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Schuld

Ashlyn
Askabanhäftling
Welt des Dunkels
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Schuld

Beitragvon Ashlyn » Mi 25 Aug, 2010 20:52

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Autor: Ashlyn
Rating: P16 eigentlich, aber es ist ein Thema was alle angeht, also meinetwegen auch P12
Kurzbeschreibung: Amokläufe gab es bisher reichlich - aber wie ist es, wenn es plötzlich an der eigenen Schule passiert? | Die Geschichte dreht sich um einen Jungen, der einen Amoklauf miterlebt. Er sieht sich selbst als Mittäter und während der Geschichte wird klar warum und auch in welcher Beziehung er zum eigentlichen Täter steht.
Anmerkungen: Ich hab die Idee etwas von Jodi Picoult, weil mich das Buch, was ich zurzeit lese sehr beschäftigt und ich mal Lust hatte, was darüber zu schreiben.
Außerdem kommt ein klitzekleines bisschen Slash vor, aber wirklich nur so am Rand.




13.05.2008; 9:47 Uhr; Eingangshalle des Gymnasiums in Hamburg


Schuld. Das Wort hallte gnadenlos in meinem Kopf nach und ehe ich etwas dagegen tun konnte, hatte es mich aufgefressen. Mein Herz schlug so laut, dass es gewiss jeder hören konnte.
Ich lag am Boden und starrte den blutverschmierten Boden an, der sich unter mir und neben mir rot färbte. Es sollte aufhören. Die Schüsse waren so laut, dass ich dachte, ich würde taub werden, wenn ich hier heil wieder raus käme. Voller Angst rührte ich mich nicht und hatte nur meine Augen aufgerissen, die trotzdem nichts sehen konnten, da mein Gesicht auf den Boden gepresst war. Flach atmete ich und als ich keine Schüsse mehr hörte, drehte ich meinen Kopf auf die Seite, um vielleicht einen Blick zu erhaschen, doch es war zu spät. Derjenige, der geschossen hat, war längst außer Sichtweite. Neben mir wimmerten andere unaufhörlich. Wer sollte auch ahnen, dass so etwas an unserer Schule passierte?
Ich merkte, wie meine Hände anfingen zu zittern. Trotz der verführerischen Ruhe traute ich mich nicht den Kopf zu heben. Mein Kopf arbeitete und ratterte.
Warum? War es wegen mir? … Hoffentlich geht es ihm gut… Hoffentlich ist keiner tot…
Natürlich war es Quatsch. Ich wusste, dass Menschen tot waren und dass ich zum Beispiel zu feige war, um das alles zu stoppen. Verdammt, es war alles meine Schuld. Ich wusste nicht genau, wann ich anfing zu weinen, doch ich verstummte, als ich noch einen Schuss hörte, der neben mir aufkam.
Er weiß, dass ich lebe… Er würde mich so oder so töten.
Mit geschlossenen Augen stemmte ich mich vom Boden ab und stand ziemlich wackelig auf. Dann öffnete ich sie wieder und sah ihn vor mir. Seine blonden Haare standen in allen Richtungen ab, sein hellblaues T-Shirt war mit Blut bespritzt und in der rechten Hand hielt er seine Pistole. Seine Augen waren wild, doch sie konnte eine Spur Verzweiflung erkennen und als sie einen Schritt auf ihn zuging, ließ er die Pistole fallen und brach schluchzend zusammen. Er schien nicht zu bemerken, dass die gesamte Eingangshalle verwüstet und voller Blut war. Verletzte und Tote lagen auf dem Boden und einige andere saßen schluchzend an der Wand. Ich ging zu ihm und als ich vor ihm stand, sah er mich mit seinen klaren, aber leeren Augen an. Da wusste ich, dass alles meine Schuld war. Halb betäubt kniete ich mich zu ihm. Sein Körper zitterte und er schien nicht richtig zu wissen, was eben geschehen war, auch wenn er das alles scheinbar schon vorher geplant hatte. Gerade hob ich meine Hand, um ihm über den Rücken zu streicheln, als Polizisten in die Eingangshalle rannten und mich von ihm wegzogen.
“Nein!”, schrie ich und wollte mich losreißen, doch schon hatten die Polizisten ihn seiner Obhut, zogen ihn unsanft hoch und brachten ihn nach draußen, um ihn wegzuschaffen. Der Polizist, der mich festhielt, sah mich misstrauisch an und blaffte mich an: “Kanntest du den Jungen?” Halbherzig nickte ich und mehr würden sie auch nicht aus mir herausbekommen. Dennoch flüsterte ich leise: “Er hat mich geliebt. Darum lebe ich.” Der Polizist schaute mich fragend an, doch ich schüttelte meinen Kopf.
Was soll ich ihm auch sagen? Dass ich ihn mochte? Sehr sogar? Aber … dass ich ihn abgewiesen habe, um nicht als dumme Schwuchtel dazustehen? Nein, das konnte ich keinem erzählen. Dass ich ihn wie die anderen fertig gemacht habe, weil er auf Männer stand? Dass ich selbst auf Männer stand und mich heimlich mit ihm traf und ihn dann doch verließ? Ihn im Stich ließ?



13.05.2010; 09:47 Uhr; Haftanstalt Kiel


Ich erschrak als ich ihn das nächste Mal sah. Es waren inzwischen genau zwei Jahre vergangen und ich konnte ihn endlich besuchen. Es war ein langwieriger Prozess gewesen einen Besuch zu arrangieren und nun war es also soweit. Aber es war nicht so wie ich dachte, denn er sah ganz anders aus. Das Gefängnis hatte ihn um 10 Jahre altern lassen, seine blonden Haare waren abrasiert und seine klaren Augen wirkten trüb, als er den Wärter anschaute. Erst als er mich sah, hellte sich sein Gesicht etwas auf, doch scheinbar fiel ihm wieder ein, wann sie sich das letzte Mal gesehen haben und sein Funkeln in den Augen erlosch. Betreten ging ich zu ihm und wollte mich an den Tisch ihm gegenübersetzten, bis ich es mir jedoch anders überlegte. Ich umarmte ihn, drückte ihn fest an mich, ließ jedoch von ihm ab, als der Wärter sich vernehmlich räusperte. Dann setzte ich mich ihm gegenüber und flüsterte so leise wie ich konnte: “Warum?”
Ein Blitzen erschien in seinen Augen, aber es verging so plötzlich wie es gekommen war. Er brauchte mich nur anschauen und ich wusste “warum”. Das war das Schlimme daran.


Fertiggestellt am: 25. August. 2010
Deep into that darkness peering, long I stood there wondering, fearing | Doubting, dreaming dreams no mortal ever dared to dream before | But the silence was unbroken, and the darkness gave no token [...] | poe (the raven)

megsit
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Beitragvon megsit » Mi 25 Aug, 2010 21:38

interessante geschichte, chrissi. kann man sich auch sehr schön (oder eher grausig) bildlich vorstellen. dein stil ist immer wieder klasse! *daumen hoch*
Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz

Veny
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Beitragvon Veny » Mi 25 Aug, 2010 21:47

Sehr schön, Chrissi. =)
Wunderbar geschrieben und wirklich gut. Ich dachte zuerst er sein eine sie. ^^
Bis die Stelle weiter unten kam.
Ist neben Amoklauf auch eines dieser traurigen Themen, schwule Männer,
die nicht dazu stehen können.
Ich finds toll, wie du dass verbunden hast. :) (Ob absichtlich oder nicht, aber ich denke doch schon? ^^)
Toujour Pur

~Alice~
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Beitragvon ~Alice~ » Mo 30 Aug, 2010 17:57

Fantastisch ;)

(Es bedarf nicht vieler Worte :lol: )
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