die schönsten bedrohten Wörter

Antike Runen
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Beitragvon Antike Runen » Di 12 Jun, 2007 17:00

Die Anmerkung von dir, Nachtfalke, verstehe ich übrigens auch nicht.
Fismatentene?
(ich folge deinen Anweisungen und streiche das zweite i, füge stattdessen ein e hinzu)

Wehwalt hat geschrieben: Aber Wortfügungen wie BahnCard, InfoPoint, aber auch syntaktische Wendungen wie "in 1994" - das ist Knechtssprache und ein Zeichen für ein rückgratloses Volk.


Selbstverständlich hat Sprache auch etwas mit Nationalbewusstsein zu tun.
Und wo es eine Debatte über nationale Eigenart gibt, dort wird auch eine über Sprache geführt - was erklärt, warum es entsprechende Gesetze zur Reinhaltung der Sprache in, sagen wir, Frankreich gibt, nicht aber in den USA, und warum dieses Thema bei uns seit der Wiedervereinigung wieder debattiert wird, gilt es doch, etwas 'gemeinsames' zu finden im wiedervereinten Deutschland, und da wird die Sprache nun einmal gerne herangezogen. Die sich zu diesem Zeitpunkt allerdings schon 45 Jahre lang getrennt entwickelt hatte.

Eine Bahncard, oder auch die (auch von mir verhasste) Wendung "in 1980" ist für mich allerdings nicht unbedingt ein Zeichen von Knechtssprache, und erst recht nicht eines von fehlendem Rückgrat.
Ersteres ist eine verfehlte Werbestrategie - und hierzu gibt es ja schon wieder rückläufige Tendenzen. Bekannt ist die Geschichte des SAT1-Werbespruchs 'Powered by Emotion' - nachdem die SAT1-Macher herausfanden, dass dies von 2/3 ihres Publikums gar nicht verstanden wird, sind sie auf einen neuen, wieder deutschen Slogan umgestiegen. (Sat 1 zeigt's allen).
Und letzteres ist für mich eher ein Zeichen von schlecht ausgeführtem Bildungsauftrag, denn dass auch die zunehmend schlechter werdende Schulbildung ihren Anteil an der Veränderung der Sprache hat, sollte nicht ignoriert werden.

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Beitragvon Vanadis » Di 12 Jun, 2007 17:40

blümerant finde ich nicht schön...

zu "denglish" fäll mir jetzt hauptsächlich ein recht amüsantes lied der wise guys ein:

"Oh Herr, bitte gib mir meine Sprache zurück,
ich sehne mich nach Frieden und ‘nem kleinen Stückchen Glück.
Lass uns noch ein Wort verstehn in dieser schweren Zeit,
öffne unsre Herzen, mach’ die Hirne weit.

Ich bin zum Bahnhof gerannt und war a little bit too late:
Auf meiner neuen Swatch war‘s schon kurz vor after eight.
Ich suchte die Toilette, doch ich fand nur ein „McClean“,
ich brauchte noch Connection und ein Ticket nach Berlin.
Draußen saßen Kids und hatten Fun mit einem Joint.
Ich suchte eine Auskunft, doch es gab nur ‘n Service Point.
Mein Zug war leider abgefahr’n – das Traveln konnt’ ich knicken.
Da wollt’ ich Hähnchen essen, doch man gab mir nur McChicken.

Oh Herr, bitte gib mir meine Sprache zurück,
ich sehne mich nach Frieden und ‘nem kleinen Stückchen Glück.
Lass uns noch ein Wort verstehn in dieser schweren Zeit,
öffne unsre Herzen, mach’ die Hirne weit.

Du versuchst, mich upzudaten, doch mein Feedback turned dich ab.
Du sagst, dass ich ein Wellness-Weekend dringend nötig hab.
Du sagst, ich käm’ mit Good Vibrations wieder in den Flow.
Du sagst, ich brauche Energy. Und ich denk: “Das sagst du so…”
Statt Nachrichten bekomme ich den Infotainment-Flash.
Ich sehne mich nach Bargeld, doch man gibt mir nicht mal Cash.
Ich fühl’ mich beim Communicating unsicher wie nie –
da nützt mir auch kein Bodyguard. Ich brauch Security!

Oh Lord, bitte gib mir meine Language zurück,
ich sehne mich nach Peace und einem kleinen Stückchen Glück.
Lass uns noch ein Wort verstehn in dieser schweren Zeit,
öffne unsre Herzen, mach’ die Hirne weit.

Ich will, dass beim Coffee-Shop “Kaffeehaus” oben draufsteht,
oder dass beim Auto-Crash die “Lufttasche” aufgeht,
und schön wär’s, wenn wir Bodybuilder “Muskel-Mäster” nennen
und wenn nur noch “Nordisch Geher” durch die Landschaft rennen…

Oh Lord, please help, denn meine Language macht mir Stress,
ich sehne mich nach Peace und a bit of Happiness.
Hilf uns, dass wir understand in dieser schweren Zeit,
open unsre Hearts und make die Hirne weit.

Oh Lord, please gib mir meine Language back,
ich krieg hier bald die crisis, man, it has doch keinen Zweck.
Let us noch a word verstehn, it goes me on the Geist,
und gib, dass “Microsoft” bald wieder “Kleinweich” heißt."

:lol: die letzte zeile... 8)

was die veränderung der sprache angeht , bin ich da so etwas gespalten... einerseits ist völlig klar, dass niemand den wandel aufhalten kann, es deswegen nur begrenzt sinnvoll ist, sich deswegen 'nen kopf zu machen (aber wann hat mensch jemals nur sinnvolle dinge getan/gedacht; btw. im unsinn steckt auch ein sinn)... dass man aber genau das von zeit zu zeit tut, ist ebenso nicht zu ändern.
ich finde es in ordnung, dass sprachen sich mischen und das ist es ja auch, was vor allem auch im hinblick auf die globalisierung nicht aufzuhalten ist. bedenklich finde ich nur die verarmung:"ey alta was geht heut man"...
(obwohl ich mich gerade frage, ob es nicht etwas vermessen ist, wenn ich hier über verarmung klage... so à la "ey alta" pflege ich mich zwar zwar nicht auszudrücken, aber wenn man dann wieder "faust" zwischen den fingern hat... nun ja.)
„Wo kämen wir hin, wenn jeder sagte, wo kämen wir hin und keiner ginge, um zu sehen, wohin wir kämen, wenn wir gingen.“ Kurt Marti

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Beitragvon Shere Kahn » Di 12 Jun, 2007 17:52

Man darf auch nicht vergessen, dass es im Vergleich von vor 100 Jahren einen bedeutend intensivere Fremdsprachenunterricht in Schulen gibt, der ganz besonders das Englische fördert. Wenn nun vielen vorgegaukelt wird, dass Fremdwörter stilvoll sind und eine Sprache schön machen, ist es nur zu verständlich, dass die breite Masse sich diese Fremwörter aus den Sprachen zieht, die sie halbwegs verstehen kann und die halbwegs präsent sind.

Ich bin zuversichtlich, ich kann die These aufbauen, dass es bedeutend mehr lateinische Fremdwörter gäbe, würde Latein Pflicht für jeden Schüler, egal welcher Bildungsstufe sein. Aber ich frage mich, ob es dann ebenfalls eine Verschandelung der deutschen Sprache wäre, oder ob allein die Tatsache, dass Latein prinzipiell schon ausgestorben ist, ausreiht um ihren Einfluss auf andere Sprachen zu legitimisieren.
Ich denke das große Problem gerade mit den Anglizismen, die ich persönlich ebenfalls nicht bevorzuge, ist die Tatsache, dass die englische Sprache noch benutzt wird, dass sie deshalb einen permantenten und dauerhaften Einfluss auf die eigene Sprache hat, was als 'Verunreinigung' wenn nicht gar Diebstahl angesehen wird.

Es interessiert mich nun sehr, was ein Französisches oder lateinisches Fremwort elegant macht ein englisches aber holprig. Mein eigenes Dilemma nämlich ist, dass mich die vielen Anglizismen ebenfalls stören, dass ich ebenfalls ein Anhänger der für mich wohlklingenderen Sprache bin, mit schönen altmodischen Wörtern wie eben Kleinod, hold, bauchbinseln usw. Aber ich kann mir nicht erklären warum. Schließlich wird die Vielfalt nicht kleiner. Verschiebt sich der Schwerpunkt etwa? Ich bin nicht Sprachexperte genug um das zu beantworten.

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Beitragvon Shere Kahn » Di 12 Jun, 2007 23:14

hmm Grünauge, ich sag mal ein klares Jein.
Zum einen hast Du selbstverständlich recht, besonders ältere Menschen sind nun einem Sprach und Technologiewechsel unterworfen, der sie mehr und mehr sich fremd fühlen läßt. Aber genauso verloren sind doch die Kinder, wenn sich ältere unterhalten. Das beste Beispiel ist dieser Thread, wo doch einige eine Aufklärung bedurften, was die aussterbenden deutschen Worte eigentlich bedeuten.
Hehe wie willlst Du dem Kid erklären, dass es von nun an in der Kinderabteilung (supercool) und nicht bei Fashion for Kids (schon ewig passé) einkaufen soll, nur damit der gleiche Opa das verstehen kann, der andauernd irgendwelche altmodischen Wörter benutzt, die das Kind selber nciht versteht und vor allem niemals benutzen würde, weil die ja sooo öde sind? :wink:





Ich denke Nachtfalke meinte ein ersetzen des 2. i:
Fisimatenten -> Fisematenten
Wobei ich auch eher glaube, dass Grünauges Version richtig ist ...

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Beitragvon Shere Kahn » Mi 13 Jun, 2007 00:15

hmm Grünauge, Du hast wieder nicht unrecht, und doch kann ich Dir wieder nicht ganz zustimmen.
Die Werbung ist ja ebenfalls nicht ganz frei. Es sind die Kunden die entscheiden, was modern ist. Und wenn die Kinder und Jugendlichen die Anglizismen als Modern und als zeitgemäß einstufen, dann richtet sich die Werbewelt die Geschäftswellt und alles was damit zusammenhängt danach.

Und dummerweise sind die Werbephrasen oftmals weder überflüssig noch gedankenlos. Gerade diese FLoskeln schaffen es doch, dass ein Produkt eine MArke im Gedächtnis bleibt ... Und je zeitgemäßer die FLoskel, desto besser für das Geschäft. Wie Runen in einem Beipiel bei Sat 1 aufzeigte, ist der Kundenwunsch durchaus interessant, es ist halt auch eine Frage wen man ansprechen möchte. Ein ALtherrengeschäft würde sich ja nicht Grandpafaschion nennen, kein älterer Herr würde da einkaufen wollen. Ebenso will kein Kind in einer Kinderabteilung einkaufen. Die Kunden identifizieren sich nicht mit dem Geschäft, und bei einer Alternative wählen sie deshalb diese.

hmm interessant Nachtfalke ... tja müßte man wissen, was der Duden als bislang öffiziellste Rechtschreibinstanz sagt. Ist ja nicht so, dass die Beibehaltung von Schreibweisen heilig ist ... ich sag nur Filosofie und Delfin.

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Beitragvon Wehwalt » Mi 13 Jun, 2007 00:29

Ich bin verblüfft und immer noch zweifelnd über die angebliche Etymologie der Fisimatenten ... wie sollte dann die Wortbedeutung, die es hat, erworben worden sein? Wo ist der Beweis.

Und was die Lautverschiebung hier zu suchen hat - verstehe ich ehrlich gesagt auch nicht. Solche Kenntnisse sind zwar nützlich und sehr wissenswert - aber die Lautverschiebung verursachte nun einmal das Entstehen verschiedener Sprachen. Was allerdings die Eigenheiten der jeweiligen Kultursprachen verursacht, liegt historisch ohnehin später.

Und was soll damit gesagt sein? Daß die gemeinsame Etymologie englischer und deutscher Wörter uns irgendwie zur Benutzung genau der anderen als der lokal verbreiteten Entwicklungslinie verpflichten soll?

Grünauges jüngsten Aspekt in der Hinsicht finde ich nicht so triftig. Meine Güte, die paar Vokabeln, die neu hereinkommen, könnte man auch nachlernen, auch als Älterer Mensch - wenn es irgendwie wünschenswert wäre. Aber es bleibt dabei, daß die Überflutung durch Anglizismen ohne Notwendigkeit von Knechtsgesinnung zeugt.
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Beitragvon Shere Kahn » Mi 13 Jun, 2007 00:48

Nein Grünauge diesmal muß ich widersprechen. Sicherlich Deine Beispiele zeigen alle, dass ein Werbeslogan fast nie ewig funktioniert, aber es gibt auch keine Clementine mehr. Der Junge auf der Kinder - Schokolade ist nun ein anderer. Geiz ist nun auch nicht mehr geil.
Die Welt verändert sich nunmal. Ein Slogan, der gut funktionierte kann ein Jahr später schlicht hemmend sein.
Ich stimme allerdings zu, es gibt gewisse Phrasen, die sind nicht wirklich bis zu Ende gedacht. Aber dass sich diese dann nicht halten, sollte DIch doch umsomehr freuen. Warum sind dann die Begriffe schlimm, die sich zu halten scheinen? Ist es dann bei diesen nicht wirklich so, dass die Allgemeinheit sie adaptiert bzw akzeptiert hat?

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Beitragvon Antike Runen » Mi 13 Jun, 2007 12:42

Grünauge hat geschrieben:
Außerdem nervt es mich generell, wenn Menschen phantasielos sind. Und unsere Sprache hätte viel zu bieten. Die Stärke der deutschen Sprache besteht für mich in ihrer Anschaulichkeit. Aber offensichtlich mangelt es den meisten Werbefuzzis an der dazugehörigen Phantasie.


Phantasielosigkeit mag ich selbstverständlich auch nicht, aber das Benutzen von Anglizismen bedeutet ja durchaus keine Phantasielosigkeit.
Im Gegenteil, manche Neuschöpfungen und interessante Sprüche sind durchaus auch aus englischen Begriffen entstanden.
Beispielsweise mag ich das Wort 'Servicewüste' sehr, und halte es für sehr phantasievoll. Und das würde mit 'Dienstleistung' einfach nicht so gut kommen, und hätte sich auch nie wirklich eingebürgert.
(Auch wenn es natürlich eine semantische Verfehlung ist. Ich meine, in einer Sand-, Geröll-, etc-Wüste gibt es so gut wie nichts außer Sand, Geröll, etc. Wie ist das also mit der Servicewüste? Lauter Service und sonst gar nichts?)


Warum also nicht auch die Anglizismen nutzen und damit machen, was die deutsche Sprache nun einmal besonders gut kann - sie einbinden in die eigenen Besonderheiten?

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Beitragvon Victor Krum » Mi 13 Jun, 2007 12:59

Übrigens bin ich dafür, dass wir hier eine Unterscheidung zwischen Slogans und einzelnen Begriffen machen - ein Slogan ist ja etwas, das man aus einer anderen Sprache übernimmt, das nur auf diese eine Weise stehen kann und auf die Grammatik der Sprache, in der er abgefasst ist, hört.
Die wurden übrigens auch schon vor einer ganzen Weile in anderen Sprachen abgefasst, ich erinnere nur mal an "Ora et labora" - wer kein Latein kann, für den ist das genauso kryptisch wie für ältere Menschen die heutigen Werbeslogans.

Wenn man dann andere Wörter aus einer Sprache übernimmt, sie auch noch den eigenen sprachlichen Regeln anpasst und es somit ermöglicht, dass sie wirklich Wortbildend benutzt werden können, ist das doch etwas vollkommen anderes.
Wie sinnhaft oder sinnlos Slogans sind, darüber kann man sich streiten, aber dass unsere Sprache ohne die Übernahme von Wörtern bis heute wohl kaum überlebt hätte, sehe ich als eine Tatsache an - die meisten Wörter, die über den Grundwortschatz hinaus gehen und keine Komposition sind gehören schließlich der Gruppe der (ehemaligen) Fremdwörter an (Vom Kloster über das Abenteuer bis in die Garage).
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Beitragvon Antike Runen » Mi 13 Jun, 2007 13:14

Zum Thema Werbeslogans, pardon, Werbesprüche, habe ich hier noch ein wenig Zahlenmaterial gefunden:

Spiegel der Gesellschaft | Werbewoche, 27.11.2006
"(...) Auch wenn es auf Englisch interessanter klingt und den Eindruck von Weltgewandtheit und –Erfahrung vermittelt, erwarten die Konsumenten heute mehr Klarheit und Einfachheit in der Werbung. Entsprechend geht der Anteil an Anglizismen in der Werbung auch zurück. So belegt das Trendbüro Hamburg in einer gemeinsam mit Slogans.de erstellten Studie einen Rückgang der englischen Slogans von 27,6 Prozent im Jahr 2000 auf 18,7 Prozent im 2006. Auch der Anteil von Anglizismen sei von 5,3 Prozent im Jahr 2000 auf 2,3 Prozent im 2006 zurückgegangen. Denn einfache und klare Aussagen liegen im Trend. Werbung sei ein Spiegel der Gesellschaft, ein kompensatorischer Gegenentwurf zur Wirklichkeit. Da vieles unsicher und kompliziert geworden sei, wachse die Sehnsucht nach Gewissheiten – und eben nicht nach Böhmischen Dörfern."


2,3 % Anglizismen in der Werbung!
Außer der Computer-Fachsprache fällt mir kaum ein Vokabular ein, das allgemein ausgiebiger von Anglizismen gebraucht macht, als die Werbesprache. Und wenn es hier schon (nur) noch 2,3 % sind, dann ist es in meinen Augen gar nicht mehr sooooo dramatisch.
Wie gesagt, Slogans ist ein anderes Thema, da stimme ich zu.

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Beitragvon Antike Runen » Mi 13 Jun, 2007 13:19

Vielleicht kann ich dich nicht verstehen, das mag schon sein. Aber ich verstehe es wirklich nicht.

Zu deinem Beispiel:
Bread shop ist natürlich scheußlich, aber Back Shop finde ich sehr gelungen, ist eine Wortschöpfung, die mir gefällt. Sie ist eingängig, kurz, griffig, die Laute passen schön zueinander (hartes K und hartes P jeweils am Ende), kurzum: Eine in meinen Augen sehr schöne neue Wortkreation. Mag ich.
Und halte ich weder für phantasielos noch für knechtisch.

Warum also sollte ich darauf bestehen müssen, es Bäckerei zu nennen (was im Vergleich hier tatsächlich phantasieloser ist?).
Oder Back-Laden, oder etwas vergleichbares?
(Ganz besonders wo sich das Wort Shop nun wirklich schon fast komplett eingebürgert hat. Immerhin gibt es auch das Verb shoppen schon lange. Ich warte nur darauf, dass es demnächst im Duden mit schoppen angeboten wird.)



Was ich damit eigentlich sagen möchte:
Urteile wie 'phantasielos' oder 'die möchten nur Modernität suggerieren' halte ich insofern für gefährlich, als sie sehr subjektiv sein können.
Ein Begriff wie Back Shop gefällt mir gut, und hätte von mir sein können, und bei mir steckt dann eben das Spiel mit der Sprache und die Lust am Kombinieren dahinter, sonst nichts.
Das mittlerweile hierzulande fast allgegenwärtige Englisch nicht als Teil der eigenen Sprache anzusehen (was es in meinen Augen längst ist), sondern als phantasielos und knechtisch abzustrafen, halte ich hingegen für ausgesprochen kultursnobistisch.

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Beitragvon Wehwalt » Mi 13 Jun, 2007 14:21

Ein zwanghaftes Festhalten an einer nicht mehr zeitgemäßen Ausdrucksweise ist für mich sehr viel "knechtiger" als die Erweiterung des eigenen (aktiven) Wortschatzes.

Und was nicht mehr zeitgemäß ist, das erfährt man vom Herrenvolk.
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Beitragvon Chris1406 » Mi 13 Jun, 2007 14:23

Nachtfalke hat geschrieben:Ich wage es ja kaum zu sagen, aber ich sehe es ziemlich genau so wie Antike Runen (habe ich das jetzt wirklich in einem öffentlichen Thread geschrieben?!).

Ein zwanghaftes Festhalten an einer nicht mehr zeitgemäßen Ausdrucksweise ist für mich sehr viel "knechtiger" als die Erweiterung des eigenen (aktiven) Wortschatzes.

Ich finde es ausgesprochen spannend, in unterschiedlichen sprachlichen Subkulturen auch die jeweils "richtigen" Begriffe nutzen zu können und verstehe es eher als ein Zeichen von Intelligenz. Warum ist es klug/toll/erstrebenswert, daß man das was sich unsere Eltern und Großeltern quasi sprachlich "erarbeitet" haben und heute gar nicht mehr genau passt, unverändert so hinnimmt?

Man sollte allerdings wissen, was man tut. Ich glaube nämlich auch, daß beispielsweise mind. 50% der Forumsposter nicht wissen wofür -lol- oder -rofl- steht, da es z. B. zu -löl- o.ä. gemacht wird.

Ich nutze mind. 4 verschiedene Varianten des Deutschen und kann das Problem dabei gar nicht erkennen.

Nachtfalke


^^grosses Lob an den Herren Nachtfalke...er hat ganzt genau das geschrieben was meiner Meinung sehr Nahe kommt.

Am faszinierensten finde ich, dass das Wort *hust*...entschuldigt....Kürzel wie -lol- als Wort benutzt werden. (leider habe ich mich davon anstecken lassen und versuche es zu unterdrücken doch manchmal kommt es aus mir raus *schäm) An verwunderlichsten ist es dann meistens noch, wenn diese Personen wissen wie dieses Kürzel ausgeschrieben aussieht.
Ich wollte schon immer mal eine Umfrage zu Gebräuchlichen Kürzeln wie -rofl- oder -lol- machen und heraus finden wie viele der Befragten die eine oder bei -lol- vllt sogar beide Schreibweisen kennen.

Zum Thema:

2. blümerant - leichtes Unwohlsein

wird wohl meines Erachtens nach Aussterben, da ich nur dieses Wort nicht mir seiner Bedeutung kannte.
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Beitragvon Antike Runen » Mi 13 Jun, 2007 14:36

Wehwalt, wer ist denn deiner Meinung nach das Herrenvolk, welches hier bestimmend ist?
Die bereits häufig zitierten Werbefuzzies?
Oder vielleicht die Mediengestalter, also Sportreporter etc.?
Die Fachleute in verschiedenen Bereichen, die ihren Neuerfindungen / Veröffentlichungen auch neue Wortschöpfungen bringen müssen?
Oder vielleicht wir Internetuser (gleich zwei englische Wörter), die in einem Fanforum viele englische Begriffe benutzen?


Und, Grünauge, selbstverständlich ist der zunehmend höhere Anteil an englischen Fachbegriffen eine Form von Diskriminierung gegenüber älteren Menschen, und nicht ganz so alten Menschen in den östlichen Bundesländern.
So wie Fachsprache früher gegenüber weniger gebildeten Menschen ebenfalls diskriminierend war und ist. Wer hat damals schon wirklich beamtendeutsch verstanden? Und wer hat wirklich die Begriffe verstanden, die aus dem Lateinischen oder Französischen abgeleitet wurden?

Das Phänomen, das wir heute sehen, ist aber ein zunehmendes Einfließen von fremdsprachlichen Ausdrücken eben auch in die Umgangssprache, die früher fast ausschließlich aus der eigenen Sprache geprägt wurde. So gibt es eben heute kaum noch 'Halbstarke', stattdessen eher Teens, Kids, oder eventuelle auch Rowdies (obwohl das schon wieder out ist).
Das Monopol von fremdsprachigen Wortschöpfungen und -übernahmen, welches eben früher bei einer kleinen Bildungsoberschicht lag, ist gebrochen worden, auch die Vulgärsprache kann sich nun bei anderen Sprachen bedienen und tut dies auch.
Und ich sehe nichts schlimmes daran.
Zumal kaum etwas so sehr Moden unterworfen ist, wie die Vulgärsprache.

Andererseits ist es natürlich ein Problem, wenn die Sprache insgesamt dabei verkümmert, wenn sprachliche Vielfalt ausstirbt (das tut sie aber m.E. gerade nicht mit dem Übernehmen von Begriffen aus anderen Sprachen).


*lacht*
Nachtfalke, daß uns das mal passieren würde....
Hihi, da muß ich fast schon über einen Wechsel meines Standpunktes nachdenken, weil ich ja so viel lieber gegen dich argumentiere als mit dir.
Dummerweise bin ich zu verliebt in meine eigene Meinung, als daß ich mir diesen Spaß machen könnte... :lol:

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Beitragvon Wehwalt » Mi 13 Jun, 2007 15:25

Meine Güte Runen, es handelt sich hierbei doch gerade nicht um Fragen der Fachsprache. Jetzt willst Du mir (und Grünauge) allen Ernstes unterstellen, wir hielten es für diskriminierend gegenüber Ungebildeteren, eine gebildete (oder auf ein Fachgebiet beschränkt gebildete) Sprache zu benutzen? Das kann ja wohl nicht ganz Dein Ernst sein. Warum müssen diese Diskussionen hier immer zu so ein Stadium erreichen?
Und dann solche Tautologien wie das "zwanghafte Festhalten an nicht mehr zeitgemäßer ... " etc. Meine Güte, der Ausgangspunkt war ja wohl die Frage, ob das Nicht-Mehr-Zeitgemäß-Sein einiger Begriffe zu bedauern sei oder nicht. Dann ist doch die Diskussion hier gleich gegendtandslos - entweder ist ein Begriff zeitgemäß, dann gibt es nichts zu besprechen, oder er ist es nicht, dann soll man ihn ohnehin preisgeben - und braucht gar nicht erst Kriterien für seine Preisgabe bzw. das festhalten an ihm zu finden?

Vielleicht mal wieder in Ruhe, ohne Polemik und Spöttelei: Es ist unmöglich, daß Ihr (Runen, Chris1406, Falke, und wer sonst noch immer) nicht bemerkt haben solltet, daß neben Fachgebrauch und zwangsläufiger Internationalisierung der Sprache in Deutschland die Einführung der Anglizismen exzessiv betrieben wird. Nein, der Werbung gebe ich keine Schuld, sie ist vollkommen wertfrei und macht halt, was Erfolg verspricht - allerdings kann man an der Werbung einiges ablesen über das Befinden der beworbenen Bevölkerung. Sie ist ein ausgezeichneter Indikator. Und offensichtlich unterstützt sie hier ein unterwürfiges Volk im Drang, seine unterwürfige Gesinnung an den Tag legen zu dürfen - bis hin zu solchen Demütigungen, daß die, die auf die Werbung reagieren sollen, ihre Befehle nicht einmal richtig verstehen. (Halte ich nicht einmal für einen Fehler der Werbestrategen in manchen Fällen.)
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