Ich habe mich auch mal an eine FF getraut und hoffe, dass sie euch gefallen wird. Mag sein, dass sie anfangs noch nicht allzu spannden sein wird, aber dies kommt noch im Laufe der Geschichte. Es könnte zwar sein, dass mich mitten in der Geschichte akute Unlustanfälle ereilen, aber ich hoffe, es stört euch dann nicht, wenn ein weiteres Kapitel etwas länger auf sich warten lässt. (Falls einer Rechtschreib-, Komma-, oder Grammatikfehler entdeckt, bitte eine PN an mich^^)
Viel Spaß beim Lesen und liebe Grüße, Alice
Die Kinder des Mondes
Prolog:
Paris, 1878
Die Schatten verfolgten uns. Leise wie der Hauch des Windes waren sie in kurzer Distanz hinter uns. Unsere Chance war gering, dass wir noch entkommen konnten. Wir rannten durch Gestrüpp wortwörtlich um unser Leben. Meine Lunge brannte schon von dem steten Ein- und Ausgeatme. Meine Seite zersprang, solche Schmerzen hatte ich. Dornenranken verhakten sich in meinem Kleid und rissen es kaputt. Eine Ranke schnitt mir eine tiefe Kerbe in meine Wange. Ich merkte, wie Blut lief. Ich konnte nicht mehr. Doch wenn ich jetzt stehen blieb, wusste ich, dass ich verloren war. Die Schatten waren immer noch hinter uns. Der Abstand verringerte sich langsam, doch unser rettender Ausweg lag noch zu weit weg von uns. Wir hatten uns verschätzt. Deutlich verschätzt. Niemand konnte uns mehr retten, mit Ausnahme von einer Person. Doch diese Hoffnung war bereits dahin.
1. Kapitel
Ich wachte auf. Keuchend lag ich in meinem Bett. Das einzige Geräusch, das ich vernahm, war das regelmäßige Atmen meiner Zimmergenossin und Freundin. Ich setzte mich im Bett leicht auf. Schon wieder hatte mich einer dieser schlimmen Albträume geplagt. Wie sehr ich es doch hasste, wenn ich rannte und nicht von der Stelle kam. Es war wie eine innere Qual für mich, der ich nicht entrinnen konnte. Diese Art von Albträumen verfolgte mich, seit ich auf diese Schule gewechselt bin. Auf ein reines Mädchen-Internat.
Nachdem meine Eltern gestorben sind, wusste man nicht, was mit mir geschehen sollte. Verwandte gab es keine und aufnehmen konnten mich somit nur wildfremde Leute, was bei mir nicht unbedingt auf pure Freude stieß. Man beschloss, mich auf ein Internat zu schicken, damit auch ja das Beste aus einem feinen Mädchen wie mir werden konnte. Ich hatte dabei keinerlei Mitspracherecht, doch hatte ich dies auch nicht erwartet. Schließlich war ich erst junge 15 Jahre alt und noch dazu ein Mädchen. Was hatte man als ein solches schon zu sagen?
Ich blickte mich in unserem Zimmer um. Der Mond schien heute hell, sodass man die kargen Wände deutlich erkennen konnte. Außer einer Kommode, zwei Betten, zwei Stühlen, einem Tisch und zwei Nachtschränkchen gab es nichts in unserem Zimmer. Es war klein, aber wir konnten uns nicht beschweren. Die Zimmer wurden stets von den Dienstmädchen gesäubert und die Betten waren für ein Internat recht bequem. Die Wände waren weiß wie eine unberührte Schneedecke im Winter. Auf der Decke waren verschnörkelte, in bunten Farben gemalte Verzierungen angebracht, in welchen ich Nacht für Nacht verschiedene Muster suche, damit ich besser einschlafen konnte. Die Zimmer hier waren ein so großer Unterschied zu denen in meiner alten Heimat. Ich vermisste sie einfach. Das Leben hier in Paris war etwas ganz anderes als zu dem in London. Meine Eltern waren kurz vor ihrem Tod nach Frankreich, oder genauer gesagt, nach Paris gezogen, da uns eine finanzielle Krise dazu gezwungen hatte. In der Hoffnung, anderswo besser zu leben, haben sich meine Eltern nun einmal hierfür entschieden. Ich konnte es ihnen nicht verübeln. Mir selbst gefiel es hier in Paris, aber trotz allem vermisste ich London. Meine alten Freunde, die Umgebung, die Sprache. Einfach alles.
Marie drehte sich unruhig hin und her. Ihr Atem stockte, als sie mich blinzelnd ansah.
„Was ist los, Fee? Geht es dir nicht gut?“
„Doch, doch, es ist alles in Ordnung. Das Übliche.“
Marie wusste über meine Albträume bescheid. „Sollen wir dir einen Tee aus der Küche bringen lassen? Vielleicht beruhigt dieser ja ein wenig. Du musst ausgeruht sein. Morgen werden wir schließlich die Grotten besichtigen.“
Leicht gereizt erwiderte ich: „Es geht schon Marie, danke! Ich werde ausgeruht sein. Ich bin schon seit Wochen ausgeruht, wenn ich morgens zum Unterricht gehe. Was macht es da für einen Unterschied, ob ich nun irgendetwas besichtigen gehe, oder einfach den Unterricht besuchte?“
Marie antwortete nicht. Sichtlich gekränkt drehte sie sich auf die andere Seite, mit dem Rücken zu mir.
„Es tut mir leid. Ich habe wieder überreagiert. Du weist, wie empfindlich ich bei diesem Thema bin.“
Marie drehte sich wieder zu mir und schaute mich aus ihren grünen Augen an. „Ich weiß genau, wie es dir geht. Auch ich wurde anfangs von solchen Albträumen heimgesucht, Fee. Nach ein paar Monaten hat es aber wieder nachgelassen, also sei unbesorgt. Dir wird es genauso ergehen.“ Sie stockte kurz. „ Denke ich zumindest.“
Ein trauriger Klang schwang in ihrer Stimme mit, den ich nicht zu deuten vermochte. Ich wusste zwar, dass auch sie Albträume gehabt hatte, doch konnte ich mir nicht vorstellen, dass sie so grausam waren, wie meine eigenen.
Ich drehte mich wieder auf den Rücken, sodass ich an die verzierte Decke schauen konnte. Das letzte, was ich vor dem Einschlafen sah, war eine Verzierung in Form eines Auges, das mich anstarrte und mich selbst im Traum verfolgte.
Als ich am Morgen aufwachte, war ich müde von der langen Nacht. So erschöpft war ich noch nie gewesen. Ich verfluchte mich, dass ich Maries Vorschlag, mir einen Tee bringen zu lassen, nicht angenommen habe.
Wir waren schon spät dran. Fluchend zogen wir uns ein schönes Sommerkleid an und rannten förmlich hinunter in die prunkvolle Empfangshalle, wo unsere Kunstlehrerin, Madame Charvet, mit dem Rest unserer Klasse schon wartete.
„Ihr seid spät dran, Mädchen!“, sagte sie in schroffem Ton. „Lasst das nicht zur Gewohnheit werden, wenn euch eure Zeit im Internat lieb ist!“
Ohne ein weiteres Wort ging sie voran und hinaus aus der Empfangshalle. Ich warf Marie einen entschuldigenden Blick zu.
„Was ist denn?“, fragte sie leise flüsternd.
„Nichts. Ich… mir geht es nicht sonderlich gut. Die Träume heute Nacht haben mich sehr mitgenommen. Ich fühle mich, als wäre ich schon seit Tagen wach. Ich bräuchte endlich mal einen friedlichen Schlaf, ohne irgendeinen Traum, damit ich mich richtig erholen kann!“
Marie blickte mich mitleidig an. „Sind die Träume mittlerweile so schlimm geworden? Es tut mir so leid, Fee, aber da musst du selbst durch. Ich kann dir höchstens seelischen Beistand geben, doch den Rest musst du alleine bewältigen. Ich weiß, wie schwierig es klingt, aber so ist es nun einmal.“
Schweigend sah ich auf den Boden vor mir. Wir gingen mittlerweile auf einem schmalen Waldweg entlang, der uns nicht erlaubte, nebeneinander zu gehen, ohne dass wir uns die Kleider zerrissen oder die Schuhe verdreckten. Ich blickte mich um. Dieser Wald erinnerte mich zu sehr an meine Träume. Zwar schien die Sonne in vollen Zügen, doch kamen die Strahlen nur schwer durch das grüne Blätterdach über uns hindurch. Alles war in einen grünen Schimmer gehüllt. Zwar konnten wir um uns herum alles noch bestens sehen, aber dieses Dunkle erinnerte mich an meine Träume.
Ich merkte, wie mich leicht die Panik überkam. Nacht für Nacht lief ich hier, ohne mich von der Stelle zu bewegen. Die ganze Umgebung war mir so vertraut. Zu vertraut. Ich spürte den Blick einer unsichtbaren Person auf mir lauern. Schnell blickte ich nach links, doch da war nichts außer viel Gestrüpp, Farnen und Bäumen aller Art. Ich begann, immer schneller zu atmen. Ich bekam Angst.
Marie legte beruhigend eine Hand auf meinen Rücken. „Ruhig, Fee, bald sind wir aus dem Wald draußen. Denk an etwas anderes, als an deine Träume. Mach es nicht noch schlimmer!“
Ich nahm ihre Stimme nur leise wahr. Es war, als o sie gar nicht mit mir spräche.
Ich wusste, was als nächstes geschah. Dunkle Gestalten würden mich verfolgen, bis ich aufwachen würde. War das eben Traum oder Realität? Ich vermochte es nicht mehr zu unterscheiden. Doch mit etwas oder jemandem habe ich nicht gerechnet. Nie nahm es in meinen Träumen gestalt an und so wusste ich es eindeutig: Es war real! Und dort sah ich ihn zum ersten Mal.