Inspiriert von den super schönen Lily und James Geschichten, die hier so zahlreich stehen, hab ich mich auch mal an einem Oneshot zu dem Thema versucht.
Ich hoffe, euch gefällt's und freue mich über Kommentare
Enjoy!
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James Potter lag zusammengerollt in einem Sessel nahe dem Kamin im Gryffindor-Gemeinschaftsraum und schlief. Sein Atem ging ruhig und gleichmäßig und seine geschlossenen Augen bewegten sich. Er träumte. An dem Lächeln, das seine Lippen umspielte, hätte ein Beobachter sehen können, dass es etwas sehr schönes war, von dem er träumte. Aber da war kein Beobachter, er war allein in dem großen Raum.
Sirius hatte sich mit der peitschenden Weide angelegt und musste die Nacht auf der Krankenstation verbringen. Remus erholte sich von der gestrigen Vollmondnacht. Er war bereits am frühen Nachmittag in sein Bett verschwunden und seitdem auch nicht mehr aufgetaucht. Peter hatte sich nach dem Abendessen zurückgezogen, er wolle noch einen Brief an seine Mutter schreiben, hatte er gesagt.
Da James nun keine Ablenkung mehr gehabt hatte, hatte er sich wenig enthusiastisch an den Aufsatz für Professor Slughorn gemacht, den er bis morgen fertig haben sollte. Aber es wurde immer später, der Gemeinschaftsraum immer leerer und James immer müder… Schließlich hatte er sich selbst erlaubt, die Augen kurz zu schließen – nur für fünf Minuten – und war seitdem nicht mehr aufgewacht.
Seine Träume waren aber auch zu schön! Ein ganz bestimmtes Mädchen tauchte darin auf. Mit roten Haaren und wunderschönen grünen Augen… Das Mädchen, dass ihn leider nur im Traum küssen wollte und ihn im realen Leben eigentlich ständig nur anschrie… Lily Evans.
In seinen Träumen jedenfalls küsste er sie. Er hielt sie in seinen Armen, er konnte ihren bezaubernden Duft riechen und er strich ihr sanft über ihr Haar.
Der Traum heute war besonders schön! Er träumte von ihrer Hochzeit! Sie trug ein atemberaubendes Kleid und war so hinreißend wie nie zuvor. Glücklich lächelte sie ihn an und er wusste, ‚das ist meine Frau! Ich liebe sie und sie liebt mich und wir werden glücklich sein, bis zu unserem Ende!’.
Sirius klopfte ihm dort im Traum stolz auf die Schulter. Er war sein Trauzeuge. ‚Siehst du, Krone, war doch gar nicht so schwer, oder?’ und James lachte glücklich.
Szenenwechsel.
Lily und James tanzten eng zusammen und sie schenkte ihm dabei ihr strahlendstes Lächeln.
Szenenwechsel.
James streichelte Lily über ihren Bauch; sie war schwanger!
Szenenwechsel.
James hielt ein Baby in seinen Armen, es hatte seine schwarzen Strubbelhaare und Lilys grüne Augen. Sein Sohn.
Szenenwechsel.
„LAUF LILY!!“ „Niemals! Ich lass dich nicht allein!“ „Lily, um alles in der Welt, du musst! Es ist zu spät! Ich bitte dich, nimm Harry und lauf!“
Szenenwechsel.
Ein grüner Lichtstrahl raste auf James zu…
Mit wild klopfendem Herzen und schweißnasser Stirn schreckte James aus dem Schlaf. Orientierungslos sah er sich um. Lily, wo war sie? Als sein Blick auf das immer noch prasselnde Kaminfeuer fiel, wurde ihm wieder bewusst, wo er war und dass das alles nur ein Traum gewesen sein konnte. Aber was für einer…
Er setzte sich aufrecht hin und lehnte sich dann tief in den Sessel. Sein Herzschlag beruhigte sich langsam wieder, als er nachdenklich in die Flammen schaute. Ein paar Minuten saß er so da, als ihn etwas aufhorchen ließ. Eilige Fußtritte näherten sich dem Raum und ein leises Schluchzen drang an seine Ohren. Die Tür wurde aufgerissen und jemand betrat schnell den Raum. Dieser jemand schluchzte wirklich herzzerreißend, da James aber mit der Sessellehne zur Tür gewandt saß, konnte er nicht sehen, wer hereingekommen war und er war sich ziemlich sicher, dass dieser Jemand ihn auch nicht sehen konnte.
Das Schluchzen klang auf einmal gedämpft, nahm aber nicht ab.
Langsam stand James auf und schaute in die Richtung, aus der die Geräusche kamen.
Er sah eine völlig aufgelöste Lily Evans, die im Nachthemd an der Wand kauerte und den Kopf auf ihre Knie gepresst hatte, die sie mit ihren Armen umschlungen hatte. Sie zitterte am ganzen Körper.
James schluckte. Ihr Anblick ließ auch ihn zittern. Am liebsten wäre er zu ihr gerannt und hätte sie an sich gedrückt, so lange festgehalten, bis sie sich wieder beruhigt hätte, aber er fürchtete, sie würde die Idee vielleicht nicht besonders gut finden. Also ging er langsam auf sie zu und sprach sie mit sanfter Stimme an:
„Lily? Nicht erschrecken, ich bin’s nur.“
Lily zuckte kurz zusammen und sah ihn an.
Er erwartete schon, dass sie ihn anschrie, er solle verschwinden, aber sie schrie nicht. Sie sagte überhaupt nichts.
„Was ist passiert? Kann ich dir irgendwie helfen?“
Sie schluchzte nur wieder und schüttelte den Kopf.
„Ist… ist Millie nicht hier? Ich dachte, sie wäre hier. Sie wollte doch noch hier bleiben, wegen Jonathan. Ist sie nicht hier?“, brachte sie schließlich hervor.
James verneinte. Was war bloß passiert, sie stand ja völlig neben sich!
„Lily“, sagte er ruhig, „komm, setz dich an den Kamin, dort ist es wärmer und auch bequemer, glaub mir.“
Er bot ihr seine Hand zum Aufstehen an. Lily zögerte kurz, ergriff sie dann aber und ließ sich von James zu einem Sofa am Kamin führen. Er griff nach einer Decke, die auf der Lehne des Sofas lag, und legte sie ihr sanft um die Schultern. Sie zitterte noch immer.
Besorgt setzte James sich neben sie und schaute sie stirnrunzelnd an. Sie starrte in die Flammen, wie auch er es vor ein paar Minuten noch getan hatte.
Eine Weile saßen sie so da und sagten nichts.
Schließlich fragte Lily ihn leise, ohne aber ihren Blick vom Feuer abzuwenden:
„Hast du schon mal eine Vision gehabt, James?“
Er staunte über die Frage genauso wie darüber, dass sie ihn beim Vornamen genannt hatte.
„Eine Vision? Nein, ich glaube nicht… woran erkennt man die?“
„Es ist wie ein Traum, nur viel realer. Du weißt, dass es passieren wird…“
James schwieg kurz.
„Und hattest du eine Vision, Lily?“
Sie nickte. James überlegte. Sein Traum vorhin war auch sehr real gewesen, angsteinflössend real… Konnte es sein, dass auch er eine Vision gehabt hatte?
„Was… was hast du gesehen, Lily?“
Sie wandte nun ihren Blick vom Feuer ab und ihm zu.
„Meine Tod.“, flüsterte sie. „Ich hatte ein Baby auf dem Arm, mein Baby. Ich hatte furchtbare Angst, er durfte ihm nichts tun! Ich musste es doch beschützen! Mein Baby…“
Wieder fing sie an zu schluchzen. Ohne nachzudenken, rückte James näher zu ihr und legte ihr seinen Arm um die Schultern. Und anstatt, dass sie ihn wegschubste, wie sie es sonst sicher getan hätte, schmiegte sie sich an ihn und legte ihren Kopf auf seine Schulter.
Er hielt sie im Arm und streichelte ihr über ihr Haar. Langsam, ganz langsam, entspannte sie sich wieder. Sie hörte allmählich auf zu zittern und auch die Schluchzer, die ihren Körper erschüttert hatten, nahmen langsam ab.
Sie saßen sehr lange so da. Und James hatte Zeit zu überlegen. Konnte das Zufall gewesen sein? Es war zu merkwürdig, um daran zu glauben. Je mehr er darüber nachdachte und je mehr er zu der Überzeugung kam, dass sowohl Lily als auch er heute Nacht in ihren Träumen einen Blick in die Zukunft geworfen hatten, desto mulmiger wurde ihm. Sie würden sterben, beide. Und nicht, wenn sie alt und grau waren.
Aber musste es so kommen? Oder war das nur eine Möglichkeit von vielen? Er glaubte nicht an Schicksal! Er war der festen Überzeugung, über sein Leben selbst bestimmen zu können! Und er konnte auch diese schreckliche Zukunft verhindern, dessen war er sich sicher. Er würde kämpfen! Niemand würde ihr Glück zerstören können, nein, niemand!
Er schaute auf Lily, deren Kopf nun auf seiner Brust lag. Sie hatte die Augen geschlossen, aber schien nicht zu schlafen.
„Lily?“, sagte er leise, „Ich habe heute nacht auch etwas geträumt.“
Ohne ihren Kopf von seiner Brust zu lösen fragte sie:
„Und was?“
„Wir beide kamen darin vor, weißt du? Wir waren sehr glücklich. Wir haben geheiratet und du warst die wunderschönste Braut, die es jemals gegeben hat! Wir waren eine richtige Familie. Und wir hatten ein Baby.“
Lily verkrampfte sich kurz bei diesen Worten. James streichelte ihr beruhigend über den Rücken.
„Aber dieses Baby ist groß geworden! Ein großer Junge, mit deinen Augen und.. naja, den Rest hatte er wohl von mir! Und er war sehr stark und tapfer und klug und gerecht! Und… und am Ende meines Traums saßen wir beide in einem Garten. Ein schöner, großer Garten. Und weißt du, was wir dort gemacht haben Lily?“
„Sag es mir, James.“
„Wir haben dort mit unseren Enkelkindern gespielt. Wir waren beide alt. Und grau und runzlig, aber du warst immer noch die schönste aller Frauen…“
Langsam löste sich Lily von ihm und sah ihm nun ins Gesicht. Sie lächelte. James Herz machte einen Aussetzer, Lily Evans lächelte ihn an. Und das, nachdem er ihr eine Geschichte erzählt hatte von ihrer gemeinsamen Zukunft.
Sie hob ihre Hand und fuhr ihm damit langsam durch die Haare.
„Das… hört sich wunderschön an, James Potter.“, sagte sie und lächelte jetzt unsicher.
Aber dann zog sie ihn zu sich heran und küsste ihn. Und jeder Zweifel war verflogen.