Julian, sei du mal von Albträumen geplagt. Da würdest du auch nicht mehr ruhig bleiben Und sooo schlimm sidn wir nun wirklich nicht
Und schön, dass es euch gefällt. Hier ist auch das nächste Kapitel.
Kapitel 5
Mir kam es vor, als ob ich ihn minutenlang anstarren würde. Er stand ganz ruhig da und musterte mich. Er war es. Er konnte es nur sein, es sei denn, meine Gedanken spielten mir einen Streich. Vom Gesicht her entsprach er exakt dem geheimnisvollen Jungen aus dem Wald. Sein Haar war genauso schwarz und er hatte dieselben weichen Gesichtszüge. Seine Augen waren dunkelbraun und blickten mich fragend an.
„Du hast nicht auf mich gehört. Wieso?“, fragte er.
„Du… du bist der Junge aus dem Wald, den ich gesehen habe, nicht wahr?“
„Das beantwortet nicht meine Frage!“ Lächelnd blickte er auf den Boden. Kleine Grübchen bildeten sich in seinem Gesicht.
„Wieso möchtest du es wissen? Woher kommt die Interesse?“ Ich sah ihn skeptisch an.
„Nun ja, du bist ein Kind des Mondes, oder etwa nicht? Du solltest nicht zu weit in den Wald gehen, wenn dir denn dein Leben viel bedeutet. Da hausen andere Kreaturen als Rehe und Hasen. Kreaturen, die es vielleicht auf dich abgesehen haben könnten. Ich wollte dich warnen. Das ist alles. Beantwortest du mir jetzt meine Frage?“
Um Gottes Willen! Was bin ich? Ein Kind des Mondes? Ein ganz gewöhnlicher Mensch würde es besser treffen. Und Kreaturen. Papperlapapp. Kreaturen verfolgten mich in meinen Träumen. Nein es waren Schatten, keine Kreaturen. Gesichterlose Schatten verfolgten. Jedenfalls habe ich noch nie ein Gesicht bei einem solchen Wesen gesehen. Das lag aber vielleicht auch daran, dass ich zu sehr damit beschäftigt war, mein Leben zu retten. Da achtet man nicht auf solche Nichtigkeiten.
„Ich weiß nicht, wieso ich weiter gegangen bin. Ich dachte, diese Stimme bildete ich mir nur ein. Falls ich in unerlaubtes Gebiet gelaufen bin, tut es mir zutiefst leid.“
Ich senkte den Kopf und wollte an ihm vorbei gehen. Er wich zur Seite und sah mich an. Ich blickte ebenfalls auf.
„Ich heiße übrigens Nicolas, oder Nico, wenn dir das lieber ist.“
„Ich heiße Fee.
Ich glaube, ich muss wieder zurück zur Schule, sonst wird man mich suchen. Auf Wiedersehen!“
Ein letztes Mal sah ich in seine dunkelbraunen Augen, dann senkte ich wieder meinen Kopf und ging schnellen Schrittes zurück zur Schule.
Der Unterricht war schon vorbei und so sammelten sich viele Schülerinnen im Vorgarten und setzten sich aufs Gras, um die Sonne zu genießen. Ich ging an lauter lachenden Herden von Kindern vorbei, zurück in die Empfangshalle und ab die Treppe hoch. Schnell bog ich nach rechts ab, um in mein Zimmer zu gehen. Als ich die Tür hinter mir schloss, seufzte ich erst einmal. Mittlerweile ging es mir wirklich schlecht. Ich hatte Kopfschmerzen und außerdem merkte ich, wie es in meinem Bauch rumorte. Ich drehte mich um, damit ich mich setzen konnte. Ein zaghaftes Klopfen ertönte. Ich gab keine Antwort. Mir war momentan nicht nach Besuch. Ich wollte nachdenken. Leise öffnete sich die Tür.
„Fee?“, fragte eine Stimme, die mir nur zu bekannt war.
„Was willst du, Marie?“, kam die monotone Antwort meinerseits.
„Luise und ich müssen mit dir reden. Es ist sehr wichtig.“
„Mir ist aber nicht nach sprechen zu Mute!“
„Das ist uns herzlich egal, Fee. Hier geht es auch um uns und nicht nur um dich!“
So aufbrausend habe ich Marie noch nie erlebt. Noch nicht einmal, als sie mir sagte, sie würde die Nacht bei Luise verbringen.
„Wenn es unbedingt sein muss“, kam die murrende Antwort von mir.
Marie und Luise betraten gemeinsam das Zimmer und setzten sich auf das Bett von Marie.
Als wir uns einen Moment lang angeschwiegen hatten, ergriff Luise das Wort.
„Ich weiß, Fee, es muss dir komisch vorkommen. Zuerst behandle ich dich, als wärest du nicht existent und…“
„Falsch! Du behandelst mich wie der letzte Dreck, nicht als wäre ich nicht existent. Das wäre ja zu schön!“, korrigierte ich sie.
„… und dann helfe ich dir, möchte mit dir sprechen und so weiter. Es hat etwas mit deinen Träumen zu tun, weshalb ich mich dir gegenüber verändert habe. Marie hat mir erzählt, was du Nacht für Nacht träumst. Von Schatten und natürlich von dir, die du dich nicht von der Stelle rühren kannst. Meine Träume waren genauso vor der Verwandlung. Auch während dessen hatte ich sie noch. Marie hatte sie, wie du ja weist, auch. Wir können dir helfen, wie du deine Albträume in den Griff bekommst. Falls du daran interessiert bist, komm heute Abend hinunter in die Empfangshalle und begleite uns. Wir können dir wirklich helfen. Marie hat ihre Albträume auch in den Griff bekommen, also dürfte es bei dir nicht allzu schwer sein.“
Kein Wort kam über meine Lippen. Luise und Marie standen auf und gingen hinaus. Bevor Marie allerdings die Tür schloss, sagte sie noch zu mir: „Gib gut Acht auf dich, Fee!“ Und dann ging auch sie.
Ich verwandelte mich. Das zumindest hat Luise gesagt. Sie habe sich auch verwandelt und dadurch ihre Träume in den Griff bekommen. Konnte ich dem Glauben schenken? Oder war das nur ein fieser Täuschungsversuch? Andererseits wollte ich nicht länger von diesen Albträumen geplagt werden. Meine Entscheidung stand fest. Ich würde diese Nacht hinunter gehen und sehen, was die zwei mir zu zeigen hatten.