudern und Treffen des Avada Kedavra? Psychologisch möglich wäre so ein Verzeihen allenfalls nach einer längeren Reflexion, nachdem man sozusagen die hirninterne Zensur in Ruhe ihr Einschüchterungswerk hat verrichten lassen – aber als ersten Gedanken kann ich mirs gar nicht vorstellen. Und ich glaube, jemand, der solche Milde so tief in seinem Kopf sitzen hätte, wäre für den Orden des Phönix untragbar gefährlich ...
Und dann fehlen da in der Tat ein paar Kommas, und es finden sich ganz wenige Grammatikfehler (kosten mit Dativ – aber das machen viel falsch.) Doch damit erschöpft sich die Kritik – ab hier kann ich nur noch loben.
Das ist wenigstens eine echte Marauder-Geschichte, nicht so arschknapp am „Thema verfehlt“ vorbei wie mein Wechselbalg … Die Reflexion Sirius' ist glaubwürdig und interessant. Seine Kindheitserlebnisse sind sehr einfühlsam geschildert – in der Tat, so ergeht es Kindern, die nachfragen. Und die meisten zerknicken daran und piesacken ihrerseits die Nachfragenden, denen sie in ihrem Leben begegnen mögen. Aber wenige sind tapfer und widerstehen. Ich nehme einmal an, daß Du, Cheesy, auch eines von diesen allzu seltenen Exemplaren bist, wenn Du dieses Familienerlebnismuster so präzise wiedergeben kannst. Mein Glückwunsch – und meine Hochachtung, die wirklich beträchtlich gestiegen ist, seit ich Dich die Autorin dieser Geschichte weiß. Auch sprachlich hat mir alles sehr gut gefallen. Das soll Deine unsuizidale Lehrerin erst einmal nachmachen! Ich fand übrigens keine der Ausdrücke besonders gekünstelt oder ungewöhnlich – einfach ein sauberer Stil!
örrsinn
Eigentlich hätte ich es erraten müssen – der gewohnt ansprechende, mit liebevoll angewandten Sprachfiguren ausgestattete Sannstil. Nur einmal hast Du die deutsche Idiomatik verhauen: der Weg war „von Bäumen umzäunt“? Ich bin sicher, Du wolltest sagen „gesäumt“. Mit der Zeichensetzung stehst Du auf Kriegsfuß, aber die Ausdrucksweise ist einfach angenehm mit den ganzen kleinen Beschreibungen.
Aber ganz kann ich Remus' Schuldgefühle nicht nachvollziehen. Die Tatsache, daß einer, der sich schuldig fühlt, sich einbildet, alle Welt müsse Klage gegen ihn führen, kann ich nachvollziehen. Aber warum fühlt er sich eigentlich schuldig? Weil er nicht die Geheimniswahrerschaft auf sich genommen hatte? Er geht ja noch davon aus, daß Sirius der Verräter sei, oder? Wie kann Lupin denn auf den Gedanken kommen, er hätte Sirius' Verrat vorausahnen können? Abgesehen davon, daß es ohnehin unwahrscheinlich gewesen wäre, daß James ihm das Geheimnis übertragen hätte?
Den Überraschungseffekt, als sich herausstellt, daß es sich bei dem zerknirschten nicht um Sirius, sonder um Remus handelt, hast Du geschickt eingefädelt und angebracht. Ist wohl jeder drauf hereingefallen …
Creacher
Auch wenn ich mir den jugendlichen Peter nicht so vorstelle, daß er schon einen großen Anschlag gegen James und Sirius ins Auge gefaßt haben könnte – abwegig ist der Gedanke nicht. Ich find's eine nette kleine Momentaufnahme in seinem Werdegang, psychologisch gut nachvollziehbar in seiner Ambivalenz. Es fehlen ein bißchen die Höhepunkte.