16. Kapitel: Sehen und gesehen werden
Harry ging nun in die Nocturngasse, wo er ein paar kleinere Besorgungen machen musste, die er in der Winkelgasse nicht bekam. „Wo ist bloß dieser Laden? Ich kann ihn nirgends sehen!“ nuschelte Harry vor sich her. Dann stand er vor einer kleinen Gasse, die gerade so breit war, dass Harry hindurchpasste. Über der Gasse hing ein Schild:
Gerindas, Umhänge für jeden Anlass
Also bog Harry in diese Gasse ab. Es war dort dunkler und feuchter, als in der Nocturngasse. Als er etwa 20 Meter diese Gasse entlang gegangen war, sah Harry die Hand vor Augen nicht mehr, doch eine kurze Zeit später, entdeckte er das Licht am Ende der Gasse. Es war ein leicht gedämmter Scheinwerfer, der so hoch oben hing, dass er gerademal ein zehntel seiner Leuchtkraft auf die Gasse übertrug. Aber es reichte Harry insofern, dass er darunter eine braune Tür entdeckte. Er klopfte erst, aber es antwortete Niemand. Er klopfte ein zweites und drittes Mal, doch es antwortete immer noch Niemand. „Es war umsonnst. Es war alles Umsonst! So werde ich nie unerkannt bleiben.“ Sagte Harry leise. Er drehte sich um und ging wieder in Richtung Nocturngasse. Auf halbem Weg, hörte er eine Stimme. „Warten Sie! Ich habe Sie nicht gehört, da ich nicht damit gerechnet habe, dass ich Kundschaft bekomme.“ Sagte eine Hexe, die hinter Harry aus der Tür kam. Sie war sehr klein, hatte große Augen und graue Haare. Sie blickte Harry mit einem Blick an, den er noch nie zuvor gesehen hatte. So einen Blick, hätte er nicht einmal nachmachen können. Es lag wahrscheinlich daran, dass die Hexe bei näherem betrachten, ein silbriges und ein stark hellgrün leuchtendes Auge hatte. „Kommen Sie rein.“ Sagte die Hexe und schloss schnell hinter Harry die Tür. „Was kann ich für Sie…“ sie brach ab. „Ach du meine Güte! Sie sind Harry Potter!“ sagte die Hexe und rieb sich die Augen. „Ich hätte nie gedacht, dass ich Sie jemals bei mir im Laden haben würde. Sagen Sie, Mr. Potter, warum gehen Sie nicht zu Madam Malkin?“ fragte die Hexe. „Weil nur Sie mir das anfertigen können, was ich brauche!“ antwortete Harry mit klarer und fester Stimme, obwohl sich langsam ein Funken Angst in seinem Bewusstsein entwickelte. Die Hexe starrte ihn an. „Was soll das sein, das ich anfertigen kann, was Madam Malkin nicht kann?“ fragte die Hexe ungläubig, als würde sie das gleiche Sortiment haben. „Ich benötige einen „Unsichtbarmachenden Tarnumhang“!“ sagte Harry. Die Hexe sah ihn an. „Wofür brauchen Sie einen Tarnumhang, Mr. Potter? Ein Tarnumhang, hat immer etwas mit schwarzer Magie zu tun.“ Belehrte sie ihn. „Ich brauche ihn, um ungesehen in der Welt, der Muggel, zu fliegen.“ Sagte Harry. „Aber warum apparieren Sie nicht einfach? Das ist doch um einiges leichter.“ Sagte die Hexe und merkte dabei, dass sie gerade dabei war, einen Kunden abzuwimmeln. „Aber für Sie mache ich es doch, da Sie der berühmte Harry Potter sind.“ Fügte die Hexe schnell hinzu. Sie stellte Harry auf einen kleinen Podest, auf dem Harry wieder ein Stück größer erschien, als die Hexe. Sie ging in zügigem Schritt in ihr Hinterzimmer und holte zwei Stoffproben. „Wollen Sie Polyester oder Baumwolle, Mr. Potter?“ fragte die Hexe. „Beide, den Baumwoll-Umhang nehme ich für den Winter und den Polyester-Umhang für den Sommer.“ Antwortete Harry. „Das dauert dann allerdings ein paar Minütchen länger als normal, Mr. Potter.“ Sagte die Hexe und begab sich ein weiteres Mal in ihr Hinterzimmer. Dann kam sie etwa zwei Minuten später wieder mit einem Maßband auf Harry zu. „Dann wollen wir mal Ihre Maße nehmen.“ Sagte sie,, während sie Harry ihr Maßband um hing. Sie legte das Maßband mehrere Male wieder an einer anderen Stelle an und nahm Harrys Maße. „So, das hätten wir, Mr. Potter.“ Sagte sie freundlich und ging wieder ins Hinterzimmer. Harry stand immer noch auf dem Podest und wartete darauf, dass die Hexe zurückkam, doch sie kam nicht. „Sie dürfen sich im Übrigen setzen, Mr. Potter!“ rief eine freundliche Stimme aus dem Hinterzimmer. Also stieg Harry vom Podest herunter und sah sich um. An einer fensterlosen Wand stand ein altes, dreckiges und zerzaustes Sofa, bei dessen Anblick Harry nicht genau wusste, ob er sich wirklich setzen sollte. Aber, da er gute Manieren gelernt hatte, als er noch in Hogwarts war, setzte er sich trotzdem darauf. Er dachte über Gott und die Welt nach. Dann schlief er vor lauter Langeweile ein.
„Harry stand auf einmal in einem Haus, das er schon mal gesehen hatte. Er ging einen langen dunklen Gang entlang, an dessen Wänden kleine Fackeln hingen, die vor ihm angefeuert wurden, und hinter ihm erloschen. Er ging also immer im Licht. Dann wurde er schneller und begann regelrecht zu rennen. Bis er an eine schwarze Tür kam. Die Tür war nur angelehnt, also öffnete Harry die Tür und ging hindurch. Er befand sich nun in einem runden Raum, an dessen Wände zwei rote Streifen waren, die einmal ringsum den Raum gingen. Er blieb stehen und wartete bis die Tür sich hinter ihm schloss. Es wurde dunkel in dem Raum, dann gab eine Erschütterung, die Harry fast zu Boden riss. Und als es wieder hell wurde, hatte sich der Boden dieser Kammer gedreht. Er wusste nicht mehr, durch welche Tür er kam, und durch welche er musste. Dann hörte er einen Schrei, der genau aus der Tür kam, die vor seiner Nase war. Er öffnete sie und ging hindurch. Ein greller grüner Lichtstrahl durchquerte den Raum, auf der Suche nach einem Ziel. Er stand nun in einem Raum, der halbrund war. Er war aufgebaut, wie ein halbes Stadion, mit Sitztribünen. Unten stand ein Rednerpodest, hinter dem ein Schleier hing. Harry ging hinunter zu dem Schleier und hörte auf einmal merkwürdige Stimmen. Doch er sah Niemanden. Harry wunderte sich, wo die Stimmen her kamen, wo er doch gänzlich allein in diesem Raum war. Er blickte sich um, und verharrte dann einen Moment lang auf dem Schleier, durch den die Stimmen kamen. Vielleicht waren die Personen, die Harry hörte hinter dem Schleier, aber auch da war keiner. „Harry… Harry Potter… Harry Potter!“ hörte Harry eine vertraute Stimme sagen. Harry Potter! Wachen Sie auf.“ Auf einmal lag Harry wieder auf dem Sofa von der Hexe, die ihm die Umhänge geschneidert hatte.
„Ihre Umhänge wären dann fertig. Sie müssen sie aber vorher anprobieren.“ Sagte die Hexe, und übergab Harry die Tarnumhänge. Harry ging in eine Kabine um einen Umhang anzuprobieren. Er zog zuerst den Baumwollenen Umhang an. Er wurde sofort unsichtbar. Dann zog er ihn wieder aus. Nun war der Umhang aus Polyester an der Reihe. Auch als er den trug, verschwand Harry. Er zog ihn wieder aus, und holte ein kleines Säckchen aus der Tasche. „Wieviel kosten die Beiden?“ fragte Harry. „Für Sie mache ich einen Freundschaftspreis. Zwei zum Preis von einem, und einer kostet 150 Galleonen 23 Sickel und 5 Knut.“ Sagte die Hexe. Harry kippte sein Säckchen auf der Theke aus. Er sammelte etwas Geld heraus und zählte. Hier bitte schön. Das sind 160 Galleonen. Stimmt so.“ sagte Harry großzügig. Er packte seine neuen Umhänge in seinen Rucksack, den er in dem Moment heraufbeschwor. Dann verließ Harry den Laden wieder. „Lumos!“ flüsterte er, als er in die Gasse ging. Auf halbem Weg, wurde er von Jemandem aufgehalten. „Was machst du hier in dieser Zwielichtigen Gegend Harry?“ fragte eine Person, dessen Stimme Harry erkannte. Vor Harry stand Collin Creevy. „Collin, was machst du denn schon wieder hier unten?“ fragte Harry ihn. „Ich muss einen Umhang kaufen, den ich bei Madam Malkin nicht bekomme. Aber was machst du nun hier, das hast du mir noch nicht beantwortet.“ Sagte Collin. „Ich habe mir einen neuen Tarnumhang zugelegt, da der Alte schon ein wenig knapp ausgefallen war.“ Sagte Harry. Sie quetschten sich aneinander vorbei, da die Gasse nicht breit genug war, dass beide aneinander vorbeigehen konnten. „Wiedersehen Collin!“ rief Harry ihm hinterher. „Ja, Wiedersehen, Harry.“ Antwortete Collin. Wieder in der Nocturngasse angekommen, wandte sich Harry sofort den Zauberern ab, die dort unten nach ihm sahen. Harry Potter, kann ich dir helfen? Hast du dich verlaufen? Komm mit, und ich zeige dir den Weg! Das waren so die Sätze, die er Hauptsächlich hörte. Es waren aber auch andere Sätze und Anschuldigungen etc. dabei. Harry beeilte sich zurück in die Winkelgasse. „Accio Nimbus 2005!“ rief Harry. Keine Minute später kam ein Besen um die Ecke geflitzt. Harry warf sich seinen Tarnumhang über und setzte sich auf seinen Besen. Er stieß sich ab und flog los. Als er direkt über London war, bemerkte er nicht, dass die Winkelgasse sich in der Nähe eines Flugplatzes befand. Doch das interessierte ihn auch vorerst nicht. Plötzlich kam ein Flugzeug, das fast nicht zu hören war hinter Harry aus den Wolken hervor. Harry drehte sich um und bemerkte, dass das Flugzeug nur noch wenige Meter hinter ihm war. Er zog den Besen vorne hoch und gewann dabei an Höhe. Das Flugzeug flog direkt unter Harrys Füßen durch. Wenn er auch nur einen Zeh gestreckt hätte, dann hätte er das Flugzeug berührt. Als das Flugzeug ihn passierte, dachte Harry, dass es schlimmer nicht kommen konnte, als beinahe von einem Flugzeug mitgenommen zu werden, doch er irrte sich. Schlimmer geht’s immer! Das Flugzeug hatte einen heftigen Sog hinter sich her gezogen. Harry geriet vorerst nur ein wenig herum getrudelt, doch dann wirbelte er plötzlich durch die Luft, dass er sich geradezu an seinen Besen klammerte um nicht abzurutschen. Als Harry den Sog überstanden hatte, flog er wieder weiter unten weiter. Er war nun etwa 20 Meter über den Dächern von London.