Liebe Elaea, Deine Skrupel bezüglich der Szene Voldemort-Jules sind völlig unbegründet. Es ist alles folgerichtig und logisch, die Gefühle präzise beschrieben und glaubhaft. Gerade die Ambivalenz der Szene ist beeindruckend - Jules wird gedemütigt und ist dennoch erregt und macht bereitwillig mit: So würde ich mir sexuelle Handlungen Voldemorts vorgestellt haben, wenn davon je die Rede gewesen wäre. Und der nachfolgende Initiationsritus macht die Sache noch grauenvoller und schlimmer - aber schildert genau die Situation, wie einer jungen Frau nach und nach ihre Autonomie ausgetrieben werden soll.
Wenn ich ähnlich wie Grünauge immer noch an der Tötungsszene stolpere, so nicht wegen der Tatsache an sich. Ich kann sogar die Faszination, die Jules durchflutet, nachvollziehen in dem Moment, wenn sie sich daranmacht, ihre Aufgabe ins Werk zu setzen: Die Macht zu verspüren, daß jemand auf Leben und Tod von ihr abhängig ist. Trotzdem - ein Körnchen Widerstreben müßte sie schon verspüren ... und nicht gerade fast einen Orgasmus dabei haben - zumindest nachdem sie ihre Opfer ein wenig als Personen hatte kennenlernen müssen. Daß das ohne einen Anflug von Reue oder Trauer vor sich geht, halte ich - nein nicht für verwerflich in einer Geschichte, aber für psychologisch schwer nachvollziehbar.
Sie unterscheidet sich ja zm Beispiel von einem grausamen Inquisitor oder einem faschistischen Schlächter. Diese entdecken in ihren Opfern ja stets Verkörperungen eigener unterdrückter Wünsche - und der größte Haß, zu dem ein Mensch fähig ist, ist der auf die Träger der Erinnerung an solche Wünsche, die andere phantastisch erwecken.
Die Juden zum Beispiel standen immer in der Phantasie ihrer mittelalterlichen oder neuzeitlichen Peiniger symbolisch für einen Widerstandsgeist und Stolz, der sich den geistigen Zumutungen der christlichen Religion nicht unterworfen hat. Das galt kollektiv selbst für den unterwürfigsten, geknechtetsten und in seiner Würde vernichteten Juden. Und deswegen ist es psychologisch nachvollziehbar (es ist schließlich Realität gewesen), wenn ein Inquisitor oder SS-Wächter tatsächlich Lustempfindungen beim Quälen seiner jüdischen Opfer hat.
Aber bei Jules? Sooo niedrig ist sie doch noch gar nicht gesunken. Deine Erklärung, daß ihrem Inneren Regungen der Unsicherheit und des Willens, erwachsen zu sein, zueinander im Widerstreit stehen, reicht mir als Erklärung noch nicht aus, um mir ihre Handlungen begreiflich zu machen.
Alles andere - einfach super. Sprache, Stil, Inhalt, Humor: wüßte nicht, was man daran aussetzen könnte. Bleibe unbedingt bei dem Dialogstil. Er paßt und macht großen Spaß zu lesen.