Hallo zusammen!
Ich versuche mich nun auch einmal an einer FF.
Nach ein paar Oneshots wird das nun meine erste Fortsetzungsgeschichte. Ich freue mich also sehr über ehrlich gemeinte Kommis
Also, los geht's....
---------------------------------------------
1.
Es zischte und prasselte im Kamin. Ein langsam ausklingendes Feuer flammte fröhlich vor sich hin. Seine Nahrung bezog es aus der neuesten Ausgabe des Tagespropheten, in der dieses Mal, wie so oft in diesen Tagen, eine Extra-Beilage zu finden war. „Harry Potter – Vom Waisenkind zum tragischen Helden!“ war der heutige Titel.
Die Beilage war gut aufgemacht, jemand hatte sich sehr viel Mühe gegeben und viel Zeit darin investiert. Es gab viele Fotos, Berichte, Interviews und sogar Kopien von Zeugnissen des großen Harry Potters (wenn auch ein wenig überarbeitet, denn Harry war DAS große Vorbild und durchschnittliche Noten passten nicht zu diesem Konzept).
Die „Stimmen der Leser“ war eine Rubrik, die sich besonderer Beliebtheit erfreuen durfte. Zahlfreudige Empfänger des Tagespropheten konnten hier ihre Meinung loswerden, ob jemand sie lesen wollte oder nicht, war egal, aber man stand in der Zeitung, womöglich noch unter einem Bild des „jungen Helden“.
Als ob das Feuer seinen Weg durch die Seiten steuern könnte, hielt es sich besonders lange bei einem Leserbrief auf, lange genug, um ihn noch einmal zu lesen…
„Mit großem Interesse verfolge ich Ihre Berichte über Harry Potter! Sein Schicksal ist wahrhaft faszinierend, auch wenn ich nie ein traurigeres erlebt habe. Seine Eltern… tot. Sein Pate… tot. Sein Mentor… tot. Die Eltern seines besten Freundes und fast seine eigene Familie… tot. Gute Freunde… gestorben, um Harry zu retten. Und wäre das alles nicht schlimm genug, wurde er jetzt auch noch von seiner großen Liebe abgewiesen! Ich kann mir nicht vorstellen, wie groß das Leid dieses Jungen sein muss, trotz seines Erfolgs über Ihn-dessen-Name-nun-endlich-genannt-werden-darf, dieser Erfolg war wohl viel zu teuer erkauft.
Meinen allergrößten Respekt bekommt Harry Potter für seinen Lebenswillen!
Mit freundlichen Grüßen, Roberta Mitchum“
Endlich hatten die Flammen ein Einsehen und zerfraßen auch diesen Teil der Zeitung.
Voller Erleichterung darüber stahl sich ein starres Lächeln auf das Gesicht des jungen Mannes, der vor dem Kamin saß. Es wurde begleitet von Tränen.
Und wie so oft in der Zeit nach „Tag X – dem Fall Voldemorts“, hasste sich Harry für seine Tränen. Hasste sich für seine Schwäche, die er nicht haben durfte, die er so lange nicht wahrhaben wollte, verdrängt hatte. Es hatte so gut funktioniert. Getrieben von der Rache, von der Vorstellung des Gefühls, seinen größten Feind endlich zu zerstören. Seine Eltern zu rächen, Sirius zu rächen, Dumbledore zu rächen… Dann war der Tag gekommen. Nach ewiger Vorarbeit, nach Monaten, Jahren vollkommenster Konzentration. Es war nahezu unmöglich gewesen und doch hatte er es geschafft.
Aber dann… der Tagesprophet hatte Recht, es war „Tag X“, der Tag, auf den Harry hingearbeitet hatte, seit er erfahren hatte, wer seine Eltern ermordete. Aber was kam nach Tag X? Woran konnte er sich orientieren, wenn es doch sein höchstes Ziel gewesen war, Rache zu üben? An was konnte er sich jetzt klammern? Es gab nichts mehr… nichts, das Harry wichtig erschienen wäre, nach dem Wichtigsten überhaupt.
Nicht selten, nein, eher beunruhigend oft hatte er sich gewünscht, er wäre mit ihm gestorben. Wäre gemeinsam mit dem Feind untergegangen, wäre als Märtyrer und als Retter der Welt gestorben! Er hatte nichts gegen den Ruf des Helden, es war nicht unberechtigt, aber es passte nicht. Niemals war ihm nach feiern zumute, er wollte niemanden sehen von diesen Leuten, die ihn vergötterten und die er doch gar nicht kannte. Zu den hunderten von Empfängen und Festen, die ihm zu Ehren gegeben wurden, war er nicht einmal gegangen. Er wollte nur seine Ruhe, doch er wusste, die würde er niemals haben, nicht bis zum endgültigen Ende… Wäre es doch an Tag X einfach dazu gekommen.
In seinen Gedanken hatte Harry eine Liste gefertigt. Darauf standen die positiven und die negativen Dinge, die in seinem Leben eine Rolle spielten.
Auf der positiven Seite stand nicht viel, so sehr er sich auch bemühte, die Reihe dort zu erweitern.
Er zählte ab.
1. Hermine
2. Ron
3. Schulabschluss
4. Quidditch
Das war nicht besonders viel.
5. Feuerwhiskey
„Doch noch etwas.“ ergänzte er, während er einen tiefen Schluck aus einem Glas nahm.
Früher hätten noch viele Dinge mehr auf dieser Seite gestanden, Dinge, die nun einen negativen Beigeschmack hatten. Ginny, der Fuchsbau… oder Hogwarts.
Aber jetzt? So viele traurige Gefühle, die mit diesen Namen verbunden waren.
Und die „Negativ-Seite“? Zu viele Dinge, um sie zu zählen. Zu deprimierend. Roberta Mitchum hatte schon einen guten Start hingelegt.
Die Tränen liefen weiter über seine Wangen. Er fühlte sich so einsam, so schwach, so… leer. Er hatte so große Sehnsucht nach den Menschen, mit denen er nie wieder sprechen konnte. Wie sehr hätte ihm ein Gespräch mit Dumbledore geholfen, oder die aufmunternden Blicke seiner Eltern! Aber am meisten fehlte ihm Sirius’ lautes Lachen. Er hatte es nicht oft gehört und doch war es eine der schönsten Erinnerungen, die Harry von ihm geblieben war.
Es war schon komisch. All die anderen Tode waren furchtbar gewesen, es war jedes Mal ein Teil von Harry selbst gestorben. Aber er hatte es verkraftet. Nur der Gedanke an Sirius riss ihn immer wieder in ein tiefes schwarzes Loch. Diese Ungewissheit, was mit ihm passiert war. Das sich nicht verabschieden können. Er war einfach weg, von einer Sekunde auf die nächste verschwunden. Harry zweifelte kaum noch an seinem Tod, und trotzdem war das Gefühl, wenn er an ihn dachte einfach ein anderes!
Er seufzte, ließ sich tief in seinen Sessel fallen und schloss die Augen. Er war so müde. Unendlich müde. Wenn er doch nur schlafen könnte… am besten ein Schlaf, aus dem er nie mehr würde erwachen müssen…
2.
„Ich wünschte, sie würden endlich mit diesen Artikeln aufhören!“
Hermine Granger legte die aktuelle Ausgabe des Tagespropheten beiseite und schüttelte ihre braunen Locken.
„Ich weiß wirklich nicht, warum sie das tun sollten! Harry ist nun mal das Gesprächsthema Nummer eins, ist doch klar, dass sie alle über ihn schreiben!“ Ron Weasley schnappte sich die Zeitung und blätterte ein wenig in ihr herum. Als er in einem Artikel seinen Namen sah, stahl sich ein Lächeln in sein Gesicht. Auch wenn Harry die Hauptperson war, ein klein wenig zum Sturz des dunklen Lords hatte auch er beigetragen.
„Ach Ron! Merkst du nicht, dass es Harry einfach zu viel ist? Diesen Rummel um seine Person konnte er noch nie leiden, und jetzt ist es schlimmer als jemals zuvor!“
„Natürlich ist es das! Aber sieh’s mal so: noch schlimmer kann’s kaum mehr kommen, wo er Du-wei…“
Hermine schnaubte.
„Wo er Voldemort besiegt hat.“ Es fiel Ron immer noch schwer, diesen Namen auszusprechen.
„Ich mein, das wird er kaum noch steigern können, oder?“
„Nein“, seufzte Hermine, „wird er nicht.“
„Na also!“
Er blickte von der Zeitung auf und sah die tiefen Sorgenfalten in Hermines Stirn, die sich auch nach „Tag X“ regelmäßig bei ihr bildeten.
„Worüber grübelst du schon wieder nach? Jetzt, wo sich langsam alles wieder zu normalisieren beginnt?“
„Normal wird es nie mehr werden…“ ihre Stimme klang leise und traurig. „Nicht für uns, hm?“
Eine kleine Pause entstand, in der Rons Gesichtszüge sich ein wenig verhärteten.
„Wir können es aber versuchen… so gut es geht. Ich mein, die… die Verluste, die waren groß, aber niemand ist umsonst gestorben! Wir haben es schließlich geschafft, nicht wahr? Die Welt gerettet, sozusagen.“ Er setzte ein schiefes Lächeln auf.
„Ich weiß nicht, wie du das so leicht ertragen kannst. Wie du es wegstecken kannst! Die „Verluste“… Sirius, Dumbledore, Neville, Tonks! Und deine…“
Hermine verstummte. Ron setzte den Satz für sie fort.
„Meine Eltern.“ Er ging zum Fenster hinüber und sah eine Zeit hinaus. Hermine blieb betreten auf ihrem Stuhl sitzen, sie hatte nicht so hart sein wollen, hatte es ihm nicht so an den Kopf werfen wollen, aber es kam einfach aus ihr heraus.
„Glaub nicht, dass das so leicht für mich ist. Aber es war ihre Entscheidung! Sie wussten was sie taten, wie alle anderen auch. Und das letzte, was Mum zu mir gesagt hat, war…“, seine Worte wurden nun ein Flüstern und er senkte seinen Blick. „Sieh einfach nur nach vorne, versprich mir das.“
Hermines Augen füllten sich mit Tränen. Es hätten hoffnungsvolle Worte sein können, aber sie klangen so abgeklärt. Sie hielt es auf ihrem Stuhl nicht länger aus, alles was sie wollte, war jetzt ihm nah zu sein. Sie stand auf, trat neben ihn und drehte ihn zu sich um. Dann schmiegte sie sich an ihn, drückte ihn fest an sich und spürte, wie er ihre Umarmung erwiderte.
Es war wie ein Austausch von Hoffnung, Zuversicht und Stärke. Die gegenseitige Nähe brachte ihnen beiden so viel, wie es nichts anderes gekonnt hätte. Kein Trank auf Erden hätte eine ebenbürtige Wirkung gehabt, dessen war sich Hermine sicher.
Sie war so unendlich dankbar dafür, ihn bei sich zu wissen. Dankbar, dass sie sich trotz der ganzen furchtbaren Umstände, trotz des Leids und des Kampfes um sie herum doch gefunden hatten. Dass sie es beide zugelassen hatten, nach all den endlosen Kindereien, den Streits und den Tränen, die geflossen waren.
Hermine versuchte, all die Dankbarkeit in ihre Umarmung zu legen und sie spürte, dass er es fühlte und es erwiderte.
Sie wusste nicht, wie lange sie so dagestanden hatten, in seinen Armen verlor sie jegliches Zeitgefühl. Irgendwann löste sie sich leicht von ihm und nahm sein Gesicht in ihre Hände. Mit ihren Daumen strich sie sanft über seine Wangenknochen. Sie lächelte zuversichtlich.
„Und wir werden nach vorne sehen!“
Und wie um das ganze offiziell zu machen, besiegelten die beiden es mit einem innigen Kuss.