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[HP] Zwillinge mischen auf - schon bei Rumtreibers

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[HP] Zwillinge mischen auf - schon bei Rumtreibers

Beitragvon Probator » Mo 21 Jul, 2008 18:27

Nicht nur Fred und George Weasley wurden oft miteinander verwechselt. Auch zur Zeit der Rumtreiber gab es ein Zwillingspaar - allerdings weiblich und im Wesen sehr unterschiedlich. Ehrgeizig und intelligent waren sie aber beide.

Was der Prolog mit der Geschichte zu tun hat, wird sich erst zeigen.

Prolog
Diana Hawkins konnte sich noch genau an den Augenblick erinnern, als sie zum ersten Mal ihre Fähigkeiten bemerkt hatte: Sechs Jahre war sie damals alt gewesen. Sie hatte mit ihrem, wie sie damals geglaubt hatte, älteren Bruder George an einem Hang Verstecken gespielt. Sie hatte nach oben geschaut und festgestellt, dass George sie sofort sehen würde, wenn er an den Rand des Abhangs käme. Schnell hatte sie ein neues Versteck gesucht und war dabei auf dem nassen Gras abgerutscht. Dabei war sie gegen einen Felsen gestoßen und plötzlich durch die Luft geschwebt. George hatte sie natürlich gesehen und hatte „Zauberei“ geschrieen. Auch ihrer Mutter hatte er es erzählt.

Nach dem Abendessen hatte die Mutter Diana in die Küche geholt, George aber hinausgeschickt. „Du bist also wirklich durch die Luft geschwebt?“, hatte sie mehr festgestellt als gefragt.
Diana hatte genickt. „Ich weiß auch nicht wie, Mum. Ich hab gedacht, ich bin tot, als ich gegen den Felsen gekracht bin.“
Die Mutter hatte geseufzt: „Es musste irgendwann kommen. Di, ich muss dir etwas sagen: Ich bin nicht wirklich deine Mutter und Tom – sie nahm eine Fotografie von der Hand und küsste sie – war nicht dein Vater.“
„Hat mich der Storch falsch abgeliefert?“, hatte sie gefragt. Damals war es undenkbar für eine Sechsjährige gewesen, zu wissen, wie Kinder wirklich entstanden Und was ist mit George – ich meine, meinem Bruder?“
Ihre Mutter hatte den Kopf geschüttelt: „George ist wirklich mein Sohn und Dads Sohn. Du bist die Tochter einer Hexe.“
„Was?“ Diana hatte Angst gehabt. Waren Hexen nicht böse Wesen? „Ich bin die...“
„Ich kann mir denken, Di, was du sagen willst. Deine Mutter war keine böse Hexe. Sie hat mir und George damals das Leben gerettet – und wenn Dad, wenn Tom, nicht so stur gewesen wäre“ Sie hatte begonnen, zu weinen, „könnte er auch noch leben.“
„Wie..? Wieso...?“

„Die Geschichte ist acht Jahre her. Wir lebten damals im Schloss meiner Schwiegereltern, also Georges Großeltern. George war gerade geboren. Eines Tages im Frühjahr tauchte ein junges Mädchen bei uns auf. Sie stellte sich als Minerva McGonagall vor. Sie warnte uns davor, dass jemand Tom umbringen wollte. Toms Eltern wollten erst das Haus von der Polizei schützen lassen, aber sie sagte, die Polizei würde nichts nützen. Zum Beweis zog das Mädchen einen Zauberstab und ließ die gesamte Einrichtung unseres Salons verschwinden. Wir waren erschrocken, aber sie hat alles wieder hergezaubert.
„Dasselbe kann euch passieren“, sagte sie. „Ein Zauberer will euch umbringen. Er behauptet, Ihr Sohn zu sein, Mr. Riddle.“
Tom weinte. Es war das erste Mal überhaupt, dass ich ihn weinen gesehen habe. Er gestand, dass siebzehn Jahre vorher eine Hexe ihm einen Liebestrank gegeben hatte. Er hatte sie geheiratet und mit ihr einen Sohn gehabt. Als der Trank nachgelassen hatte, hatte er sie verlassen.
„Wir können Sie hier nicht schützen, Mr. und Mrs. Riddle!“, sagte die Frau. „Aber wir haben ein Versteck für Sie vorbereitet.“
Sie brachte George und mich hierher. Tom wollte am nächsten Tag noch einiges mit seinen Eltern besprechen. Vermutlich haben die ihm ausgeredet, mit uns zu kommen – sie glaubten trotz allem nicht an Hexerei. Zwei Wochen später kam Minerva wieder und erzählte uns, dass Tom und seine Eltern ermordet worden waren.
So wuchs George hier in diesem Haus auf. Minerva und ein älterer Zauberer, ein Mr. Dumbledore, versorgten uns mit Nahrung. Sie hatten unser Haus versteckt, das heißt, niemand konnte es finden, dem Minerva es nicht zeigte.

Anderthalb Jahre später kam Minerva erneut völlig aufgelöst zu mir: Sie war – schwanger.“
„Was ist das?“
„Sie erwartete ein Kind. Di, Kinder werden nicht von Störchen gebracht. Sie wachsen im Bauch der Mutter; eine Frau wird schnell dicker, wenn sie ein Kind erwartet. – Nun ja, Minerva bat mich, hier versteckt bleiben zu können. Sie trug einen Unsichtbarkeitsmantel, wenn sie sich draußen mit jemand traf oder Essen besorgte. Einige Monate später kam das Kind zur Welt. Und dieses Kind, mein Schätzchen, warst du.“
„Dann ist Tante Minerva, die letztes Weihnachten kurz da war, meine Mutter?“, hatte Diana gefragt.
„Ja, das ist sie. Sie hat mir und meinem Sohn das Leben gerettet, und so tat ich ihr den Gefallen und nahm sie auf. Sie sagte mir, dein Vater könne sich nicht um dich kümmern. Sie hat mir nie erzählt, wer dein Vater ist, aber ich bin sicher, es ist Mr. Dumbledore.
Er war es, der mich bat, dich als meine Tochter zu erziehen. Dafür hat er uns immer wieder Geld, Kleidung und Nahrung gebracht, wenn Minerva es nicht selbst tun konnte.
Du bist also als meine Tochter und Georges Schwester aufgewachsen. Minerva hat mir natürlich erzählt, dass du vermutlich irgendwann ‚magische Fähigkeiten’ wie man sagt, haben wirst. Dieser Moment ist jetzt da.“
Ihre Mutter, oder besser Georges Mutter, hatte ein dickes, gelbliches Papier, damals hatte Diana noch nicht gewusst, dass es ein Pergament war, aus der Schublade geholt und einen Brief geschrieben:
Liebe Minerva,

heute hat Diana zum ersten Mal magische Fähigkeiten entwickelt: Als sie beim Spielen an einem Hang abgerutscht ist, schwebte sie plötzlich durch die Luft und landete unverletzt 40 Meter tiefer auf dem Boden.
Sie und George haben gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Ich habe ihr alles gesagt. Was tun wir nun weiter?

Liebe Grüße
Deine Samantha


Schon am nächsten Tag war Dianas leibliche Mutter gekommen. Sie hatten einen Spaziergang gemacht, bei dem Diana vieles erfahren hatte: Dass Mr. Dumbledore wirklich ihr Vater und Lehrer an der berühmtesten Zaubererschule der Welt war. Dass er damals, als ihre Mutter mit Diana schwanger gewesen war, einen gefährlichen Schwarzmagier gesucht hatte und erst nach Dianas Geburt glücklich heimgekommen war. Wie sich ihre Mutter wegen des unehelichen Kindes geschämt hatte.
Bei dem Spaziergang hatte Dianas Mutter sie auch angewiesen, weitere magische Fähigkeiten zu versuchen: Diana gelang es, Blumen dazu zu bringen, sich öffnen und schließen zu lassen. Sie konnte auch Steine schweben und Gras violett werden lassen.

Wenige Tage später war auch Dianas Vater gekommen. Diana und George hatten mit seinem langen Bart gespielt und auch er hatte ihre Fähigkeiten getestet. „Du bist weit für eine Sechsjährige“ hatte er gesagt. „Fast zu weit. Wir werden dir beibringen müssen, deine Fähigkeiten zu kontrollieren.“
Ihre Mutter sah Diana nun fast jedes Wochenende und auch ihren Vater mindestens einmal im Monat. Er konnte sich nicht öfter von Hogwarts entfernen, ohne dass es aufgefallen wäre. Als sie acht Jahre alt gewesen war beherrschte Diana einfache Verwandlungen, mit neun konnte sie auf einem Besen fliegen und mit noch nicht einmal zehn Jahren besiegte sie Hinkepinke und Irrwichte – das alles ohne Zauberstab, da sie diesen erst mit zehn Jahren bekam.

Ihre Eltern entschieden sich nach langem Überlegen dagegen, Diana nach Hogwarts gehen zu lassen. Zum Einen fürchtete ihr Vater, sie könnte dort zu viel über ihre Familie erzählen und so ihre Stiefmutter und ihren Stiefbruder gefährden, zum anderen waren Dianas magische Fähigkeiten denen ihrer Altersgenossen so weit überlegen, dass ihre Mutter der Meinung war, sie könne sich in Hogwarts nur langweilen.
Diana erhielt jede Woche von ihren Eltern oder deren Bekannten magischen Unterricht, in den Ferien intensiver. Auch ausländische Zauberer kümmerten sich um sie, sodass sie und auch ihr Stiefbruder George, der zwar nicht magisch, aber dafür in Sprachen äußerst begabt war, bis sie erwachsen waren fließend Deutsch, Spanisch, Italienisch und Russisch sprachen. Diana verstand und sprach außerdem die Schlangensprache Parsel sowie die Sprache der Kobolde.

Sie entwickelte sich zur vollsten Zufriedenheit ihrer Eltern und anderer Zauberer, doch Dianas größter Wunsch war es, ihre magischen Fähigkeiten eines Tages mit George teilen zu können. Sowohl ihr Vater als auch alle anderen Zauberer, die sie kennen gelernt hatte, hatten ihr erklärt, dies sei unmöglich. Doch sie wusste nur zu gut, dass es auch Zauber gab, die nur ganz wenige Zauberer beherrschten und von denen alle anderen dachten, sie seien unmöglich. Ihr Vater konnte sich beispielsweise ohne Tarnumhang unsichtbar machen, was er ihr beigebracht hatte, als sie dreizehn war. Sie selbst war als Kind schon geschwebt, obwohl es hieß, kein Zauberer könne ohne Hilfsmittel fliegen. Diana hatte es lange versucht und in der Schulbibliothek von Hogwarts, die sie in den Ferien gelegentlich unter Aufsicht eines Elternteils besuchen durfte, geübt.

Mit fünfzehn Jahren hatte sie den Zauber gefunden. Wenige Wochen danach hatte sie George, der sich keine Feigheit nachsagen lassen wollte, auf eine einsame Insel mitgenommen. Um nicht aufzufallen, hatte sie sich und ihn unsichtbar gemacht. Auf dieser Insel hatten sie sich zum ersten Mal geküsst. Im Dorf in der Nähe ihres Hauses galten Diana und George weiter als Geschwister, als Kinder einer exzentrischen Dame, die sie weitgehend von den Menschen fernhielt. So hatten sie zwei Jahre lang ihre Zuneigung zueinander verborgen.

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Beitragvon Nyrociel Visalyar » Mi 30 Jul, 2008 13:08

Hm..... noch kein Kommi zu deiner Story?

Also den Prolog find ichs chonmal gar nich so schlecht xD
Scheint eine Liebesgeschichte zu werden was?

hmh ... Ich finde die zusammenhänge erstaunlich ... George der Halbbruder von Voldemort und die Tochter von Dumbledore xD interessant.

Auch wenn ich das Pairing McGonegal & Dumbledore nicht so toll finde i-wie naja egal ...

Schade finde ich das Diana nicht nach Hogwarts kommen soll. Es wäre bestimmt interessant geworden bei dem Character des Mädchens.

Ich bin mal gespannt wie das 1. Kapitel danna ussehn mag.

//Edit: mir fällt gerade auf ... wasn eigendlich mit dem 2. Zwilling?

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Beitragvon Probator » Sa 02 Aug, 2008 00:42

Hallo Nyriocel

danke für den Kommentar! Der zweite Zwilling - naja, bisher kennst du noch nicht einmal den ersten ;)

Aber genug Vorrede, hier ist das 1. Kapitel
************************************************************

Die beiden Mädchen fielen am Bahnhof King’s Cross kaum auf. Es war richtig gewesen, sich in Jeansanzügen und Plateauschuhen durch die Muggelwelt zu bewegen. Die meisten Mädchen in ihrem Alter trugen ähnliches Outfit. Da sie statt der in Hogwarts üblichen Schrankkoffer einigermaßen handliche Reisetaschen bei sich hatten, sahen sie aus wie Muggelmädchen, die unterwegs zu Freunden oder den Großeltern waren.
Ihre ebenmäßigen Gesichter und ihre leicht gewellten, langen, schwarzen Haare waren völlig identisch. Da sie außerdem gleiche Kleidung und identische Taschen trugen, hätte ein Außenstehender sie niemals unterscheiden können.
"Wo war es nochmal? Gleis 9 3/4, oder?", fragte Rafaela ihre Schwester.
"Klar, Mensch! Schau doch!" Nun sah auch Rafaela die Menschen hinter der Mauer stehen. "Los! Sie haben gesagt, Muggel dürfen uns nicht sehen! Verlieren wir keine Zeit!"
Sie rannten los und gelangten auf das Gleis.
Da sich offenbar die meisten Menschen, die auf diesem Gleis standen, untereinander kannten, drehten sich fast alle nach den ausnehmend hübschen Zwillingen um.
Da Rafaela und Uriella niemanden kannten, stiegen sie ohne sich umzuschauen in den Zug ein.

Die Zwillinge drängten sich durch den Zug. „Da, die sind bestimmt aus der ersten, die Zwerge!“, rief Uriella, als sie auf ein volles Abteil stießen. „Das kriegen wir frei!“
Sie hob die Hand.
„Nicht, Uri!“, mahnte Rafaela.
„Ach komm! Was soll schon passieren? Diese Idioten merken doch nichts, solange man den Zauberstab nicht verwendet. Und ich will diese Typen ja nicht umbringen.“
Rafaela blockte den Fluch ihrer Schwester. Da andere Schüler hinterher drängten, gingen die beiden weiter, denn beide wollten nicht unnötig auffallen.
Sie fanden schließlich ein Abteil, in dem vier Jungen saßen, die übrigen Plätze aber noch frei waren.
„Habt ihr noch zwei Plätze frei?“, fragte Rafaela höflich.
„Für so hübsche Mädels immer“ antwortete einer der Jungen. Er hatte halblange, schwarze Haare und gefiel Rafaela auf Anhieb.
„Hier seid ihr gut aufgehoben“, sagte ein anderer. Auch er hatte schwarze Haare, doch diese waren kurz und struppig. „Wir sind die Elite von Gryffindor und ganz Hogwarts. Ich bin übrigens James und das ist Sirius und das“ – er deutete auf den größten der Jungen – „ist Remus und hier ist Peter.“ Der vierte der Jungen saß still in einer Ecke.
Rafaela widerstand der Versuchung, sofort in den Gedanken der vier zu lesen. An Uriellas Gesicht erkannte sie, dass diese weniger Skrupel hatte.

„Wer seid ihr eigentlich? Wie Erstklässlerinnen seht ihr nicht aus“, fragte Sirius.
Rafaela schüttelte den Kopf: „Bisher hat uns unsere Mutter zu Hause unterrichtet, aber...“ sie musste weinen, wenn sie daran dachte.
„...der Dunkle Lord hat unsere Eltern getötet. Unser Vater war ein Muggel und das war wohl Grund genug“, vollendete Uriella.
„Oh Mann, das tut mir leid!“, bedauerte Remus die beiden. Auch die drei anderen schlossen sich an.
„Ist in Ordnung“, versuchte Uriella, sich cool zu geben. „Auf jeden Fall: Jetzt haben sie uns nach Hogwarts geschickt. Bin schon gespannt, in welches Haus und welchen Jahrgang wir kommen.“
„Ich bin übrigens Rafaela – oder Rafa oder Raph – und meine Schwester heißt Uriella oder Uri“, stellte Rafaela sich vor.
„Freut mich, Rafa!“, sagte Sirius und gab ihr die Hand. „Ich hoffe doch, nach Gryffindor!“
„Ich auch“; antwortete das Mädchen. „Man sagt, die Gryffindors zeichnen sich durch besonders großen Mut aus und viele Helden der Zaubererwelt waren dort, so wie – Dumbledore, oder?“
„Das stimmt“, bestätigte James. „Und auch meine ganze Familie. Vielleicht sagt euch auch der Name Charles Potter etwas?“
„Komm, Krone, nicht jeder kann deine Eltern kennen!“, wiegelte Sirius ab, doch Rafaela antwortete: „Doch, das ist doch der Chef des Aurorenbüros. Ich habe von ihm gelesen. Er hat Rormond Lestrange im Duell besiegt, oder? – Das ist dein Vater?“
Die Jungen saßen mit offenem Mund da: „Kennst du die Geschichte der Zaubererwelt auswendig?“, fragte Remus.
„Hab zufällig davon gelesen. Lestrange soll ein ziemlich schlimmer Schwarzer Magier und Grindelwalds Mann in England gewesen sein.“
„Und seine Söhne sind beziehungsweise waren in Hogwarts – in Slytherin natürlich“, gab Sirius den Wissenden. „Und können gar nicht abwarten, für den Dunklen Lord zu arbeiten.“
„Wenn wir gerade von Häusern sprechen – ich muss, Sorry Kumpels, bitte um Entschuldigung, die Damen“, sagte Remus und stand auf.

„Auf Wiedersehen, Herr Vertrauensschüler“, riefen James und Sirius.
„Er muss in diesem Jahr auf uns aufpassen“ erklärte Sirius den Mädchen. „Ein Glück, dass es mich nicht erwischt hat. Müsste ich viel zu brav sein!“
Obwohl sie sich gar keine besonders große Mühe gab, las Rafaela in seinen Gedanken vom letzten Streich, als sie das Essen eines Slytherin mit einem Gewürz versetzt hatte, das diesen für eine Stunde in einen Affen verwandelt hatte.
„Erzähl ruhig, was du angestellt hast. Dir brennt doch was auf den Nägeln“, forderte Rafaela ihn auf.
Sirius erzählte bereitwillig von seiner Privatfehde mit einigen Slytherins und schmückte diese um eine Reihe weitere Erlebnisse aus. Rafaela lachte darüber und tat, als ob sie alles glaubte, sogar, dass Sirius Mitschüler durch stumme Flüche dauerhaft verwandeln konnte. Uriella blieb still. Auch ein Versuch Rafaelas, in das Gedächtnis ihrer Schwester einzudringen, misslang.

Während die Fahrt weiter ging, fragte Sirius Rafaela immer mehr aus. Diese musste sich konzentrieren, ihm nicht zu viel zu erzählen. Dass ihre Eltern aus England stammten, weshalb sie und ihre Schwester fließend Englisch sprachen, durften die Jungen ja wissen, aber allzu genau durfte sie nicht von ihrer Abstammung berichten.
Sirius erzählte auch von sich, dass er ziemliche Probleme mit seinen Eltern hatte, die ihn lieber in Slytherin gesehen hätten und Muggelstämmige für Abschaum hielten.
„Toll, dass du anders denkst“, sagte Rafaela, ehrlich froh. „Ich bin ja auch nicht reinblütig. Und deshalb hat Voldemort meine Eltern getötet.“
Sirius zuckte zusammen, als sie den Namen nannte: „Und du bist ganz schön mutig, weißt du das!“, lobte er sie.
„Da kannst du dir eine Scheibe abschneiden, Tatze“, mischte sich James ein. „Papa sagt, wir sollen uns ruhig trauen, den Namen zu nennen – Je mehr Angst Voldemort verbreiten kann, desto stärker ist er.“
„Ich habe natürlich Angst vor ihm. Immerhin hat er meine Eltern umgebracht.“
„In Hogwarts bist du sicher“, tröstete Sirius sie. „Und wir sind ja auch noch bei dir.“ Er legte seinen Arm um ihre Schultern.
Rafaela versprach sich zwar wenig von seinem Schutz – wenn Voldemort eine Hexe der Klasse ihrer Mutter getötet hatte, würde er Sirius erst recht umbringen können, wenn ihm der Sinn danach stand – doch sie genoss es, dass der Junge sich für sie interessierte. Sie war noch nie verliebt gewesen, zumal es in Spanien verboten war, dass Jugendliche Zärtlichkeiten austauschten. Sie wusste nicht, ob die Zauberer das so streng sahen wie die Muggel, da sie wenig Kontakt zur magischen Welt Spaniens hatte, aber sie glaubte nicht, dass es so selbstverständlich zuging wie offensichtlich in England. Sie schob ihren Arm hinter Sirius’ Rücken und sie genossen die Zweisamkeit.

James versuchte inzwischen sein Glück bei Uriella, doch die blieb abweisend: „Ich bin nicht wie eine der Schlammblüterinnen, die auf dich fliegen!“, rief sie laut. James erschrak über das Wort und auch Sirius und Rafaela ließen einander los.
„Was bist du denn für eine?“, schrie Sirius sie an. Rafaela warf der Schwester einen bösen Blick zu. Warum gebrauchte sie solche Wörter und warum sprach sie laut aus, was sie offenbar in James’ Gedanken gelesen hatte?
„Habt ihr etwa nicht jedes zweite Mädel in Hogwarts abgeknutscht? Und war es euch etwa nicht egal, ob es Schlammblüterinnen waren?“, legte Uriella nach.
„Und wenn? Denk daran, dass du auch nur halbblütig bist, Schwesterherz“, schimpfte Rafaela.
„Auf jeden Fall könnt ihr euch merken, dass ich mit euch nichts anfangen werde“, blaffte Uriella Sirius und James an.

Remus beendete den Streit unabsichtlich, indem er aufforderte, die Schuluniformen anzuziehen. Rafaela und Uriella gingen den anderen Mädchen nach. Einfach ein neues Outfit zu zaubern, wäre zu sehr aufgefallen.
„¿No has visto lo que el piensa?“, zischte Uriella ihrer Schwester auf Spanisch zu: „Hast du nicht gesehen, was er denkt?“
„No más que otra chica – imagínate, tu sólo una de muchas para él“ (Nur ein Mädchen mehr – stell dir vor, du bist nur eine von vielen für ihn).
„Da igual – ¿Quién te dice que él va a ser mi novio? (Wer sagt dir, dass er mein Freund sein wird?), gab Rafaela zurück und schaltete bei allem, was ihre Schwester ab jetzt sagte, auf Durchzug.

Endlich kam der Zug zum Stehen. Vor ihnen standen eine Reihe von Kutschen, die von seltsamen Wesen gezogen wurden: Schwarze Pferde mit Drachenköpfen, die so dünn waren, dass man ihre Knochen sah.
–„Was sind das für Wesen?“, fragte Rafaela Sirius.
–„Was meinst du?“
–„Na, vor den Kutschen.“
Sirius tat, als ob er nichts erkennen könne. Rafaela konnte der Versuchung nicht widerstehen und drang in sein Gedächtnis ein. Es stellte sich heraus, dass er wirklich glaubte, die Kutschen bewegten sich ohne Zugtiere.
Was hatte es mit diesen Tieren auf sich? Sie nahm sich vor, es herauszufinden.
Rafaela drängte mit Sirius, James und Peter in eine Kutsche und war froh, dass ihre Zwillingsschwester in eine andere stieg.

Das Schloss war riesig und wunderschön. Sie nahm sich vor, es möglichst bald zu erkunden; möglichst, bevor Uriella es tun konnte.
Professor McGonagall empfing die Schüler. Es war ausgemacht, dass die Zwillinge tun sollten, als ob sie sie nicht kannten.Sie wurden in eine riesige Halle geführt, wo McGonagall einen alten Hut auf einen Stuhl legte.
Der Hut sang ein Lied über die Qualitäten der vier Häuser. Danach musste jeder Erstklässler den Hut aufsetzen, der ihn einem der Häuser zuwies.
„Nun, dieses Jahr haben wir zwei Neuzugänge, die bisher anderswo unterrichtet wurden“, stellte die stellvertretende Schulleiterin fest. „Bei Ihnen wird der Hut nicht nur das Haus, sondern auch den Jahrgang feststellen. Also: Halcón, Rafaela“
Rafaela setzte den Hut auf. Sofort hörte sie ein Flüstern im Ohr: „Schwierig. Du hast die Intelligenz einer Ravenclaw – oder Slytherin: Du könntest durch deinen Ehrgeiz groß werden“
„Bitte nicht!“, dachte Rafaela.
„Nicht Slytherin? Gut, Gryffindor käme auch in Frage. Du bist mutig, ohne Zweifel. Und dein Jahrgang? Dem Alter nach kämst du in die dritte. Nein, dafür bist du zweifellos zu weit!
Also: GRYFFINDOR, vierte Klasse!“
Der Tisch, an dem James, Sirius, Peter und Remus saßen, klatschte Beifall. Sirius hatte ihr sogar einen Platz neben sich freigehalten. Sie setzte sich.
„Halcón, Uriella“, rief McGonagall. Uriella setzte den Hut auf, der bald „Slytherin, vierte Klasse“, rief.

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Beitragvon Probator » Fr 31 Okt, 2008 01:27

Rafaela sah gerade noch, wie ihre Zwillingsschwester sich an den Slytherintisch setzte, als schon die herrlichsten Speisen aus dem Nichts auftauchten. Sie wollte eigentlich nicht zu viel essen, aber die Speisen sahen zu gut aus. Vieles kannte sie auch nicht wirklich, wie den Fleischauflauf, den die anderen Pudding nannten.
Sie versuchte von allem und fast alles schmeckte ihr, doch irgendwann hatte sie genug.
Nach dem Essen erhob sich Professor Dumbledore.
„Ich darf Ihnen unsere neue Lehrerin für Verteidigung gegen die Dunklen Künste, Professor Prewett, vorstellen.“ Eine füllige, ältere Dame erhob sich.
„Die Häuser sind Ihre Familien in Hogwarts und die Hauslehrer, Professor McGonagall für Gryffindor, Professor Sprout für Hufflepuff, Professor Flitwick für Ravenclaw und Professor Slughorn für Slytherin Ihre Ansprechpartner bei irgendwelchen Problemen.
Für gute Leistungen werden die Häuser mit Pluspunkten belohnt.
Im Übrigen kennen Sie ja die Schulregeln. Der Verbotene Wald trägt seinen Namen nicht umsonst“ er sah Sirius und James scharf an, worauf James halblaut „Ja, Chef“, zischte. „Weitere Verbote sind beim Hausmeister, Mr. Filch, einzusehen. Verstöße gegen die Schulordnung können mit Punktabzügen für Ihre Häuser bestraft werden. Hier sehen Sie die Stundengläser, in denen der Punktestand erkennbar ist.“

Professor McGonagall trat an den Gryffindortisch und verteilte die Stundenpläne. Danach standen Remus und ein Mädchen mit roten Haaren und mandelförmigen, grünen Augen auf: „Erstklässler bitte mit uns kommen!“, sagte das Mädchen mit freundlicher Stimme. „Wir zeigen euch den Weg zum Gemeinschaftsraum.“
„Ra – Miss Halcón, wenn Sie bitte folgen würden!“, forderte Professor McGonagall Rafaela auf.
„Wir können ihr auch den Weg zeigen, Professor!“, bot Sirius sich an.
„Und sie nebenher zu Dummheiten anstiften oder irreführen – oh nein, Mr. Black!“, widersprach sie entschieden.
Rafaela verbarg ihren Ärger. Als ob sie sich so leicht irreführen ließe! Dennoch folgte sie den Erstklässlern, nicht ohne zu bemerken, dass ihre Schwester, die mit den älteren Slytherins am Tisch sitzen blieb.
Ganz ungefährlich war der Weg nicht, wie Rafaela bemerkte: Einige Stufen mussten übersprungen werden, die Treppenhäuser wechselten die Position und im zweiten Stock gab, wie Remus erklärte, sogar eine Platte nach, wenn man darauf trat. Für Rafaela bedeutete das keine wirklichen Gefahren, doch sie war froh, es alles erklärt zu bekommen.
Vor dem Bild einer Fetten Dame blieb Remus stehen. „Das Passwort ist „Hippogreif“. Das müsst ihr jedes Mal sagen, wenn ihr hier hinein wollt“, erklärte er den Erstklässlern.

Der Gemeinschaftsraum mit seinen gemütlichen Sesseln gefiel Rafaela auf Anhieb. Hier konnte man bequem sitzen; es gab sogar Nischen, wo man einigermaßen ungestört war.

Da kam auch schon das Mädchen, das mit Remus zusammen die Neulinge geführt hatte, wieder zurück.
„Hi! Ich bin Lily Evans“ begrüßte sie Rafaela. Auch die stellte sich vor.
„Du hast ja schon die schlimmsten Leute in Gryffindor hautnah kennen gelernt. Vor Potter und Black ist niemand sicher, vor allem kein Mädchen. Also, pass auf dich auf!“
„Da mach dir mal keine Gedanken! Ich bin nicht so leicht zu haben“, beruhigte Rafaela sie.
Die beiden Mädchen kamen ins Gespräch. Rafaela erfuhr, dass Lily muggelstämmig war. „Meine Eltern haben erst gedacht, es war ein Witz, als wir den Brief bekamen. Dann haben sie mich aber total unterstützt – ganz im Gegensatz zu meiner Schwester. Die ist ein richtiges Ekelpaket.“
Rafaela streckte ihr die Hand hin. „Da haben wir was gemeinsam. Bloß ist die meine auch hier – in Slytherin. “
„Hab ich mitgekriegt.“ Aus irgendeinem Grund wurde Lily traurig.
Rafaela zwang sich, nicht in ihre Gedanken zu schauen.
„Sind die Slytherins echt alle so schlimm?“, fragte sie statt dessen.
„Ich kenne einen Jungen, der eigentlich ganz in Ordnung ist. Aber er wird jeden Tag, den er hier ist, komischer. Es gibt dort viele Reinblutfanatiker und er hängt sich an die dran.“
Wenigstens darin schien Lily sich mit James und Sirius einig zu sein.

Als Rafaela und Lily aufstehen wollte, kamen schon die anderen Schüler. James ging schnurstracks auf Lily zu. „Na, schöne Ferien gehabt, Miss Evans?“
„Klar, ich hab ja dein Gesicht nicht gesehen, Potter!“, gab die zurück und lief in ihren Schlafsaal, während Sirius auf Rafaela zuging. „Ich zeig dir morgen was“, versprach er. „Aber das muss ein Geheimnis unter uns bleiben.“ Er umarmte sie.
Rafaela erwiderte zwar die Umarmung, wollte aber sicher gehen und drang zum ersten Mal bewusst in Sirius’ Gedanken ein. Sie merkte, dass sie ihm ernsthaft gefiel, doch schien er sich selbst noch nicht ganz klar zu sein, ob sie nur eine Trophäe mehr sein würde oder ob er sie wirklich liebte.
Mit sich spielen wollte sie nicht lassen, doch vielleicht würde Sirius es doch eines Tages eindeutig ernst meinen.

Sie hatte den bösen Blick eines Mädchens mit halblangen, blonden Haaren gar nicht bemerkt. Als Rafaela hinter diesem Mädchen den Schlafraum der Viertklässlerinnen betrat, zog das Mädchen den Zauberstab. „Lass gefälligst deine Dreckfinger von Sirius, du Missgeburt! Das ist mein Freund!“, blaffte sie Rafaela an.
Die war erschrocken, erkannte aber noch rechtzeitig, dass die andere sie schocken wollte. Sie streckte die Hand aus und der Zauberstab des anderen Mädchens schwebte in dieselbe.
„Was...was hast du gemacht? Gib mir sofort meinen Zauberstab wieder!“ kreischte die andere und sprang Rafaela an. Die hatte keine Lust auf eine Schlägerei und baute ein magisches Feld um sich auf, sodass die andere zurückgeschleudert wurde und zu Boden fiel.
„Du kannst deinen Stab wieder haben“, sagte Rafaela gnädig. „Aber du lässt mich in Ruhe. Ich verstehe, dass du dich ärgerst, aber ich habe noch gar nichts mit Sirius gemacht. Und glaub mir, ich kann auch anders!“
Die andere traute sich nicht mehr, Rafaela anzugreifen. Dafür sprach ein anderes Mädchen Rafaela im Waschraum an: „Das war Klasse!“, lobte sie. „Nancy glaubt immer, sie ist was besonderes – und redet sich ein, dass Sirius sie liebt. In Wirklichkeit gibt der sich mit so einem Schleim wie ihr nicht ab.
Aber pass auf! Die kann ziemlich fies sein!“
„Ich hab `ne fiese Schwester, da bin ich einiges gewohnt“, wiegelte Rafaela ab. Verglichen mit Uriella war diese Nancy für sie keinerlei Problem, wenn ihr Angriff von vorhin alles war, was sie auf Lager hatte – und ein kurzer Blick in Nancys Gedanken bestätigte dies.

Rafaela erfuhr noch die Namen der anderen Mädchen: Die sie im Waschraum angesprochen hatte, hieß Kate, ein anderes Mädchen mit sehr langen, dunkelblonden Haaren Donna.
Lange konnte sie nicht einschlafen und kurz nach Mitternacht wachte sie von einem Alptraum auf, in dem ihre Schwester durch das Schloss schwebte und jeden Muggelstämmigen, den sie sah, tötete.
Rafaela war sich nicht sicher, was diese Träume zu bedeuten hatten. Einmal hatte sie schon mit ihrer Mutter darüber gesprochen, doch auch diese hatte nichts gewusst und schließlich ihrem Vater recht gegeben, der glaubte, ihre Träume seien nur eine Art, ihren Streit mit Uriella zu verarbeiten.
Rafaela war sich nicht sicher: Sie hatte in letzter Zeit zweimal geträumt, dass ihre Schwester bei Voldemort war. Obwohl sie Voldemort nur auf Bildern gesehen hatte, sah sie ihn damals deutlich vor sich. Aber Uriella – ja, sie war ein Ekel. Aber dass sie zu Voldemort ging und dass der sich mit einem dreizehnjährigen Mädchen abgab? Und was hatte das mit dem Tod ihrer Eltern zu tun?
Lange konnte sie nicht wieder einschlafen, erwachte aber dennoch pünktlich und war auch einigermaßen munter beim Frühstück.

In der ersten Stunde hatten die Viertklässler Verwandlungen. Rafaela bemühte sich, Professor McGonagall nicht in die Augen zu schauen. Diese ließ sich ebenfalls nichts anmerken.
„Wir werden heute Igel in Nadelkissen verwandeln. Die Verwandlung eines Lebewesens ist immer schwierig und erfordert höchste Konzentration“, ermahnte sie die Schüler.
Mit Igeln hatte Rafaela es noch nicht versucht, aber sie hatte schon vor drei Jahren die Ratten, die es überall in der Nähe ihres Hauses gab, verwandelt. Letztes Jahr hatte sie einen Stier in einen Baum verwandelt, was ihr allerdings nicht ganz gelungen war – ihre Mutter hatte den Zauber letztlich wieder rückgängig gemacht. Rafaela weinte. Nur nicht an Mama denken!
Sie zwang sich, an nichts anderes als ein Nadelkissen zu denken, als sie den Igel in Empfang nahm und tatsächlich stand Bruchteile von Sekunden später ein perfektes Nadelkissen auf ihrem Tisch.
„Mensch! Wie hast du das hingekriegt? Und ohne Zauberstab noch dazu?“, bewunderte Donna, die neben ihr saß, Rafaelas Werk. Donnas Igel-Nadelkissen bewegte sich auch nach dem dritten Versuch noch und auch Nancy und Kate ging es nicht besser. Auch die Jungen schimpften. Gerade ein Ravenclaw hatte das Kissen ebenfalls relativ schnell fertig.
„Du musst dich konzentrieren, Donna! Stell dir ein Nadelkissen vor, ohne an irgend etwas anderes zu denken!“
„Ich versuch’s ja!“, murrte Donna. In ihrem Hirn herrschte Chaos.
„Sag dir hundert Mal vor: Nadelkissen, Nadelkissen, Nadelkissen!“, riet Rafaela. Wie konnte man nach drei Jahren Zauberschule immer noch Schwierigkeiten haben, sich auf einen Zauber zu konzentrieren? Ihre Mutter hatte Uriella und sie schon als sie neun Jahre alt waren gelehrt, Gedanken, die im Weg waren, aus dem Hirn zu verbannen und sie hatte erklärt, warum das nötig war: Wer seine Gedanken nicht unter Kontrolle hatte, wurde allzu leicht Opfer eines Angreifers.

„Bitte keine Unterhaltungen“ wurden die beiden Mädchen unterbrochen. „Sehr schön, Miss Halcón! So muss das aussehen!“ Professor McGonagall hob Rafaelas Nadelkissen hoch und zeigte es allen. „Wer Probleme hat, konzentriert sich bitte darauf. Dann fällt es Ihnen leichter.“
Am Ende der Stunde hatte etwa ein Drittel der Klasse halbwegs brauchbare Nadelkissen. Rafaelas Leistung wurde dennoch von allen bewundert.

Auf Verwandlungen folgte Geschichte der Zauberei. Professor Binns las so monoton, dass die meisten schnell einschliefen oder Hausaufgaben machten. Rafaela fiel ihr Traum wieder ein. Es musste doch in der Bibliothek doch Bücher über Traumdeutung geben! Sie beschloss, in der Freistunde nach dem Mittagessen nachzuschauen.

Beim Mittagessen setzte sich Sirius wieder neben sie, was ihre Laune um einiges besserte. „Du denkst an heute Abend?!“, flüsterte er ihr zu.
„Bin schon gespannt, was du mir zeigst!“, antwortete sie kokett, wobei sie sich wieder dem Essen zuwandte, um nicht versehentlich in Sirius’ Gedanken einzudringen.

Als sie in Richtung Bibliothek ging, wurde sie von Professor McGonagall aufgehalten, die sofort einen Muffliato-Zauber um sich und Rafaela legte: „Wie geht es dir?“, fragte sie. „Bist du einigermaßen damit fertig geworden? Deine Zauberkraft scheint ja nicht gelitten zu haben, trotz allem.“
Rafaela weinte ohne Hemmungen, da sie keine Schüler um sich sah. Dennoch sagte sie: „Ich glaube, es wird mir hier gut gehen. Die meisten hier scheinen ganz nett zu sein.“
„Ich wünsche es dir, dass du dich gut mit den anderen verstehst. Aber du weißt, dass du auch hier nicht ungefährdet bist.“
„Das ist mir klar. Das ist niemand, solange Voldemort lebt.“
„Und du solltest bitte nicht so sorglos seinen Namen gebrauchen. Zum Einen kann das gefährlich werden, zum anderen ist bekannt, dass ihn nur wenige verwenden. Es dürfen möglichst wenig Menschen wissen, wer genau deine Eltern waren.“
Rafaela nickte: „Das hast du mir schon gesagt. Ich habe bisher nur gesagt, dass sie von Voldemort – oder von Tom Riddle, wenn dir das besser gefällt, ermordet wurden.“
Die Lehrerin verzog das Gesicht: „Von mir aus sag den Namen, den Du-weißt-schon-wer sich gegeben hat – auch wenn es gefährlich ist. Aber den richtigen Namen auf keinen Fall! Kaum jemand weiß, wie er wirklich heißt und eine Viertklässlerin, die es weiß, macht sich verdächtig.“
„Okay, ich werde es mir merken. – Sag einmal, ist dir auch aufgefallen, dass Uriella das ganze so cool nimmt? Ich meine, Mamas und Papas Tod?“
„Ich denke, da tust du ihr Unrecht. Sie will es wohl eher nicht zeigen und ich möchte auch nicht unbedingt lesen, was sie wirklich denkt – zumal ich keine besonders gute Legilementikerin bin. Aber ich werde auch mit ihr einmal reden.“
Wäre es unhöflich, darauf hinzuweisen, dass sie, Rafaela, es schon vergeblich versucht hatte? Würde sie wegen schlechten Benehmens ihrer Schwester gegenüber geschimpft oder deshalb, weil sie glaubte, besser zu sein als die Lehrerin?
„Also, Kleines, du weißt, wo du mich findest! Jetzt muss ich in meinen Unterricht“, beendete McGonagall das Gespräch.
Da der Gang völlig leer war, traute sie sich, das Mädchen an die Brust zu drücken. Rafaela umarmte sie und ließ ihren Tränen ein letztes Mal freien Lauf. Als die Lehrerin gegangen war, setzte Rafaela sich in die Bibliothek und suchte nach Büchern über Traumdeutung. Sie lieh sich zwei davon aus, die ihr einigermaßen gut schienen, brachte sie in ihren Schlafraum und kam gerade noch rechtzeitig zu Zaubertränke.

Professor Slughorn war ungeheuer dick und seine Art zu reden, gefiel Rafaela nicht unbedingt. Er war freundlich, aber sie war sich nicht sicher, ob die Freundlichkeit echt war. Zeit, in sein Gedächtnis einzudringen, hatte sie allerdings nicht, da das Gegengift gegen einen Lähmungstrank, das er erklärte, sehr schwierig war. Außerdem hatten sie die Stunde gemeinsam mit den Slytherins und so hatte Rafaela zu tun, ihre Schwester im Auge zu behalten. Vielleicht waren nur die Träume schuld, aber sie vertraute Uriella nicht mehr. Sie nahm sich jedenfalls vor, der Schwester keine Chance zu geben, ihre Gedanken zu lesen. Zweimal merkte sie, dass Uriella es versuchte.
Scheinbar hatte auch die Schwester ähnliche Vorsätze gefasst, denn als Rafaela nach dem Ende von Slughorns Erklärung in Uriellas Gedanken einzudringen versuchte, wurde sie ebenfalls geblockt.

Rafaela schnitt sich die Zutaten zurecht und konzentrierte sich voll auf den Trank, was den Vorteil hatte, dass Uriella nicht heimlich in ihr Gedächtnis eindringen konnte, sollte sie es versuchen. Sie verglich noch einmal die Anweisung, bevor sie mit der Zubereitung begann.

Während die Tränke köchelten, ging Slughorn im Raum herum. „Sehr schön, Miss Halcón“, sagte er zu Uriella. So muss es sein!“
Kurz bevor er Rafaelas Tisch passierte, sagte er laut: „Allmählich sollten Ihre Tränke einen hellgrünen Farbton annehmen!“ Rafaelas Trank war grün und wurde allmählich heller, doch war sie sich nicht sicher, ob er hell genug war.
Da stand auch schon Slughorn vor ihr: „Perfekt, Miss –”, er stockte, als er Rafaela in die Augen sah. und blickte zu Uriella hinüber
„Halcón“, ergänzte sie freundlich.
„Ach ja, richtig, sind Sie Zwillinge?“ Rafaela nickte.
Er hob ihren Kessel hoch: „Schauen Sie, so sieht es aus, wenn es perfekt ist – aber machen Sie sich keine Gedanken! Es ist normal, dass es beim ersten Mal etwas länger dauert.“
Er ging weiter und beriet die anderen. „Miss Larner, das wird noch, Geduld“, sagte er zu Donna, während er bei Katies Topf die Miene verzog: „Da ist Ihnen wohl ein Fehler passiert. Tut mir leid, Miss Abbot, Sie müssen neu anfangen. Evanesco!“ Katies Trank verschwand und sie selbst schlug mit der Faust auf den Tisch.

Während er anderen noch Tipps gab, lehnte Rafaela sich zurück: Sie war fertig und nutzte die Gelegenheit, Slughorns Hintergedanken zu erforschen. Er traute ihr und ihrer Schwester Großes zu und wollte sie in einem Club unterbringen. Durch diesen Club hoffte er, sich auch selbst Vorteile zu verschaffen.
Tatsächlich rief er nach der Stunde: „Miss Halcón – beide Miss Halcóns – kommen Sie doch bitte!“
Rafaela und Uriella leisteten Folge.
„Ich veranstalte etwa jeden Monat ein Treffen für besonders begabte Schülerinnen und Schüler. Am Samstagnachmittag um drei wird das erste stattfinden. Es wäre mir eine große Ehre, wenn Sie beide kämen.“
„Ich hab schon davon gehört“, gab Uriella an. „Ich kenne einige Fünft- und Sechstklässler in Ihrem Club.“
Rafaela sagte zu. Schließlich wollte sie es sich nicht von vorne herein mit einem Lehrer verderben. Außerdem bot es einen gewissen Reiz, die besten der anderen Jahrgänge kennen zu lernen.

Am Abend traf sie sich wie ausgemacht mit Sirius. Er führte sie zum Waldrand, wo plötzlich eine Hütte auftauchte. „Kleines Geheimnis von Krone – von James – und mir“, erklärte er. „Bisher wissen nicht allzu viele davon. Remus und Peter wollen wir noch einweihen, aber bisher haben nur wir beide die Hütte benützt, wenn uns ein Mädchen besonders gefallen hat.“
„Nancy hat es wohl nicht so weit gebracht?“
„Ach, die hast du schon kennen gelernt?! Ja, das war bei einem Hogsmeade-Wochenende, aber das ist vorbei.“
Sie funkelte ihn böse an: „Wehe dir, wenn es mit mir genau so schnell vorbei ist!“
Er gab ihr einen Kuss. „Nein, mit dir nicht! Das ist etwas ganz anderes! Du bist eine Frau, wie man sie sonst nicht findet.“
Ein kurzer Blick in seine Gedanken sagte ihr, dass er es momentan jedenfalls ehrlich mit ihr meinte.
„Das will ich gehofft haben, Tatze!“ sagte sie mit gespieltem Ärger, ehe sie den Kuss erwiderte.

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Beitragvon Dawniee » Di 18 Nov, 2008 20:44

Hey ich habe mir gestern abend deine Geschichte mal durchgelesen. Super. Ich bin schon neugierig wie es weitergeht. Vorallem das die Zwillinge in unterschiedlichen Häusern sind und Gedanken lesen können... ich bin schon gespannt was so Sirius und Severus so denken.
Und dein Prolog.... ich bin gespannt.
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Beitragvon Probator » Mi 19 Nov, 2008 20:01

@Dawniee: Vielen Dank für deinen Kommentar! Ich hoffe, es wird dir weiterhin gefallen.

Ausgerechnet, während sie mit Sirius gemeinsam in der Hütte saß, spürte Rafaela das Bild ihrer Mutter in dem Medaillon, das sie um den Hals trug. Sie verdrehte die Augen, öffnete aber dennoch das Medaillon. „¡Espera, Mamá!“, flüsterte sie, ‚Warte!’.
„Pero ¡No me olvides! (Aber vergiss mich nicht)“, kam die Antwort.
„Wer ist das auf dem Bild? Und was sagt sie?“, fragte Sirius.
„Meine Mutter. Und sie sagt, dass ich einen guten Geschmack habe“, antwortete Rafaela, während sie das Buch schloss.
„Recht hat sie“, meinte Sirius grinsend und küsste sie wieder.

„Was ist eigentlich, wenn du und James gleichzeitig ein Mädchen vernaschen wollt?“, fragte Rafaela nach einiger Zeit.
„Wer zuerst kommt, malt zuerst. Wir sagen es einander über Zweiwegespiegel. Kennst du so was?“
„Ich bin nicht von vorgestern. Natürlich kenne ich Zweiwegespiegel. Und? Habt ihr euch schon ausspioniert?“
„Bisher haben wir voreinander keine Geheimnisse gehabt und einander nicht nachspionieren müssen.“
„Schön für euch. Kann ich richtig neidisch werden. Ernsthaft!“
Sirius wirkte irritiert. „Hast du keine Freundin, der du vertraust?“
„Bisher hat uns meine Mutter zu Hause unterrichtet. In unserer Umgebung leben nur Muggel. Ja, wir haben manchmal mit denen gespielt. Aber wir durften nie über unsere Familie reden – und auch wenn es Muggel waren, die meisten haben gemerkt, dass wir unsere Geheimnisse haben. Ganz schlimm wurde es, als unsere Eltern unser Haus versteckt haben.“
„Euer Haus – versteckt? Das heißt, sie haben damit gerechnet, dass Du-weißt-schon-wer euch angreift?“
Rafaela zögerte. Sollte sie ihm gleich alles anvertrauen?
„Voldemort hat schon meine Großeltern angegriffen, weil...weil die ihn bekämpft haben. Auch meine Mutter hat gegen ihn gekämpft. Und deshalb mussten wir uns verstecken. Dann ist mir nur meine Schwester geblieben.“
„Mit der du dich später auch verkracht hast“, stellte Sirius fest.
„Merkt man das so stark? – In letzter Zeit, ja. Bis vor einem halben Jahr hab ich mich voll gut mit ihr verstanden.“
„Und dann? Hat sie sich geändert?“
„Dann hat sie Mama plötzlich vorgeworfen, dass... dass sie einen Muggel geheiratet hat. Wenn Mama keinen Muggel geheiratet hätte, gäbe es die dumme Gans gar nicht!“
„Dich aber auch nicht und das wäre echt schlimm. – Nö, im Ernst, ich kenne das nur zu gut. Mein Bruder ist in Slytherin und labert den gleichen Müll wie die alle. Und meine Eltern waren auch dort und sind genau so drauf. Ich sag dir, ich bin froh, wenn ich in den Ferien bei James oder Remus oder Peter sein kann.“
„Ich wär froh, wenn ich in den Ferien irgendwo sein könnte!“ Alejandra weinte wieder, worauf Sirius sie fester drückte. „Meine Eltern sind tot. So plötzlich, mitten in der Nacht. Der Alarm ging los, danach sind Auroren gekommen, aber es war zu spät.“
„Sag mal... ich hab ja nicht viel Ahnung, aber wie kam Du-weißt – kam Voldemort in ein verstecktes Haus?“
„Wenn ich das wüsste.“ Sie weinte stärker. „Und deshalb habe ich auch Angst, dass sie uns hier erwischen könnten. Irgend jemand muss ihm das Geheimnis gesagt haben.“
„Wer kannte denn das Geheimnis?“
Sie schluckte wieder. „Einige Verwandte meiner Mutter. Einer davon war Geheimniswahrer. Irgend jemand... “ Sie vermied es, über ihre Träume zu sprechen – „muss es Voldemort gesagt haben.“
„Du Arme! Das heißt, deine eigenen Verwandten wollen dich umbringen! Oh Merlin!“, zeigte sich Sirius ehrlich mitfühlend. „Das glaub ich ja nicht mal von meiner Verwandtschaft.“
Während Sirius sie streichelte, dachte Rafaela wieder an ihre Träume. Es war zu früh, mit Sirius darüber zu sprechen. Vielleicht stimmte es ja, dass Uriella wirklich nur ihre Trauer nicht zeigen konnte.
Sie bemühte sich, nicht an die schlimmen Ereignisse zu denken und gab sich Sirius hin.

Etwa eine Stunde später verließen Rafaela und Sirius Hand in Hand die versteckte Hütte. „Lumos!“, rief Sirius.
„Hältst du das für so gut? Das sehen doch alle“, meinte Rafaela.
„Sonst sehen wir nichts. Außerdem sind die alle im Schloss.“
„Kennst du echt keinen Zauber, mit dem man nur für sich selbst Licht machen kann?“
Sirius schien überrascht. „Nein, du vielleicht?“
„Der hier ist gar nicht schwer. Proprialux!
Sie hatte laut gesprochen und den Zauberstab benutzt, damit Sirius es mitbekam. Dennoch fragte der verständnislos: „Und jetzt?“
„Und jetzt sehe ich wie am Tag, während man mich nur sieht, wenn man mir direkt in die Augen schaut. Du müsstest den Zauber aber selbst machen, damit er wirkt.“
Sirius gelang er trotz ihrer Erklärungen nicht.
„Müssen wir wohl üben“, meinte sie. „Vielleicht sieht uns ja niemand. Obwohl... meine Schwester spioniert wahrscheinlich.“
„Und wenn? Bin ich nicht vorzeigbar?“
„Doch, natürlich. Aber...“
„Was aber?“
„Ich möchte nicht, dass sie es erfährt.“
„Dann beeilen wir uns. Je länger wir hier stehen, desto eher sieht uns jemand.“

Sie liefen ins Schloss zurück und verabschiedeten sich vor den Gryffindor-Räumen mit einem Kuss. Rafaela beschloss, unter dem Proprialux-Zauber noch einige Zeit im Bett zu lesen, wie sie es manchmal auch zu Hause getan hatte.
Sie blieb an einem Satz hängen: „Wenn Traummotive immer wieder kehren, sollte man sich zuerst vergegenwärtigen, wann der Traum begonnen hat.“
Sie schlief mit dem Buch in der Hand ein, da sie zu müde war, um weiter zu lesen. Irgendwann fiel ihr ein, dass ihre Augen noch immer hell aufleuchteten und sie löschte ihr inneres Licht.
Dennoch wurde es eine schlaflose Nacht. Wann hatte sie zum ersten Mal geträumt, dass Uriella etwas Schlimmes tat? Es war wohl vor etwa neun Monaten, kurz nachdem ihre Mutter einmal völlig verdreht heimgekommen war. Damals hatte ihre Mutter auch angefangen, die Töchter vorwiegend im Duellieren und in Abwehrflüchen zu unterrichten. Was hatte es damit auf sich?

Als Rafaela am nächsten Morgen ihr Medaillon anlegte, schmerzte es sie beinahe. Sie schlug sich gegen den Kopf und öffnete, sobald sie allein im Raum war. „Lo siento, Mamá (Tut mir leid, Mama)!“, flüsterte sie.
Ihre Mutter erzählte ihr auf Spanisch, dass sie und ihre Schwester am Abend zum Direktor gehen sollten. Sein Büro liege zwei Gänge von der Großen Halle weg und das Passwort sei „Zitronenbrause“. Sie sollten es auf keinen Fall andere merken lassen.
Das war leichter gesagt als getan. Eigentlich wollte sie sich an diesem Abend mit Sirius treffen und der würde sicher Verdacht schöpfen.

In Verteidigung gegen die Dunklen Künste war sie unkonzentriert, sodass sie erschrak, als Professor Prewett sie aufrief.
Sie versuchte gerade, in die Gedanken ihrer Lehrerin einzudringen, als ein Stück Pergament auf ihren Tisch flatterte: „Dementoren – Schutzzauber“
„Der Zauber heißt „Exspecto Patronum“. Man muss dabei an ein glückliches Erlebnis denken“, antwortete sie.

„Gut gemacht, Miss Halcón! Haben Sie doch ein bisschen zugehört. Nun aber zum neuen Stoff: In diesem Jahr werden wir uns vor allem mit Schutzzaubern beschäftigen. Man kann zwar nicht alle Flüche abwehren, aber gegen viele, bis zum Schockzauber, hilft der Protectus-Fluch. Er lässt einen Schild entstehen, an dem die Flüche zurückprallen. Das probieren wir jetzt erst einmal trocken. Also: „Protego!“
Bei fast jedem entstand ein Schild, den die Lehrerin wahrnehmen konnte.
„Gut! Stellen Sie sich nun zu Paaren gegenüber und sprechen Sie einen Ihnen bekannten Fluch. Der Angegriffene schützt sich durch den Protectus.“
Gegenüber von Rafaela bezog ein Mädchen aus Ravenclaw namens Ayla Spelling Position. Sie versuchte den Petrificus Totalus, doch Rafaela hatte ihren Schild schon aufgebaut, ehe sie zuende gesprochen hatte. Sie selbst wollte ebenfalls einen harmlosen Fluch versuchen, um nicht aufzufallen und das Mädchen nicht ernsthaft zu verletzen. Dennoch brach ihr Locomotor-Mortis-Fluch durch den Schutzschild der Ravenclaw.
„Halb so wild, Miss Halcón!“, befahl die Lehrerin und erlöste das andere Mädchen
„Reiner Zufall!“ schimpfte die andere. „Schau mal, was jetzt kommt! Imped-”
Rafaela wehrte den Fluch lässig mit der linken Hand ab. „Das würde ich an deiner Stelle nicht wieder versuchen. Und den Stupefactus schon gar nicht.“
Das Mädchen erschrak so sehr darüber, dass Rafaela gemerkt hatte, was sie vorhatte, dass sie beinahe ihren Stab fallen ließ. Rafaela verpasste ihr einen stummen Kitzelfluch, löste ihn aber bald wieder.
Am Ende der Stunde bat Professor Prewett Rafaela zu sich: „Ich glaube Ihnen gern, Miss Halcón dass Sie den anderen überlegen sind“, sagte sie „und daher bitte ich Sie, sich zurückzuhalten. Wir hatten – nun ja, es muss keine Unfälle geben.“
Rafaela nickte, während sie aus den Gedanken der Lehrerin las, dass ihre Schwester zwei Hufflepuffs mit Schnittwunden in den Krankenflügel gebracht hatte.

Nach der Stunde bedankte Rafaela sich bei Donna für den Spickzettel.
„Keine Ursache. In Verwandlungen wäre ich gestern aufgeschmissen gewesen ohne dich“, antwortete Donna. „War übrigens Klasse, was du mit Spelling gemacht hast. Ist eine fürchterliche Angeberin, dass sie glatt in Slytherin sein könnte. Kannst du uns ein paar Tricks beibringen? Ich bin eigentlich schlecht im Duellieren und gerade jetzt, wo sich die Todesser überall rumtreiben, wäre das wichtig.“
„Kann ich schon machen. Aber dass ich mich mit Voldemort duellieren kann, glaub ich nicht“, gab sich Rafaela bescheiden.
Donna fiel vor Schreck auf den Boden. „Du hast... du hast...Du-weißt-schon-wen beim Namen genannt“, stotterte sie mit bleichem Gesicht, während Rafaela ihr aufhalf.
„Tut mir leid“, antwortete Rafaela, erschrocken über sich selbst.

Donna beruhigte sich schnell wieder und auf dem Weg zu den Gewächshäusern, wo sie die nächste Stunde verbrachten, erzählte sie Rafaela von ihrer Familie. Donna war die Tochter eines Zaubererehepaars, doch es gab Muggel in ihrer Verwandtschaft, zu denen ihre Eltern auch losen Kontakt hielten. Sie hatten auch nichts dagegen, dass Donna mit Katie, deren Eltern Muggel waren und ein Eisenwarengeschäft in Leeds hatten, eng befreundet war. Donnas Vater arbeitete bei Gringotts, während die Mutter mit den drei jüngeren Geschwistern zu Hause lebte.
Auch Rafaela erzählte von sich. Donna hatte Mitleid mit ihr, als sie vom Tod ihrer Eltern hörte. Vom Verdacht gegen ihre Schwester erzählte Rafaela nichts. Sie freute sich, in Donna so etwas wie eine Freundin gefunden zu haben, nachdem sie fast drei Jahre lang außer zu ihrer Schwester kaum Kontakt zu Gleichaltrigen gehabt hatte.

Kräuterkunde verlief ohne besondere Ereignisse, ebenso Arithmantik. Am Abend war Sirius etwas enttäuscht, als Rafaela ihm verkündete, sie habe keine Zeit. „Ich hab mich mit Nancy duelliert“, entschuldigte sie sich. „Und die ist zu McGonagall gelaufen und jetzt gibt es `nen Aufruhr. Aber morgen wieder.“ Sicherheitshalber schaute sie in seinen Gedanken nach, ob er Verdacht schöpfte, doch das war nicht der Fall.

Punkt halb acht erschien sie vor einem Wasserspeier, der offenbar das Büro Dumbledores bewachte. Gleichzeitig mit ihr kam auch ihre Schwester an. Uriella streckte die Hand aus, ohne das Passwort zu sagen und erreichte dennoch, dass der Wasserspeier zur Seite rückte. Sie grinste über den Erfolg.
Die beiden Schwestern traten nebeneinander auf eine Wendeltreppe, die sie nach oben führte. „Ich hätte dir mehr Geschmack zugetraut als dich von Black abknutschen zu lassen“, zischte Uriella, wohl um zu beweisen, dass sie alles mitbekommen hatte.
„Und ich hätte dir mehr Hirn zugetraut als dass du gleich jemand in den Krankenflügel bringst“, gab die zurück. „Jetzt ist jeder hinter uns her – wenn wir Pech haben auch Voldemort. Mama hat immer gesagt, die besten holt er sich oder bringt sie um.“
Bevor Uriella antworten konnte, standen die beiden bereits in Dumbledores Büro.

Der Direktor trat hinter seinem Schreibtisch hervor, als die beiden Mädchen kamen. McGonagall, die auf einem Sessel saß, stand ebenfalls auf. Beide nahmen die Zwillinge in die Arme. Während Dumbledore zwei Sessel für Rafaela und Uriella herbeibeschwor, sahen sich die im Büro um. Auf Bildern an den Wänden waren frühere Direktoren zu sehen. Auf Tischen und Schränken standen Geräte, deren Funktion Rafaela interessiert hätten.
Dumbledore hatte sein Werk beendet und zum Schluss einen Krug mit Kürbissaft auf den Tisch gestellt, ehe er sich selbst zu den Frauen setzte.
Er begann das Gespräch mit allgemeinen Fragen wie „Habt ihr euch gut eingelebt? Wie vertragt ihr euch mit den anderen?“ Danach kam er jedoch zur Sache:
„Es tut mir leid, dass Minerva und ich so tun müssen, als ob ihr Fremde wärt, aber es geht nicht anders. Ihr dürft also vor anderen Schülern weder ‚Tante Minerva’ oder ‚Onkel Albus’ sagen, noch, wer wir wirklich sind. – Hat eure Mutter euch die Wahrheit gesagt?“
Die Mädchen nickten.
„Ihr wisst also auch alles über euren Vater?“
„Er hieß in Wirklichkeit Hawkins“, antwortete Rafaela, während Uriella nickte. „In Spanien haben unsere Eltern den Namen übersetzt, während Mama behauptet hat, ihre Eltern seien tot. In unseren Muggeldokumenten steht ‚Halcón Expósito’.“
Dumbledore und McGonagall nickten. Sie wussten, dass ‚Halcón’ die Übersetzung für ‚Hawkins’ war und ‚Expósito’, ausgesetzt, bei Kindern, deren Vater nicht bekannt war, verwendet wurde.
„Und bei eurem Vater stand vermutlich dasselbe“, führte Dumbledore fort. „Dabei wusste er sehr genau, wer sein Vater war. Das Geld, mit dem eure Eltern euer Haus in Spanien gekauft haben, stammte nämlich zum geringsten Teil von uns. Es war sein ererbtes Geld.“
„Wie bitte?“, fragten Rafaela und Uriella gleichzeitig.
„Eure Eltern wussten, wer euer Großvater väterlicherseits war. Er war mitnichten ein Händler auf der Durchreise und eure Großmutter Hawkins hat auch nicht eure Mutter in Pflege genommen, weil sie Geld gebraucht hätte.“
„Hat Mama auch nicht gesagt“, warf Rafaela ein. „Mama hat gesagt, Oma hat sie aufgenommen, weil sie euch einen Gefallen schuldig war. Später hat sie gesagt, ihr habt sie vor Voldemort gerettet.“
„Das stimmt“, antwortete Dumbledore. „Und hat sie auch gesagt, warum wir sie vor Voldemort retten mussten?“
Die Mädchen schüttelten den Kopf.

McGonagall seufzte: „Das Problem hat angefangen, als Albus vermutete, dass Tom Riddle, der sich später den verfluchten Namen gab, etwas im Schilde führte. Ich weiß nicht, ob ihr es mitbekommen habt: Vor nun 32 Jahren ließ ein Schüler ein schreckliches Monster los. Man sagt, dass es seit den Zeiten der Gründer in einer Kammer, die nur der Erbe Slytherins öffnen kann, versteckt ist. Dieses Monster tötete ein Mädchen aus Hufflepuff, Myrta – an den Nachnamen erinnere ich mich nicht mehr.
Tom Riddle, damals Vertrauensschüler von Slytherin, fand schließlich den Täter – so dachten wir damals. Es war Rubeus Hagrid, der heutige Wildhüter. Er hat heimlich Riesenspinnen gezüchtet und allen – auch den Lehrern – erschien es glaubhaft, dass diese Spinnen das Mädchen hatten töten können.“
„Ich habe es nie geglaubt“, setzte Dumbledore fort. „Aber Professor Dippet, der damalige Direktor, hat es geglaubt. Rubeus wurde der Schule verwiesen und Tom bekam eine Auszeichnung. Außerdem wurde er bereits in seinem sechsten Jahr Schulsprecher.
Das einzige, was ich durchsetzen konnte, war, Rubeus zum Gehilfen des Wildhüters zu machen. Ich traute Tom allerdings nicht. Und so bestellte ich am Anfang des Schuljahres 1943/44 die Schulsprecherin, also dich, Minerva, zu mir. Ich wusste, dass man dir auch einen schweren Auftrag anvertrauen kannst und dass du schweigst, wenn nötig.“
„Ich habe also Tom als Katze belauscht“, übernahm sie wieder den Faden. „Nur Albus und ich wussten, dass ich eine Animaga war. Und ich fand heraus, dass Tom nach seinen Eltern suchte. Ich erzählte es Albus und der befürchtete das Schlimmste. Er schickte mich am Tag meiner letzten UTZ-Prüfung, zum Anwesen der Riddles. Ich riet euren Großeltern dringend, es zu verlassen. Leider hat euer Großvater...“
„das nicht getan“, dachte Rafaela laut. „Und warum?“
„Das, Schätzchen, können wir nur vermuten“, antwortete Dumbledore. „Er wollte wohl einen Teil seines Erbes mitnehmen und das Nähere mit seinen Eltern besprechen.
Ich traf mich in derselben Nacht heimlich mit Minerva und eurer Großmutter väterlicherseits, die euren Vater, damals ein kleines Kind, mitgenommen hatte. Wir brachten sie in Minervas Elternhaus und versteckten dies.
Das Schloss eurer Urgroßeltern konnten wir nicht verstecken, da zu viele Muggel davon wussten. Es hätte Tom Riddle trotz allem gelingen können, hineinzukommen. Wir dachten auch nicht, dass er so schnell zuschlagen würde. So konnten wir leider den Tod eurer Urgroßeltern und eures Großvaters nicht mehr verhindern.
Immerhin hatten wir euch verstecken können und wir gingen davon aus, dass Voldemort nicht wusste, dass er noch einen Halbbruder hatte.“
„Wie sicher ist es denn überhaupt, dass der Dunkle Lord Tom Riddle ist?“, unterbrach Uriella.
„Er hat es mir mehr oder weniger gestanden, als er sich als Lehrer hier beworben hat“, antwortete Albus. „Und, eine Bitte, Schätzchen, sag nicht ‚der Dunkle Lord’! Das ist Todesserjargon.“
„Dann ist Voldemort also ...“, stellte Rafaela fest. „Und seit wann wusste er das? Und wie hat er das Haus unserer Eltern in Spanien finden können?“

Während die Zwillinge in Dumbledores Büro saßen, langweilte sich Sirius Black im Gemeinschaftsraum der Gryffindors. Sein Freund James klopfte ihm auf die Schulter: „Was ist bloß mit dir los, Tatze? Hat deine neue Perle dich versetzt? Seit wann bist du denn deshalb so fertig?“
Sirius zuckte mit den Schultern. Rafaela war bei weitem nicht das erste Mädchen, das er geküsst hatte, doch bei ihr war es anders. Nicht nur, dass sie wunderschön war. Mit ihr hatte er Dinge besprochen, die er ansonsten nur seinen besten Freunden anvertraute. Seine bisherigen Freundinnen waren angenehmer Zeitvertreib gewesen, doch bei diesem Mädchen hatte er das Gefühl, dass sie die Beziehung in der Hand hatte.
„Weiß nicht“, antwortete er nach langem Überlegen. „Sie ist bei Dumbledore. Seit über einer Stunde schon.“
„Warum das?“
„Sie hat sich mit Nancy Carrington duelliert und die hat sie verpfiffen.“
James machte ein Gesicht, als ob Sirius ihn in Koboldssprache angesprochen hätte.

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Beitragvon Dawniee » Mo 24 Nov, 2008 21:52

Hey Probator. war mal wieder ein cooles Kapitel. ICh bin noch ein wenig verwirrt wegen der gesamten Familienverhältnisse. Ich glaube ich muss mir mal einen kleinen Stammbaum anfertigen. Also sind die Zwillinge mit dem Mädchen aus dem Prolog verwandt, die die Tochter von Minerva ist....
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Beitragvon Probator » Mi 26 Nov, 2008 16:03

@Dawniee: Danke für den Kommentar! Die Zwillinge sind recht eng mit dem Mädchen aus dem Prolog verwandt. Aber schau selbst!
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„Alles klar, Krone?“, fragte Sirius.
„Gar nichts ist klar, Tatze“, antwortete James. „Überleg doch mal: Wir haben uns beide schon öfter mit anderen duelliert und sind auch beide schon mehr als einmal erwischt worden. Hat sich jemals Dumbledore selbst darum gekümmert? Wenn dich ein Lehrer bei so was erwischt, meckert der dich selbst an und sagt, so und so viele Minuspunkte für Gryffindor, die und die Strafarbeit, und die Sache ist erledigt. Wenn du verpetzt wirst, genau so – wenn überhaupt. Dafür, dass Dumbledore sich einen ganzen Abend mit dir beschäftigt, muss eine ganze Menge mehr passieren. Also, wenn du mich fragst: Entweder haben Carringtons Eltern Dumbledore die Hölle heiß gemacht oder Rafaela hat noch ganz andere Sachen angestellt oder es gibt irgendein anderes Geheimnis.“
„Sind die Carringtons so hohe Tiere, dass sie Dumbledore Probleme machen könnten?“, fragte Sirius.
James zuckte mit den Achseln. „War ich mit Carrington zusammen oder du? So viel ich weiß, haben meine Eltern nie den Namen erwähnt.“
„Was soll sonst mit Rafaela los sein?“, fragte Sirius.
„Eins ist sicher: Sie hat keine so schweren Flüche losgelassen, dass das der Grund sein könnte“, antwortete Remus. „Carrington war die ganze Zeit gesund und munter. Aber – er flüsterte, da sich andere in die Nähe setzten – Rafaela hat ja erzählt, dass ihre Eltern umgebracht worden sind und dass Ihr-wisst-schon-Wer dahinter steckt. Vielleicht will er Näheres wissen.“
„Du meinst, Moony, dass Dumbledore hinter Voldemort her ist?“, fragte James.
Sirius überlegte, ehe er Remus zustimmte: „Da könntest du nicht Unrecht haben. Meine Eltern sagen manchmal, Dumbledore ist der einzige, der den Schlammblütern – so was sagen sie, nicht ich – gegen Ihr-wisst – Sorry, Krone, gegen Vol...demort helfen kann.“
„Und mein Vater hat einmal, als er gedacht hat, ich war schon aus dem Zimmer, zu meiner Mutter gesagt, dass Dumbledore zu ihm gesagt hat, dass er sich vom Ministerium nicht viel verspricht“, fiel nun James ein. „Kann sein, dass er Rafaela ausfragt.“

Während die Rumtreiber sich unterhielten, suchte Dumbledore nach Antworten auf Rafaelas Fragen. „Nach dem, was wir wissen, wusste Voldemort zunächst nicht, dass sein Vater noch einmal geheiratet und einen zweiten Sohn hatte. Oder er wusste es, aber er sah einen Muggel nicht als Gefahr an. Wir hielten das Haus, in das wir eure Großmutter und euren Vater gebracht hatten, zwar versteckt, aber wir haben nie gehört, dass er es gesucht hat.“
–„Warum habt ihr Mama auch bei ihnen versteckt? War Voldemort damals schon hinter ihr her?“, wollte Rafaela wissen.
– „Das hat zunächst einmal nichts mit Voldemort zu tun“, antwortete Dumbledore. „Ihr wisst, dass Minerva keine entfernte Verwandte von euch ist?!“
–„Vor Jahren schon hat Mama gesagt, dass du unsere Oma bist“, sagte Uriella, an Professor McGonagall gewandt. „Aber wir durften es euch lange nicht sagen.“
„Hat sie euch auch gesagt, wer euer Opa ist?“, fragte Dumbledore.
– „Uri hat sie letztes Jahr direkt gefragt, ob du es bist“, antwortete Rafaela. „Und sie hat nicht ‚Nein’ gesagt.“
– „Dann kann ich es noch einmal wiederholen: Ja, ich bin es. Zwischen Minerva und mir war mehr, weit mehr als zwischen einem Lehrer und seiner besten Schülerin sein sollte. Ich weiß nicht mehr, wie es dazu kam...Nur: Wenn Professor Dippet mitbekommen hätte, dass eure Oma von mir schwanger war, dann hätte er mich hinausgeworfen. Sie hielt sich daher bei euch versteckt und verließ das Haus nur unter einem Tarnmantel oder als Katze.“
– „Dazu kam, dass Albus, dass Opa, damals Grindelwald gesucht hat“, fuhr McGonagall fort. „Vielleicht hat es eure Mutter erzählt: Damals der schlimmste Schwarze Magier der Welt. Ich hatte Angst, dass er den Kampf nicht überleben würde. Deshalb habe ich eure andere Oma gebeten, Diana, eure Mutter, als ihre Tochter zu erziehen. Uns war klar, dass sie irgendwann magische Fähigkeiten entwickeln würde und ich habe sie gebeten, mir sofort mitzuteilen, wenn dies geschehen sollte.
Nun, euer Opa Albus kehrte als Sieger gegen Grindelwald zurück. Dennoch traute ich mich nicht, die Wahrheit zu sagen. Meine Eltern hätten mir nie verziehen, dass ich ein uneheliches Kind hatte, noch dazu von meinem Lehrer.
Ich beschäftigte mich mit verschiedenen Sparten von Zauberei. Wir, Opa und ich, hatten auch nicht mehr die Absicht, zu heiraten – es war... ihr werdet irgendwann verstehen, wie es ist. Ich mochte ihn, aber Liebe war es nicht mehr.
Ich kümmerte mich um meine Tochter, eure Mutter, und lehrte sie gemeinsam mit Albus Magie. Später erfuhr ich, dass Professor Dippet schwer krank war und euer Opa sein Nachfolger werden sollte. Ich bewarb mich ebenfalls in Hogwarts. Ich bewarb mich um Opas Posten als Lehrerin für Verwandlungen. Es war Dippets letzte Aktion, meine Einstellung zu unterschreiben.“
„Warum habt ihr Mama nicht nach Hogwarts gehen lassen?“, fragte Rafaela.
Ihr Großvater zögerte: „Mehrere Gründe. Erstens fürchteten wir, sie könnte sich verplappern, sodass Voldemort erfahren hätte, dass er noch einen lebenden Halbbruder hatte.
Außerdem hatte sie magische Fähigkeiten entwickelt, die weit über das Niveau einer Elfjährigen gingen und ich fürchtete, dass sie anderen Kindern gefährlich werden könnte.
Und wir fürchteten wohl auch, dass alles über sie herauskommen könnte. Wir wollten immer noch den Schein wahren.“
„Nicht nur das, Albus“, widersprach die Großmutter der Zwillinge. „Als eure Mutter ins Hogwarts-Alter kam, hatte Voldemort gerade begonnen, Anhänger zu suchen. Er wusste, dass euer Großvater für ihn ein gefährlicher Gegner werden konnte. Wir fürchteten, dass er eurer Mutter Diana etwas antun könnte, um uns zu erpressen.“

„Okay“, sagte Uriella. „Aber was hat das damit zu tun, dass Voldemort unser Haus gefunden hat?“
„Noch gar nichts“, gab ihr Großvater zu. „Wir unterrichteten eure Eltern also privat. Ich kannte auch Muggel-Lehrer, die eurem Vater ein Wissen vermittelten, mit dem er sich nicht schämen musste.
Eure Eltern konnten allerdings eine Sache geheim halten, die wir uns hätten denken müssen: Sie hatten sich ineinander verliebt.“
„Was wirklich lief, erfuhren wir erst, als eure Mutter mit euch beiden schwanger war. Darauf löste eure Großmutter das Adoptionsverhältnis. Euer Vater hatte inzwischen die A-Level, den Muggelschulabschluss, gemacht und wollte studieren. Außerdem wollte er eure Mutter heiraten, um sie nicht schlecht dastehen zu lassen.
Das Geld wollte er sich besorgen, indem er nachwies, dass er der rechtmäßige Erbe des Riddle-Anwesens war. Wir rieten ihm ab, aber er ignorierte das. Tatsächlich gab es noch einen Taufschein und es gab auch jemand, der eure Großmutter väterlicherseits noch erkannt hat“, berichtete Minerva McGonagall.
Der Direktor fuhr fort: „Als euer Vater zum rechtmäßigen Erben erklärt wurde, wart ihr gerade geboren. Während er sich bemühte, den Nachweis zu bringen, erfuhr scheinbar auch Voldemort davon. Er erwischte eure Großmutter väterlicherseits gerade nach jener Verhandlung, in der euer Vater als Erbe anerkannt wurde. Eure Mutter konnte mit eurem Vater fliehen, für eure Großmutter Samantha Hawkins, wie sie sich längst wieder nannte, war es zu spät.
Wir brachten euch ins Ausland, nach Spanien. Lange versuchte Voldemort, euch in England zu finden, während ihr eine einigermaßen glückliche Kindheit erleben durftet. Etwa vor vier Jahren begann er, euch auch in Spanien zu suchen. Schließlich hat eure Mutter euer Haus versteckt. Sie selbst war auch Geheimniswahrerin, obwohl ich ihr davon abgeraten habe. Und das heißt...“ er brach ab.
„Was heißt das?“, fragte Uriella ungeduldig.
„Das heißt, dass derjenige, der Voldemort informiert hat, das Geheimnis von eurer Mutter gewusst haben muss – oder dass Voldemort inzwischen Versteckzauber brechen kann, was noch schlimmer wäre.“
„Konntet ihr weiter Freundinnen einladen?“, fragte Minerva.
„Nicht ohne weiteres, das hat Mama auch gesagt“, erinnerte Rafaela sich. „Es gab zwei Freundinnen, die in den letzten beiden Jahren noch bei uns waren. Die eine war Susana Muñoz del Valle.“
„Das hat eure Mutter erzählt und sie hat einen Meldezauber auf Susana gelegt“, erinnerte sich die Großmutter.
„Was heißt das?“, wollte Rafaela wissen.
„Das heißt, dass sie es sofort gemerkt hätte, wenn jemand Susana verzaubert oder sie den Geheimniszettel weitergegeben hätte. – War Susana die einzige außer uns beiden, die euch in den letzten Jahren besucht hat.“
„Ja, das heißt...“, überlegte Rafaela laut.
„Das heißt was?“
„Marisa Pérez Santos“, berichtete Uriella. „Sie war schwach und krank; trotzdem musste sie oft für ihre Familie Wasser holen und ist mehrmals mit dem Krug zusammengebrochen. Wir haben den Krug ein paar Male mit einem Zauber federleicht gemacht und einmal auch wieder geflickt, als er ihr heruntergefallen ist. Das hat sie gemerkt.“
Die Großmutter wurde wütend: „Ihr habt vor Muggeln gezaubert, obwohl ihr wusstet, dass Voldemort euch sucht? Die Todesser sollten sicher alles Auffällige registrieren.“

Nun begann Uriella, zur Überraschung aller, zu weinen: „Ich war so dumm. Marisa war damals schon so krank und hat mich angefleht, einmal möchte sie ein Zaubererhaus sehen. Ich bin also zu Mama und Mama gab mir den Zettel für sie“, brachte sie heraus. „Marisa hat mir den Zettel wiedergegeben, als wir zu Hause waren. So war es ausgemacht. – Voldemort muss es von ihr erfahren haben.“
Der Großvater schüttelte den Kopf und streichelte das weinende Mädchen. „Man kann nicht einfach erzählen, wo ein verstecktes Haus ist. Entweder sie hat ihm den Zettel gegeben oder...– Wann war das?“
„Marisa ist, glaube ich, am 22. Juli das letzte Mal bei uns gewesen. Danach wurde sie schwer krank“, erinnerte sich Rafaela. „Am 30. Juli ist sie gestorben. Fünf Tage nach...“ Sie weinte.
Der Großvater streichelte seine beiden Enkelinnen abwechselnd über die Köpfe: „Uriella, hast du den Zettel sofort wieder bekommen?“, fragte er schließlich.
„Gleich als Marisa bei uns angekommen war, hat sie ihn mir in die Hand gedrückt.“
– „Und du hast ihn sofort deiner Mutter weitergegeben?“
– „Ja. Und sie hat ihn zerstört. Und auch irgendeinen Zauber auf Marisa gelegt, wohl diesen Meldezauber.“
– „Wie lange vorher hatte Marisa den Zettel bekommen?“
– „Am selben Tag. Ich habe zu Mama gesagt, ich mache sie und mich unsichtbar, damit wir unauffällig herkommen können“, sagte Uriella. „Wenn ich gewusst hätte, dass...“ Sie begann wieder zu weinen.

Ihre Großmutter tröstete sie: „Wenn das so war, dann war dein oder euer einziger Fehler, einem Muggelmädchen zu zeigen, dass ihr Hexen seid. Ansonsten hast du alles getan, was man verlangen kann, wenn man einen Menschen in ein verstecktes Haus einführt.“
„Wer sonst im Dorf wusste, dass ihr Hexen seid?“, erkundigte sich der Großvater.
„Susana wusste es, hat es aber nie weitergesagt, soviel ich weiß. Mama hat erzählt, sie hat Leuten, die öfter mit uns gesprochen haben, ins Gedächtnis geschaut und bei Susanas Eltern auch einen Vergessenszauber verwendet.“, berichtete Rafaela.

„Es sieht so aus, als ob...“ begann Dumbledore, „...als ob Voldemort diese Marisa benutzt hätte. Uriella, hast du überprüft, ob sie wirklich Marisa war?“
„Ja, eben gefragt und ihre Gedanken gelesen. Das hat Mama mir befohlen.“ Sie weinte wieder. „Wer hätte denken können, dass sie so gerissen war?!“
„Oh weh, das ist schlimm für euch!“, riefen beide Großeltern. Minerva McGonagall fasste sich als erste wieder: „Aber ihr müsst euch merken, dass man nicht vorsichtig genug sein kann. Es gibt Todesser, die Legilementik und Okklumantik besser beherrschen als ihr, vielleicht sogar als eure Mutter. Passt also auf alle auf, die mit euch näheren Kontakt aufnehmen wollen.“
„So wie Sirius?“, warf Uriella ein.
„Sirius?“ fragte Albus. „Sirius Black?“
Rafaela wurde rot.
„Rafas Verehrer“, petzte Uriella. „Wer weiß, was er im Schilde führt?“
„Du bist gemein!“, schrie Rafaela sie an. „Außerdem: Ich habe Sirius nichts gesagt über unsere Familie – und ich habe schon seine Gedanken gelesen.“
„Ich bei Marisa damals auch“, warf ihre Schwester ein.
„Uriella, ich kenne aber Sirius seit vier Jahren. Und, Rafaela, wenn du meinen guten Rat hören willst: Lass die Finger von ihm! Er ist ein Weiberheld und hat schon einige Mädchen unglücklich gemacht. Aber dass er für Voldemort arbeitet, kann ich mir nicht vorstellen“, widersprach die Großmutter.
„Ich werde ihn mir bei Gelegenheit einmal vorknöpfen“, schlug Albus Dumbledore vor. „Und ein bisschen Ahnung von Legilementik habe ich auch. Es ist zwar nicht die feine Art, aber wenn es um euer Leben geht.“
„Wie willst du das unauffällig machen?“, fragte Uriella.
„Ich werde ihn hierher rufen lassen, sobald er wieder etwas anstellt. Und das wird so sicher passieren, wie ein Hornschwanzweibchen angreift, wenn man ihren Eiern zu nahe kommt. Normalerweise tue ich das zwar nicht, aber bei ihm kann ich sagen, dass er schon so oft gegen die Schulregeln verstoßen hat, dass es diesmal nicht bei einer Strafarbeit bleibt.“

Nach einigen belanglosen Bemerkungen über die ersten Unterrichtstage und einer weiteren Ermahnung Minervas an Rafaela, sich vor Sirius in Acht zu nehmen, wurden die Zwillinge entlassen.
Es war schon spät und Minerva begleitete Rafaela in den Gryffindorturm, wo eigentlich Nachtruhe war. Sirius, der im Gemeinschaftsraum gewartet hatte, schreckte auf, als er neben seiner Freundin seine Hauslehrerin kommen sah. Rafaela und er hatten nur noch Zeit für einen flüchtigen Kuss, ehe beide in die jeweiligen Schlafräume geschickt wurden.
Rafaela schlief in der Nacht unruhig. Immer wieder träumte sie von Marisa. Wie sie das Mädchen zum ersten Mal gesehen hatten, wie sie ihr den Wasserkrug abgenommen hatten und ihn im Mai mehrmals federleicht gezaubert hatten. Wie sie, Rafaela, sich gefreut hatte, dass Uriella Mitleid mit dem schwindsüchtigen Mädchen empfunden hatte, wo sie sonst nur Spott für alle Muggel, von jenen, die man Patrones nannte, bis zu den armen Landarbeitern, übrig hatte. Schließlich, wie Uriella den zerbrochenen Krug magisch wieder geflickt hatte und Marisa so bemerken musste, dass die Zwillinge keine Muggel waren.
Fest in Rafaelas Gedächtnis blieb allerdings eine Szene, die sie sicher nie gesehen hatte: Sie sah Uriella durch die Luft schweben und Marisa im Arm halten. Sie sah, wie die beiden Mädchen landeten und Marisa Uriella ein Papier in die Hand drückte.

Vermutlich hatte Uriella Marisa irgendwie unterstützt, denn das arme Ding war damals, als ihre Mutter endlich eingewilligt hatte, dass Uriella sie einladen durfte, schon so schwach gewesen, dass sie kaum mehr im Hochsommer den Berg von El Corral bis zum Haus von Rafaelas und Uriellas Eltern hätte hinaufsteigen können. Rafaela fiel ein, dass sie weder mit Marisa noch mit ihrer Schwester darüber gesprochen hatte. Dass Marisa den Geheimniszettel an Uriella, nicht an die Mutter, zurückgegeben hatte, wusste Rafaela auch erst seit diesem Abend, doch kam ihr vor als hätte sie den Traum schon einmal gehabt.

Am nächsten Morgen war sie unausgeschlafen und reagierte kaum, als Sirius ihr am Frühstückstisch einen Kuss gab.
„Was hast du denn angestellt, dass du so lange bei Dumbledore warst?“, fragte er grinsend. „Irgendwas, für das wir dich zur Ehren-Rumtreiberin ernennen können?“
Sie vergaß aus Müdigkeit, in seinen Gedanken nachzusehen, ob er Verdacht schöpfte. „Hör zu, das ist eine lange Geschichte. Ich möchte das nicht vor allen anderen auswalzen“, brachte sie heraus.
„Heute Mittag? Wir können raus aufs Gelände gehen, da hört uns niemand. Oder ist es dir peinlich?“, schlug er vor.
Sie nickte. Bis Mittag würde ihr hoffentlich eine Ausrede einfallen.

James riss sie aus den Gedanken. „Hey, schöne Frau, spielst du zufällig Quidditch?“
„Hab’s mal versucht, richtig gespielt nicht!“
„Samstag um acht Uhr, nicht vergessen! Wir brauchen vier neue Leute. Sirius würde es dir nie verzeihen, wenn du verpennen würdest, was Tatze?“
Sirius nickte.
„Ihr spielt wohl in der Hausmannschaft?“, fragte Rafaela. „Ich bin bestimmt zu schlecht.“
„Als ob du irgendwo schlecht wärst!“, gab James zurück. „So wie du in Verwandlungen oder Verteidigung gegen die Dunklen Künste nichts kannst, was?“
„Woher weißt du das? Kannst du Gedanken lesen?“
„Nö, aber ich hab meine Ohren offen, wenn sich andere unterhalten. Und wenn es um die Freundin von meinem besten Freund geht, dann besonders.“
„Du musst einfach mitspielen, Rafa!“, forderte Sirius. „Sonst bin ich dir persönlich sauer und das willst du doch nicht, oder?“
Rafaela sagte schließlich zu und freute sich, dass das Thema ‚Grund für den Aufenthalt im Büro des Direktors’ für einige Zeit vergessen war.

In ihrer ersten Stunde, Arithmantik, ordnete sie ihre Gedanken: Sie musste Sirius glaubhaft machen, warum sie bei Dumbledore gewesen war, ohne ihm zu viel zu sagen, und sie musste wissen, was ihre Träume zu bedeuten hatten.

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Beitragvon Probator » Sa 29 Nov, 2008 21:34

Zu Rafaelas Bedauern hatte Sirius bis zum Mittag seine Frage nicht vergessen und sie beherrschte auch noch keine Vergessenszauber. Ein Blick in seine Gedanken sagte ihr lediglich, dass er schon wusste, dass das Duell mit Nancy nicht der eigentliche Grund war, warum Dumbledore sie zu sich bestellt hatte.
Sie entschloss sich, das naive Mädchen zu spielen. „Okay, ich hab selbst gedacht, es geht um das Duell. Er hat mir erst die Wahrheit gesagt, als ich dort war. Ich habe mich gewundert, dass meine Schwester auch zu ihm musste. Er wollte wissen, ob wir uns erinnern was vor dem Tod meiner Eltern passiert ist.“ Sie fügte hinzu: „Ich glaube, er ist hinter Voldemort her.“
„Das denken wir schon lange“, meinte Sirius. „Krones, also James’, Vater sagt, wenn jemand Chancen hat, – ihn – zu besiegen, dann er, Dumbledore. – Was glaubt Dumbledore denn, warum Du-weißt-, warum Voldemort, deine Eltern umgebracht hat?“
Rafaela schnürte es die Kehle zusammen. „Meine Mutter war eine sehr gute Hexe und mein Vater nicht ganz so gut, aber muggel...-stämmig und das hat gereicht“, brachte sie heraus und simulierte einen Weinanfall. „Tut mir leid, aber es ist für mich immer noch schwer, darüber zu reden!“
Sirius konnte nicht anders als sie in den Arm zu nehmen. Sie ließ es geschehen, legte ihre Arme auf seine Schultern und las erneut seine Gedanken. Sirius schöpfte keinen Verdacht und schien nichts Böses gegen sie im Schilde zu führen. Rafaela atmete auf.
„Danke, das tut gut!“, sagte sie. „Was Mama genau vorhatte, hat sie nie erzählt.“

Sie genoss die Zweisamkeit mit Sirius, ehe sie sich in die Bücherei zurückzog und weiter nach Traumdeutungen suchte. Sie musste unbedingt mit ihrer Großmutter darüber reden!
Ihr fiel ein, dass sie auch nach Gedächtniszaubern suchen wollte, doch fand sie nichts im offen zugänglichen Teil der Bibliothek. Sie traute sich zwar zu, einen normalen Passwortschutz zu knacken, sich unsichtbar zu machen und so in die verbotene Abteilung zu gelangen, doch wusste sie nicht, ob diese nur durch einfachen Passwortschutz gesichert war. In der allgemein zugänglichen Abteilung fand sie lediglich kurze Berichte über Wirkungen von Gedächtniszaubern.

Die nächsten Tage vergingen wie im Flug, doch am Samstagmorgen war Rafaela nervös: Wie würde sie sich beim Quidditch schlagen? Das Wetter war kalt, doch abgesehen von Schauern trocken.
„Du kennst die Spielregeln?“, fragte James auf dem Weg. Sie nickte.
Es waren wenige Schüler auf dem Feld. James erklärte, dass ein neuer Hüter und ein neuer Sucher gefunden werden mussten. Um den Hüterposten bewarben sich Remus und ein Sechstklässler namens Varg. Rafaela und zwei ihrer Jahrgangskollegen, Jack und Ollie, kandidierten für die Position des Suchers.
Jack schien in Zeitlupentempo zu fliegen, was auch James auffiel, denn er pfiff ihn herunter, bevor überhaupt der Schnatz zum ersten Mal aufgetaucht war. Jack war beleidigt, doch James ließ nicht mit sich reden.
Rafaela fand James’ Art, die anderen herumzukommandieren, überhaupt recht grob. Ja, er war Sirius’ bester Freund, doch an diesem Tag würde ihr der Mannschaftskapitän der Gryffindors sicher nicht sympathischer werden, egal ob er sich für oder gegen sie entscheiden sollte.
Der Schnatz tauchte auf und Rafaela beschleunigte sofort in die entsprechende Richtung. Ollie hatte einen Moment später reagiert, doch er schien den besseren Besen zu haben und holte allmählich zu ihr auf. Rafaela legte sich flach auf den Besen und holte mit ihren Beinen zusätzlichen Schwung, sodass sie wieder Vorsprung gewann und den Schnatz fing.

James befahl einen weiteren Versuch, bei dem Ollie Rafaela am Bein packte, als diese startete.
„Spinnst du, Patterson?!“, brüllte James. „Glaubst du, ich bin blind oder die Schiedsrichter im Ernstfall sind es? – Punkt an Halcón wegen Foul, weiter!“
„Jetzt geht’s aber los!“, wehrte Ollie sich. „Bist wohl in sie verknallt, dass du sie bevorzugst?“
„Natürlich! Ich werde in Sirius’ Freundin verknallt sein und dir das noch sagen. – Ich sag dir was anderes, und das mein ich ernst: Halt’s Maul oder du kannst gleich gehen!“
„Ihr braucht wegen mir nicht streiten“, versuchte Rafaela zu vermitteln. „Probieren wir es noch einmal!“
Sie fing erneut den Schnatz; diesmal hatte sie ihn schon, als Ollie gerade startete.
„Okay, Ende!“, befahl James. „Euer Kapitän verkündet hiermit feierlich die neue Mannschaftsaufstellung: Hüter: Remus Lupin. Treiber: Eamon McLaggen, Hardy Correll, wie gehabt; Jäger: Jeanine Catterby, Sirius Black und meine Wenigkeit; Sucherin: Rafaela Halcón!“
Rafaela war ein bisschen stolz, zur Mannschaft zu gehören und noch dazu als Sucherin. Sirius freute sich mit ihr über den Erfolg.
Die Jäger übten noch einige Spielzüge und Rafaela fand, dass James, egal was man sonst über ihn sagen mochte, ein ausgezeichneter Jäger war.

Den Nachmittag genoss sie mit Sirius, bevor sie sich für den „Slug-Club“ am Abend zurechtmachten. Sie zog ihren seidenen Umhang, den ihre Mutter ihr zum Geburtstag geschenkt hatte, an, schminkte sich und lackierte ihre Fingernägel leuchtend rot.
Sirius erwartete sie im Gemeinschaftsraum. Auch er trug seinen besten Umhang. „Oh la, la!“, rief er, als sie kam. „Da werden sogar die Leute vom Ministerium weich werden, wenn sie dich sehen.“
Engumschlungen gingen sie durch die Gänge bis zu Slughorns Büro.
Vor Slughorns Büro stand bereits Lily Evans, ähnlich festlich zurechtgemacht wie Rafaela. Aus Gryffindor waren noch James Potter und ein Junge, der Frank hieß und in der siebten war, anwesend.
Uriella war ebenfalls gekommen, in ihrer Begleitung ein Junge mit halblangen, fettigen Haaren. Sie trug einen identischen Festumhang wie ihre Schwester und hatte sich ebenso frisiert und geschminkt – Der einzige Unterschied war, dass ihre Fingernägel hellgrün leuchteten.
„Der Kerl neben meiner Schwester hätte sich die Haare waschen können!“, flüsterte Rafaela Sirius halblaut zu, in der Hoffnung, dass Uriella es hören sollte.
„Das kann er nicht – sonst wäre er ja nicht Schniefelus“, antwortete Sirius in normaler Lautstärke. „Stimmt’s, Schniefelus, du Dreckbär!“
„Wo du Recht hast, hast du Recht, Tatze!“, stimmte James zu. „Immerhin hat er es inzwischen offensichtlich gelernt, Liebestränke zu mixen.“ Er schaute Uriella frech an.
„Lass ihn doch einmal in Ruhe, Black“, giftete Lily. „Und du auch, Potter!“
„Misch du dich nicht ein!“, fauchte Uriella sie drohend an. „Black ist ja nur neidisch, weil er außer ein bisschen Quidditch nichts auf dem Kasten hat. Komisch, Rafa, dass du den immer noch für den Märchenprinz hältst! – Und du, Potter, halt dein Maul, bevor ich es dir zuhexe!“

Die anwesenden Ravenclaws traten einen Schritt zurück und zeigten, dass sie mit der Streiterei nichts zu tun haben wollten, während zwei Hufflepuffs versuchten, zu vermitteln.
Als Slughorn die Tür öffnete, gaben alle Anwesenden Ruhe. Der Zaubertrankprofessor hatte aus seinem Büro einen feinen Speisesaal mit goldenen Kronleuchtern auf jedem Tisch gemacht. Tatsächlich waren Männer bei ihm, die er als Ministeriumszauberer vorstellte. „Mr. Crouch und Mr. Scrimgeour waren als Schüler ebenfalls hier im Slug-Club. Durch Ihre Fähigkeiten und, in aller Bescheidenheit, auch durch meine Förderung, haben sie es weit gebracht. Diese Möglichkeiten möchte ich auch Ihnen eröffnen“, erklärte er.
Das Essen wurde aufgetragen und obwohl sowohl das Essen in Hogwarts sehr gut war als auch Diana Halcón eine gute Köchin gewesen war, war Rafaela sich sicher, noch nie so fein gegessen zu haben. Slughorn scheute anscheinend keine Kosten und Mühen, seine Lieblingsschüler zu verwöhnen.
Nach dem Essen lobte er die Leistungen der meisten Schüler. Rafaela und Sirius kraulten sich gegenseitig unter dem Tisch die Oberschenkel und flüsterten sich gelegentlich Bemerkungen über die anderen ins Ohr. Zwischendurch versuchte Rafaela durch genaues Hinschauen und Gedankenlesen herauszubekommen, ob ‚Schniefelus’ wirklich der Freund ihrer Schwester war, doch Uriella merkte es und verschloss ihre Gedanken. Auch der Junge schien Okklumantik zu beherrschen, denn Rafaela erkannte auch bei ihm nichts Genaues.

„Miss Halcón!“ Rafaela schreckte auf, merkte aber, dass Slughorn sich ihrer Schwester zugewandt hatte.
„Sie haben auf Anhieb das Gegengift gegen einen Lähmungstrank zustande gebracht. Es ist schade, dass Albert Antivenon, der Direktor der Giftschutzabteilung, heute verhindert ist, aber irgendwann wird sich die Möglichkeit ergeben, Sie ihm vorzustellen!
Kein Wunder, dass Sie sich so gut mit Mr. Snape verstehen! Auch er ist seit seinem ersten Jahr einer meiner besten Schüler. Obwohl Ihr Vater, Mr. Snape, ein Muggel ist, haben Sie in Zaubertränken, aber auch, wie mir berichtet wurde, in Verteidigung gegen die Dunklen Künste, ein Niveau erreicht, das viele erwachsene Zauberer nicht haben.“
Uriellas Begleiter lächelte matt.
„Wenn ich aber von Miss Uriella Halcón spreche“, fuhr Slughorn fort, „darf ich nicht vergessen, dass sie zwar geringfügig schneller war als ihre Zwillingsschwester, diese aber den eher noch perfekteren Trank gebraut hat. Ich bin sehr stolz, auch Sie als Schülerin zu haben, Miss Rafaela Halcón!“
Rafaela stand artig auf, als der Professor sie ansprach.
„Ich sehe, wie Ihre Schwester haben auch Sie Geschmack bei der Wahl Ihres Begleiters bewiesen. Mr. Black ist nicht nur der Spross einer der ältesten und reinblütigsten Zaubererfamilien Englands, sondern auch ein ausgezeichneter Quidditchspieler und in vielen Fächern, wenn auch leider nicht in meinem, ein erstklassiger Schüler.
Wie geht es Ihren lieben Eltern, Mr. Black?“
Sirius brachte ein „Danke, gut!“, heraus.
Rafaela hatte sich gemerkt, was Sirius über ihre Eltern gesagt hatte und ihr war, ohne dass sie seine Gedanken lesen musste, klar, wie schwer es ihrem Freund fiel, über seine Familie zu reden.

Im Laufe des Abends waren noch mehrere Zauberer aus verschiedenen Bereichen erschienen und Rafaela, Uriella, Sirius und andere wurden gefragt, was sie nach der Schule werden wollten und man bot ihnen Unterstützung an.
„Ich würde gerne Aurorin werden und Voldemort bekämpfen“, verkündete Rafaela selbstbewusst. Der Mann, der sie angesprochen hatte, immerhin selbst ein Ministeriumszauberer, erschrak. „Sie sind sehr mutig, dieses Ziel und noch dazu den Namen des Unnennbaren zu nennen. Sie wissen, worauf Sie sich einlassen?“
„Ich weiß. Voldemort hat meine Eltern getötet, weil sie gegen ihn gekämpft haben. Ich möchte sie rächen und die Zauberer und Muggel der Welt vor diesem Ungeheuer schützen.“
„Es gibt weit weniger gefährliche Berufe, in denen man es ebenso weit bringen kann“, versuchte der Mann, sie abzubringen. „Sie sind eine junge Frau, die eine glänzende Karriere vor sich haben könnte und sich nicht unnötig in Gefahr bringen sollte. Wir können nicht ausschließen, dass der Tag kommen wird, an dem der, dessen Name nicht genannt werden darf, die Herrschaft übernimmt. Darauf sollten wir gefasst sein. Was der Mann an Ihrer Seite wohl zu Ihren Plänen sagen wird?“
Der Zauberer hatte Sirius nicht direkt angeschaut, doch der antwortete prompt: „Ich sage, dass ich stolz auf meine liebe Rafa bin. Ich werde mitkämpfen und eher sterben als zulassen, dass Voldemort die Herrschaft völlig übernimmt.“ Er küsste sie leidenschaftlich, ungeachtet der Zuschauer. Sie erwiderte den Kuss.

Nach dem Treffen, auf dem Weg zum Gryffindorturm, gratulierte James Rafaela und Sirius. „Den Labertypen habt ihr’s aber gezeigt! Wetten, dass die Slytherins erschrocken sind!“
Auch Lily lobte den Mut der beiden, obwohl sie Sirius dabei kaum ansah. Später flüsterte sie Rafaela noch zu: „Wenn Sluggy noch einmal sagt ‚Obwohl Sie ein Muggelkind sind’ krieg’ ich die Krise!“

Am nächsten Morgen bekam Rafaela mit, wie Peter aufgeregt James etwas erzählte. Der begann sofort, laut zu lachen. „Hey, Tatze!“, rief er danach Sirius zu „Wurmschwanz hat etwas gesehen! Deine Perle hat mit Schniefelus geknutscht!“
Sirius prustete ebenso los wie Rafaela. Die sagte, nachdem sie sich etwas beruhigt hatte, ruhig zu Peter: „Kannst du dich nicht erinnern, dass ich eine Zwillingsschwester habe, die nach Slytherin gekommen ist?“
„Und einen leicht verirrten Geschmack hat“, vollendete Sirius. „Zum Glück hat sie den nicht mit dir gemeinsam.“ Er küsste Rafaela.
Peter schämte sich und entschuldigte sich bei Rafaela dafür, dass er sie verwechselt hatte. Die freute sich jedoch, zu wissen, dass zwischen Uriella und ‚Schniefelus’ tatsächlich etwas lief.
Sie fragte Sirius und James über diesen aus, doch die wussten nicht viel, außer, dass er in Wirklichkeit Severus Snape hieß und auch in Slytherin wenig Freunde hatte.
Auch Remus zuckte mit den Achseln. „Lily kennt ihn besser“, erklärte er.

Obwohl sie den Großteil des Tages mit Sirius unterwegs war, kam Rafaela zwischendurch dazu, einiges über Träume zu lesen. Sie erfuhr, dass Träume meist mit tatsächlichen Erlebnissen zu tun hatten, manchmal jedoch auch zukünftige Erlebnisse aussagten. Eines der Bücher, die sie ausgeliehen hatte, sagte ihr, dass der Mensch umso weniger träume, je glücklicher er sei. Vielleicht hatte sie deshalb in den letzten Tagen weniger von ihrer Mutter und ihrer Schwester geträumt.

Am Nachmittag traf Rafaela Lily und fragte sie über Severus aus. Die wurde traurig. „Eigentlich ist er ein armer Wicht“, erzählte sie. „Wir kommen aus demselben Dorf. Sein Vater ist ewig betrunken und seine Mutter schämt sich, eine Hexe zu sein. Soviel ich weiß, hatte er auch bei den Muggeln keine Freunde. Er könnte voll nett sein, wenn er nicht in Slytherin mit Typen wie Nott und Crabbe zusammenhängen würde. – Vielleicht nicht das Schlechteste, wenn deine Schwester mit ihm zusammen ist. Wenn sie einigermaßen so ist wie du, hat sie einen guten Einfluss.“
„Du tust, wie wenn du mich seit ewig kennen würdest.“
Lily grinste: „Dich nicht, aber Black. Der war letztes Jahr ein richtiges Ekel – schlimmer als Potter und das will was heißen. Und jetzt, seit er mit dir zusammen ist und sich nicht mehr vor jedem Mädchen aufblasen muss, ist er eigentlich ganz nett geworden.“
„Hoffentlich nicht zu nett!“, unkte Rafaela.
„Keine Angst! So schnell vergess’ ich das letzte Jahr nicht. Eher mach ich deiner Schwester Konkurrenz und versuch’, ihr Snape auszuspannen– aber sag das nicht Black oder Potter, sonst versuch’ ich, ob ich den Cruciatus zusammenbringe!“
„Lass das vor allem nicht meine Schwester hören! Die ist nämlich wirklich imstande, den Cruciatus oder andere Flüche zu verwenden, wenn ihr jemand in die Quere kommt. Ernst gemeint.“
„Traust du ihr das echt zu?“, fragte Lily entsetzt.
„Durchaus möglich. Und du weißt, wie der Cruciatus funktioniert?!“
„Ich hab gehört, dass er nur funktioniert, wenn man absolut kein Mitleid mit dem anderen hat.“
„Stimmt. Und deshalb könnte ich ihn wahrscheinlich nie – außer mir würde Voldemort persönlich über den Weg laufen. Der bekäme aber gleich den Avada-Kedavra.“

Am nächsten Tag nutzte Rafaela die Unterrichtsstunde bei Professor Binns, um weiterzulesen. Diesmal stieß sie auf etwas Interessantes: „Manchmal kommt es bei eng Verwandten oder magisch verbundenen Personen vor, dass jemand träumt, was der andere in diesem Moment tut oder vorhat zu tun. So soll der italienische Zauberer Andrea Vertincelli die Pläne seines Bruders, des berüchtigten Bruno Vertincelli, dem Ministerium vorzeitig mitgeteilt und so an der Verhaftung des letzteren im Jahr 1869 maßgeblichen Anteil gehabt haben.“ Sollte das heißen, Uriella hatte wirklich mit Voldemort Kontakt?

Rafaela ging am Abend, zu Sirius’ Enttäuschung, früh schlafen und versuchte, sich vor dem Einschlafen auf Uriella zu konzentrieren. Tatsächlich sah sie im Traum Uriella und Severus Hand in Hand am See entlang wandern, ihre Zauberstäbe ziehen und den Avada-Kedavra an Spinnen ausprobieren. War das tatsächlich passiert oder lag es an der Unterhaltung mit Lily am Tag zuvor?

Sirius war in der Nacht mit James gemeinsam unterwegs gewesen und wurde am nächsten Morgen zu Dumbledore zitiert. Beim Mittagessen erzählte er, dass er und James sich an zwei Slytherins gerächt hatten, die Zweitklässler aus Gryffindor in den See schweben lassen hatten. Sie hatten den beiden einige schmerzhafte Flüche verpasst, waren aber von Peeves beobachtet worden, der sofort Alarm geschlagen hatte.
In seinen Gedanken las Rafaela, dass Sirius von Dumbledore Veritasserum bekommen hatte und über sein Verhältnis zu seiner Kusine, die im Verdacht stand, Todesserin zu sein, befragt worden war. Dieses Verhältnis allerdings war miserabel.
„Schatz?“, fragte Sirius.
„Was ist?“
„Warum schaust du mich so komisch an?“
„So halt. Tut mir leid. – Ich hoffe, Dumbledore hat eingesehen, dass du nichts Schlechtes wolltest?!“
„Ich glaub schon. Jedenfalls habe ich nicht einmal eine Strafarbeit bekommen. Fünf Minuspunkte für Gryffindor holen wir wieder auf. Ich bin gar nicht so böse, dass er mich gleich selbst geholt hat – da haben wir es ihm erklären können.“

Am Samstag war von Sirius wenig zu sehen. Er erklärte, Remus sei krank und er müsse ihn besuchen. Als am Abend Sirius immer noch nicht da war, erkundigte Rafaela sich bei Donna, die nur wusste, dass Remus oft krank wurde.
Rafaela wartete bis spät in die Nacht auf ihren Freund, doch schlief sie im Gemeinschaftsraum ein, bevor Sirius kam. Auch am Sonntagmorgen war lange nichts von Sirius und James zu sehen. Statt dessen traf Rafaela unfreiwillig auf Uriella und Severus.
„Na? Hat Black dich endlich fallen gelassen?“, fragte Uriella gehässig.
„Als ob dich das interessieren würde“, gab Rafaela zurück. „Was willst du eigentlich mit Severus? Geld wohl kaum.“
„Geht dich das was an?“ Uriella hob drohend die Hand und Rafaela beschwor im letzten Moment mit beiden Händen einen Schildzauber herbei, sodass der goldgelbe Strahl zurückprallte.
„He!“, rief Professor Flitwick, den keine der Schwestern hinter dem Tisch gesehen hatte. „Da hat sich wohl jemand mit Zauberei ohne Zauberstab beschäftigt?! Nicht schlecht gemacht! Trotzdem je fünf Minuspunkte für Gryffindor und Slytherin. Zaubern außerhalb des Unterrichts bleibt verboten.“

Als Sirius doch auftauchte, blieb er recht einsilbig, was Remus betraf. Selbst als Rafaela seine Gedanken lesen wollte, versuchte er, sie zu verschließen; dennoch erfuhr sie, dass Remus ein Werwolf war und sich jeden Vollmond versteckt hielt – und wie Sirius, James und Peter als Animagi trotzdem mit ihm zusammen bleiben konnten.
Ehe sie sich versah, ließ Sirius sie plötzlich los: „He! Versuchst du, in meinen Gedanken zu lesen?“
Rafaela wurde rot. „Tut mir leid, Schatz!“, brachte sie heraus. „Ich hab es gesehen, aber ich werde es niemand sagen.“
„Darum möchte ich aber bitten“, antwortete er grimmig. „Es geht um Remus. Offiziell weiß es nur Dumbledore – und wenn es bekannt wird, muss der ihn wohl rausschmeißen. Remus muss jeden Vollmond verschwinden, damit... – jedenfalls ist bisher noch nichts passiert und Remus ist eigentlich vorsichtig genug.“

Sirius brauchte bis zum Nachmittag, um sich von dem Schrecken, dass seine Freundin in seine Gedanken eingedrungen war, zu erholen. Rafaela zog die Lehre, nicht länger in die Gedanken anderer zu schauen – sie wusste, dass man zwangsläufig dem anderen scharf in die Augen sehen musste und je länger man das tat, umso wahrscheinlicher wurde man bemerkt.

Am Nachmittag nahm Sirius sie wieder fest in die Arme und sie gingen am See spazieren, bis es stärker zu regnen anfing. Beide versuchten sie, das, was am Vormittag gelaufen war, zu vergessen, doch ihr Verhältnis zueinander hatte sich geändert.
Rafaela hatte den Eindruck, dass Sirius vor allem deshalb mit ihr zusammenblieb, weil er glaubte, von ihr Dinge lernen zu können, die er für kleine Gemeinheiten ausnutzen konnte.
„Sag mal“, flüsterte er ihr am Abend zu. „Du kannst Gedanken lesen und ohne Stab zaubern und du beherrschst Sprüche, die sonst niemand kann – was kannst du eigentlich noch?“
„Och“, antwortete sie, „ich weiß nicht, was normal ist.“
Das war kaum gelogen. Sie wusste zwar, dass ihre Mutter einige Fähigkeiten gehabt hatte, die nicht jeder Zauberer beherrschte, doch nicht im Einzelnen, welche das waren. Sie wusste nur ziemlich sicher – weil ihr Großvater es ihr erzählt hatte – dass sonst kein oder fast kein Zauberer ohne Hilfsmittel fliegen konnte – und Rafaela wagte nicht zu behaupten, sie könne wirklich fliegen. Zwar könnten sie und wohl auch ihre Schwester ohne Besen über den Verbotenen Wald kommen, doch spätestens nach vier bis fünf Meilen mussten sie beide landen.

Während der Woche nutzte Sirius die freien Stunden, um sich von Rafaela den Proprialux-Zauber beibringen zu lassen. Am Ende der Woche beherrschte er ihn zwar lange nicht perfekt, doch immerhin erkannte sie, dass er nun genug sah, um bei Nacht nicht zu stolpern.
In der Nacht von Donnerstag auf Freitag hatte Rafaela einen Traum, in dem sie ihre Mutter mit Voldemort kämpfen sah. Sie glaubte sogar, den Ort zu erkennen, wo sich die beiden duellierten.
Einen weiteren Traum konnte sie sich noch weniger erklären: Uriella hatte Sirius in der Luft gepackt und ließ ihn plötzlich stürzen.

Am Samstag war das lange erwartete Ereignis gekommen: Gryffindor spielte gegen Slytherin. Jacob Hornby, Donnas Schwarm, kommentierte: „Beide Mannschaften mit Änderungen: Gryffindor mit Lupin statt Petrell als Hüter, McLaggen, Correll, Catterby, Black, Potter, wie gehabt – und als Sucher ebenfalls eine Neue: Halcón, unser Talent aus Spanien. Slytherin tritt an mit Nott, Courtney, Flint, Lestrange, Cooper, Anderson und Black.“ Tatsächlich sah der Sucher der Slytherins Sirius ziemlich ähnlich. Er flog dicht an Rafaela vorbei, sodass diese den Schriftzug „Sauberwisch Sechs“ an seinem Besen lesen konnte. Als ob das sie beeindrucken würde!
„Das Spiel hat begonnen. Der Quaffel ist in der Luft, Black spielt Catterby an, die duckt sich unter einem Klatscher von Flint, Querpass zu Potter, der steht frei, wirft und – 10:0 für Gryffindor!“
Ohrenbetäubender Jubel erklang von den Gryffindor-Rängen.
Die Jäger der Gryffindors waren überlegen und gingen schnell mit 50:10 in Führung. Die Slytherins verlegten sich auf Foulspiel, doch Professor Hooch, die das Spiel pfiff, passte genau auf.
„Flint trifft mit dem Schläger Potters Kopf statt den Klatscher – Du Schwein!“, brüllte Jacob Hornby. Selbst McGonagall war wütend. Ein Pfiff erklang.
„Potter nimmt den Quaffel zum Freiwurf, fliegt nach vorne, lockt Nott von den Ringen weg, wirft und – daneben! Das darf nicht wahr sein!“
Rafaela schaute hinunter zu den Slytherinrängen und sah ihre Schwester wild gestikulieren. Sie wurde nervös: Sie konnte zwar um sich selbst einen beweglichen Schutzschild legen, doch den Zauber, ihn um andere so zu legen, dass die sich immer noch bewegen konnten, beherrschte sie nicht.
Folgerichtig stürzte bald Sirius’ Besen weg, sodass er böse gefallen wäre, wenn nicht Dumbledore dies magisch verhindert hätte und James blieb mitten in der Luft stehen, bis ihn ein Klatscher traf. Rafaela selbst baute den Schutzschild auf – keine Sekunde zu früh, denn sie sah einen fast durchsichtigen Fluch an selbigem abprallen.

Weder James noch Sirius waren ernsthaft verletzt und so holte Slytherin nur mäßig auf. Beim Stand von 80:50 sauste Regulus Black zu Boden. Rafaela flog hinterher, schaute aber gerade noch rechtzeitig: Der Junge versuchte den Wronski-Bluff.

Nach je einem weiteren Tor für Gryffindor und Slytherin sah Rafaela den Schnatz hoch über den Rängen der Gryffindors. Auch Regulus Black hatte ihn gesehen und legte sich flach auf seinen ausgezeichneten Besen. Rafaela drückte mit den Armen Luft beiseite und gewann einen geringen Vorsprung. Sie spürte, wie er nach ihrem Fußgelenk griff, doch da hatte sie schon den Schnatz. Ihr Gegner hielt sie fest, doch sie konnte den kleinen geflügelten Ball vorzeigen.

Der Jubel der Gryffindors war unbeschreiblich. Die ganze Mannschaft nahm nacheinander ihre Sucherin in die Arme. Sirius und sie flogen Arm in Arm eine Ehrenrunde. Nur als sie vor Uriella und Severus vorbei flogen, löste Rafaela kurz die Umarmung, um ihrer Schwester die lange Nase zu zeigen.

Am Abend gab es eine lange Party mit Butterbier und Firewhisky, die James den Küchenelfen abgeluchst hatte. Die Firewhiskyflaschen versah er mit harmlosen Etiketten, falls McGonagall stören sollte. Alle genossen die festliche Stimmung und auch McGonagall schickte sie erst nach zwölf ins Bett.

Rafaela träumte in den nächsten Nächten wieder von Uriella und Voldemort. In einer wachen Stunde überlegte sie sich, dass der letzte Traum – Uriella ließ Sirius fallen – während des Quidditchspiels wirklich passiert war: Uriella hatte Sirius’ Besen weggezaubert und dies geplant.
Aufgeregt rannte sie eines Morgens zu ihrer Großmutter und erzählte davon. Sie berichtete auch von den Träumen vom Kampf zwischen ihrer Mutter und Voldemort sowie der Unterhaltung ihrer Schwester mit demselben. Professor McGonagall nahm ihre Enkelin in den Arm und führte sie in ihr Büro.
„Du wirst Opa fragen müssen. Ich habe nur Gerüchte gehört, dass deine Mutter mit Du-weißt-schon-Wem gekämpft hat“, sagte sie. „Und was Uriella betrifft: Das ist verdächtig, aber kein Beweis.“
„Was soll ich also tun?“
„Aufpassen. Wir werden es auch tun. Versprochen! – Aber eines: Bitte sprich nicht überall darüber. Uriella kann genau so gut unschuldig sein und du solltest keine Gerüchte entstehen lassen.“

Als Rafaela nach etwa einer Stunde das Büro ihrer Hauslehrerin verließ, rannte sie geradewegs Sirius in die Arme.
„Sag Mal!“, flüsterte der, während er sie an sich drückte. „Was ist los und was für ein Verhältnis hast du zu McGonagall.“
„Ich hab schlecht geträumt und – zu McGonagall: Ich hab geglaubt, der Traum bedeutet irgendwas. Da hab ich sie gefragt – war aber harmlos.“
Sirius ließ sie los, als ob ihn der Blitz getroffen hätte: „Und McGonagall nimmt jedes Mädchen in den Arm, das schlecht träumt, ganz klar! Hör zu, Rafa: Du liest meine Gedanken, du erzählst mir Märchen – irgendwann reicht es! Vielleicht bist du mir in einigen Zauberkräften über, aber dumm bin ich nicht und auch nicht von dir abhängig!“

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Beitragvon Dawniee » Mi 03 Dez, 2008 20:11

Du warst fleißig am schreiben, Probator.
Also... ich fande den Prolog super interessant, und bin nun ein wenig traurig, dass du diese Generation ausgelassen hast. Es wäre spannend zu wissen wie sie sich entwickelt hat. Aber dafür schwebt eine riesige Geheimniswolke über den Kampf mit Voldi.
Zu Rafaela und ihre Schwester. Ich finde es super dass du zwei so unterschiedliche Charaktere ausgesucht hast. Ich hasse Uriella schon beinah. Das sie und Sev ein Paar sind finde ich... schon gut. aber der arme Sevi, wozu führt das nur?
Zu Rafa und Sirius: Ich hab mich schon gefragt "Wann wird Sirius endlich wütend???" Spätestens beim ersten Bemerken des Gedankenlesens wäre ich an Sirius Stelle ausgerastet! Vorallem da Sirius aus einer, sagen wir sehr stolzen Familie kommt, die keinen Verständnis für Andersdenkende haben, und somit auch nicht für Sirius, und ich finde Gedankenlesen ist ein ziemlicher Vertrauensbruch und genau das ist was Sirius nicht gebrauchen kann. Aber du hast ja zum Schluss schon einen Streit angedeutet oder warst fast mitten drin.
War James nicht Sucher! Ich bin mir fast 1000% sicher.
Du musst nur aufpassen, dass du Rafaela und Uriella nicht zu Übermenschen machst. Sie sind in allem die Besten, können alles was andere nicht können und haben Fähigkeiten wie kein anderer und dazu noch die besten Großeltern und sie und Voldemort haben die gleichen Muggelwurzeln. Was ich damit sagen will, es kann dadurch schnell langweilig werden, denn wer will jemand perfektes sehen?
Die Träume sind sehr interessant. Ich bin schon immer am mitraten was wohl passieren könnte oder was passiert war.
Lg Dawniee
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Beitragvon Probator » Di 17 Feb, 2009 10:04

So sehr Rafaela ihm auch versicherte, dass es ihr leid tat: Diesmal verzieh Sirius ihr nicht und erklärte die Beziehung für beendet.
Ausgerechnet vor dem Hogsmeade-Wochenende! Sie hatte sich schon ausgemalt, wie es wäre, mit ihm durch die Geschäfte zu gehen, bei Madam Puddifoot’s einen Kaffee zu trinken und vielleicht noch Arm in Arm die Straßen entlang zu flanieren. Den Freitag über lag sie weinend in ihrem Zimmer, sogar unfähig, die ausgeliehenen Bücher über Traumdeutung weiterzulesen.
Es war ausgerechnet Nancy, die sich über eine Stunde zu ihr in den Schlafraum setzte und versuchte, sie zu trösten.
„So geht das also, wenn man auf Blacks Abschussliste steht“, sagte sie dennoch. „Kopf hoch, du findest einen besseren! Black hat dich nicht verdient.“

Schlimm war es dennoch, am Samstag in der Schlange, die sich vor Filch gebildet hatte, zuzusehen, wie Uriella mit ihrem Severus Händchen hielt, Jeanine Catterby mit James Potter, Donna mit einem Sechstklässler aus Ravenclaw namens Marvin und Lily mit einem Siebtklässler aus Hufflepuff, den Rafaela nicht kannte. Katie war mit Remus noch nicht über das Flirtniveau hinaus, doch auch die beiden blieben zusammen.
Lustlos kaufte Rafaela sich Süßigkeiten, trank ein Butterbier in den „Drei Besen“ und schlich anschließend allein durch das Dorf. Schlimm war es, als sie am „Madam Puddifoot’s“ vorbei kam und dort nicht nur ihre Schwester mit Anhang, sondern auch Sirius mit neuer Damenbegleitung sah. Hatte sie ihm denn so wenig bedeutet, dass er in so kurzer Zeit eine andere gefunden hatte?
Nein, sie wollte nicht, dass irgend jemand sie heulen sah. Nicht Sirius, nicht Lily oder Donna und schon gar nicht James, Uriella oder Severus. Ehe sie das Lokal richtig betreten hatte, drehte sie sich um, machte sich unsichtbar und marschierte schnurstracks nach Hogwarts zurück.
Sie hockte sich, immer noch unsichtbar, in einen leeren Gang, in dem niemand sie vermutet hätte, auch wenn er gezielt gesucht hätte.

Was nützte es, magische Fähigkeiten zu haben, die denen der Mitschüler weit überlegen waren, wenn man so allein war? Die Eltern heimtückisch ermordet, das eine Großelternpaar ebenso, das andere versteckte vor der Welt, dass sie ihre Großeltern waren; der Schwester konnte sie nicht mehr vertrauen, sie schien Rafaela sogar richtig zu hassen; für ihren Freund war sie ersetzbar wie ein altes Kleidungsstück oder ein alter Rennbesen, wenn man genug für einen besseren gespart hatte; die Freundinnen frisch verliebt und mit nichts anderem beschäftigt als mit ihren Freunden.

Nachdem sie einige Zeit still getrauert hatte, entschloss sie sich, ins Direktionsbüro zu gehen und den Großvater zu fragen, ob er sich ihre Träume erklären könne. Tatsächlich gab der Wasserspeier den Zugang frei und Albus Dumbledore war zu sprechen.
Rafaela erzählte ihm ebenfalls alles über ihre Träume und fragte ihn, was er davon hielt. „Mama hat mal erzählt, dass es Wahrsageträume gibt, aber sie hat nicht viel davon gehalten“, schloss sie ihre Erzählung.
„Ich auch nicht“, antwortete er. „Wahrsagerei ist eines der unsichersten Felder der Magie überhaupt, da es von vielen verschiedenen Dingen abhängt, die der Einzelne nicht beeinflussen kann. Dennoch kann es richtige Prophezeiungen geben. Bei dir können die Träume allerdings noch andere Ursachen haben.“
„Welche denn?“
„Es gibt bestimmte magische Verbindungen, die unter Zwillingen möglicherweise bestehen. Es mag auch sein, dass eure Mutter einen Zauber auf euch beide gelegt hat. Ist dir bisher auch bei anderen aufgefallen, dass du in Träumen vorher ahnst, was sie vorhaben oder nur bei Uriella?“
„Bisher nur bei ihr.“
„Dann bitte ich dich um eines: Versuch einmal, so wie du es beschrieben hast, dass du dir vor dem Einschlafen vorgenommen hast, an Uriella zu denken, dir dasselbe für irgend jemand anderen, der nicht mit dir verwandt ist, vorzunehmen. Sirius oder Donna oder Lily oder...“
„Red bitte nicht von Sirius!“, bat Rafaela traurig.
„Entschuldige bitte! Wieder einmal ein Fehler deines alten Opas! Aber du verstehst: Stell dir jemand vor, den du gut kennst – und schau, ob du ebenfalls im Voraus träumst, was er oder sie vorhat!“
„Mach ich – Was hältst du eigentlich von dem Traum, in dem Mama mit Voldemort gekämpft hat und dem, in dem Uri mit ihm gesprochen hat?“
Er überlegte einige Zeit. „Eure Mutter hat einmal erwähnt, dass Voldemort ihr angeboten hat, sie zu verschonen, wenn sie euren Vater ausliefern und sich ihm, Voldemort, anschließen sollte.“
„Und weiter?“
„Sie hat gesagt, sie hat abgelehnt und wollte nicht weiter darüber reden. Ich kann mir aber kaum vorstellen, dass Voldemort sich das hat bieten lassen. Ob es direkt zum Kampf gekommen ist oder Voldemort von vornherein einen nächtlichen Überfall geplant hat, weiß ich nicht.“
Rafaela überlegte nun selbst. „Ja, ich kann mich erinnern. Mama hat einmal zu Papa gesagt – sie hat gedacht, wir schlafen schon – dass Voldemort hinter ihm her wäre, dass sie ihn aber nie verlassen würde. Wir haben es zufällig mitgehört; wir haben abwechselnd gelauscht.“
„Wenn es zum Kampf gekommen sein sollte, wäre eure Mutter bisher die einzige Hexe gewesen, die einen Kampf mit Voldemort überlebt hätte. Und selbst wenn nicht: Die Tatsache, dass jemand ihm nicht gehorcht hätte, wäre für ihn Grund genug gewesen, diesen jemand umzubringen.“
„Und was hat Uriella damit zu tun?“
„Das kann ich dir auch nicht sagen. – Nun, Schätzchen, mir ist nicht entgangen, dass ihr zueinander – leider – gelinde gesagt nicht das beste Verhältnis habt. Trotzdem: Kannst du dir allen Ernstes vorstellen, dass Uriella Kontakt zu Voldemort aufgenommen hat?“
„Ich weiß auch nicht recht“, gab Rafaela zu. „Irgendwie – sie hat Mama und Papa doch auch geliebt. Aber nach dem Mord schien ihr alles total egal zu sein.“
„Und du meinst, weil du Recht hattest, dass sie Sirius vom Besen gezaubert hast, könnte das andere auch stimmen? Es könnte, Schätzchen, aber es muss nicht.“
„Was heißt das?“
„Das heißt, ich kann nichts unternehmen, nur weil du deine Schwester verdächtigst. Das einzige was du, wie mir scheint, tun kannst und tun solltest, ist, etwas aufzupassen, was du ihr erzählst. Und noch etwas:“
„Was denn?“
„Egal, ob du wirklich in deinen Träumen wahrsagerische Fähigkeiten entwickeln kannst oder nur zwischen dir und deiner Schwester eine besondere Verbindung besteht: Du musst damit rechnen, dass sie die gleichen Fähigkeiten hat.“
„Das heißt, dass sie vielleicht weiß, dass ich dir das erzählt habe?!“
„Das muss nicht sein. Du hast ja auch nicht mitbekommen, was sie zu Voldemort gesagt hat oder zu Severus. Aber sie könnte mitbekommen, dass du heute hier warst – und wird sich überlegen, warum.“
„Das heißt, du glaubst mir?“
„Ich könnte mir vorstellen, dass deine Träume zumindest teilweise ernst zu nehmen sind. Das muss noch lange nicht heißen, dass alles stimmt, was du träumst.“

Rafaela versprach, zu versuchen, abends an andere Schüler zu denken und so zu erkunden, ob sie echte Wahrsageträume hatte oder eine besondere Beziehung zu ihrer Schwester bestand.
Sie nahm sich außerdem vor, gegenüber der Schwester möglichst konsequent ihre Gedanken zu verschließen.

Als sie aus dem Direktionsbüro in Richtung Gryffindorturm ging, hörte sie schon von weitem das fröhliche Gekicher und Geschrei der anderen. Sie drehte auf der Treppe um und lief in Richtung Wald, wo sie sich wieder unsichtbar machte.
Offenbar war sie eingedöst, denn plötzlich erschrak sie durch Geklapper der Scheren riesiger Spinnen. Sie hörte eine Stimme: „Ich rieche Menschenfleisch!“
Sie sah sich um und erkannte fünf der Monster in unmittelbarer Nähe. Ein Kampf war unmöglich, eine Flucht ging nur über die Luft – und einen Senkrechtstart hatte sie noch nie versucht.
Es gelang ihr jedoch, zumindest über die Höhe der Spinnen zu steigen und ein Stück von ihnen wegzuschweben, wenn sie auch ziemlich unsanft wieder landete. Nein, Fliegen konnte man das nicht nennen, aber immerhin war sie entkommen! Sie rannte zurück in Richtung Schloss, versteckte sich in einem Gang, kam zu spät zum Abendessen und verzog sich unmittelbar danach mit einem Buch in den Schlafraum.

Katie kam etwas später und setzte sich an Rafaelas Bettkante: „Sag mal, was ist denn mit dir los? Ich meine, dass Sirius sich `ne andere geschnappt hat, hab ich mitbekommen, aber wir sind ja auch noch da, oder?“
„Aber irgendwie seid ihr alle – vergeben im Moment?“
„Nancy nicht, zum Beispiel. Und zwischen mir und Remus – na ja, kompliziert das ganze.“
„Wieso?“
„Weil Remus irgendwie nicht richtig zieht. Sollte man nicht glauben, dass jemand, der mit Potter und Black zusammenhängt, so schüchtern ist.“
„Na ja, kann ja noch werden.“
„Und bei dir wird es auch noch. Du brauchst nicht glauben, dass Black der einzige Junge ist, der in dich ist. Ich hab in den ‚Drei Besen’ so einiges gehört, was Fünft- und Sechstklässler so geredet haben. Da findet sich bestimmt irgendeiner.“
„Ich will aber nicht irgendeinen. Ich bin nicht so drauf. Ich will Sirius zurück – wenn er wieder normal ist.“
„Im Moment will er eben nicht, Rafa! Kann sich ja noch ändern.“

Obwohl Rafaela merkte, dass die Mitschülerinnen es gut mit ihr meinten, zog sie sich das Wochenende über weitgehend zurück.
Sie nahm den Vorschlag des Großvaters ernst, vor dem Schlafengehen an andere Personen zu denken, doch so realistische Träume wie über ihre Schwester hatte sie weder von Sirius noch von Katie noch von Donna. Zusammen mit dem, was der Großvater gesagt hatte, machte ihr das immer klarer, dass zwischen ihr und ihrer Schwester ein besonderes Band bestehen und dass Uriella tatsächlich zumindest in irgendeiner Form Kontakt zu Voldemort gehabt haben musste.

Tatsächlich versuchten in den nächsten zwei Wochen insgesamt drei Jungen, mit Rafaela in engeren Kontakt zu kommen, einen, Regin Farthney aus der sechsten Klasse, fand sie auch ganz nett, doch das prickelnde Gefühl wie bei Sirius wollte sich nicht einstellen.
Uriella hatte inzwischen natürlich alles bemerkt und lästerte jedes Mal, wenn die Schwestern sich trafen.
„Klar, wenn man sich den hässlichsten Typen im Haus sucht, kann niemand ihn dir ausspannen!“, gab Rafaela zurück.
„Wag es, Severus zu beleidigen!“, giftete Uriella. „Der hat mehr Hirn als alle Jungs von Gryffindor zusammen!“ Sie hob drohend die Hand, doch Rafaela ging aus der Schusslinie.

Auf Donnas und Katies Empfehlung ließ Rafaela sich doch einmal von Regin küssen. Immerhin sah er nicht schlecht aus und sie konnte so Sirius und ihrer Schwester zeigen, dass sie auch in der Lage war, „Ersatz“ zu finden.

Die meiste Zeit verbrachte sie jedoch hinter Büchern. Sie vertiefte sich in Traumdeutung und fand endlich auch ein Buch über Vergessenszauber. Zwischendurch versuchte sie gelegentlich, zu fliegen, doch so sicher wie ihre Mutter wurde sie nie.

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Beitragvon Probator » Di 10 Mär, 2009 10:20

Rafaela ging in nächster Zeit ihrer Schwester und deren Freund ebenso aus dem Weg wie ihrem Ex-Freund Sirius und dessen Freunden. Dennoch bekam sie mit, dass zwischen Sirius und Severus ein Duell stattgefunden hatte, angeblich, weil Sirius seinen Erzfeind beschuldigt hatte, mit Voldemort im Bund zu stehen.
Beide Jungen waren im Krankenflügel gelandet, jedoch einen Tag später wieder als geheilt entlassen worden. Beide hatten eine Strafarbeit von Professor McGonagall erhalten.
Rafaela, die ihre Träume in den letzten beiden Nächten auf Sirius zu konzentrieren versucht hatte, erkannte so, dass sich ihre wahrsagerischen Kräfte – wenn überhaupt – auf ihre Schwester beschränkten. Sie beschloss daher, sich mehr auf diese zu konzentrieren.

Ihre Beziehung zu Regin plätscherte dahin, ohne dass ihr bei ihm je die Gefühle gekommen wäre wie bei Sirius. Regin holte Rafaela von ihrer letzten Stunde am Vormittag ab, sie saßen beim Essen nebeneinander, verabschiedeten sich mit einem Kuss um sich irgendwann am Nachmittag wieder zu treffen. Wenn sie sagte, sie müsse in die Bibliothek, um noch zu lernen, hatte er nichts dagegen. Auch er hatte oft anderes vor als sich mit ihr zu treffen. Sie akzeptierte es, denn solange sie sich nicht über ihre Träume im Klaren war, nutzte sie jede mögliche Minute dafür, mehr darüber herauszufinden. So verbrachte sie die Zeiten, in denen er etwas mit Freunden unternahm, in der Bibliothek.
Zufällig fand sie dort zwar nicht die passende Traumdeutung, aber eine Anleitung für den Vergessenszauber.
Nancy war es, die am Abend als Opfer herhalten musste. Rafaela erzählte ihr, als die beiden zufällig alleine waren, dass Sirius wieder hinter ihr, Nancy, her war. Als Nancy aufgeregt in ihrer Toilettentasche nach ihrem stärksten Parfüm suchte, belegte Rafaela sie mit dem Vergessenszauber. Erschrocken fragte das arme Opfer: „Wozu will ich mich eigentlich gerade jetzt schminken? Spinn’ ich oder was?“
‚Genau die richtige Dosis!’, dachte Rafaela.

In ihren Träumen erschien wieder häufiger Uriella. Einmal sah sie die Schwester über die Wälder fliegen und draußen fremde Menschen treffen. Keiner der Fremden hatte ein erkennbares Gesicht. Sie fragte sich lange, was dieser Traum zu bedeuten hatte und war so beschäftigt damit, dass ihr zum ersten Mal ein Zaubertrank völlig misslang.
Ihre Großmutter versuchte, sie zu beruhigen, doch konnte sie ihr ebenso wenig helfen wie der Großvater, Albus Dumbledore persönlich.
Überrascht war Rafaela, als sie einige Tage später am Sonntagmorgen Severus alleine am Slytherintisch sitzen sah. Wo war Uriella?
Rafaela drehte sich in Richtung Severus und versuchte, dessen Gedanken zu lesen, doch es gelang ihr nicht. Der Junge schien mindestens Grundkenntnisse in Okklumantik zu besitzen und auf die Entfernung quer durch die große Halle war es allzu auffällig.

Als sie Severus am Nachmittag alleine mit einem Buch in einer Ecke sitzen sah, wagte Rafaela alles: Sie log Regin an, ihr sei nicht gut, ließ sich von ihm in den Schlafraum führen und verwandelte dort den Löwen an ihrem Umhang in eine Schlange und ihren rot-goldenen Schal in einen grün-silbernen. Abgesehen vom Hauswappen war sie für kaum jemanden von ihrer Schwester zu unterscheiden.
Während sie durch den Gemeinschaftsraum ging, versteckte sie den Schal, um keinen Verdacht zu wecken. Draußen band sie ihn sich wieder um und suchte Severus. Auf dem Weg begegnete sie Lily und deren Freundin Alice, die sie aber keines Blickes mehr würdigten, sobald sie den Slytherinschal sahen.
Severus saß immer noch in seiner Ecke und las in einem Buch „Zaubertränke für Fortgeschrittene“. Rafaela erkannte, dass er sich Notizen machte. So leise wie möglich schlich sie sich an.
„Hallo Schatz!“, hauchte sie.
„Hallo Liebes – Mensch, hast du mich erschreckt! Du wolltest doch erst heute abend wieder kommen!“
Während er sie küsste, konnte sie kurz in seine Gedanken sehen. Er wusste, dass sie sich mit einem gewissen Avery treffen wollte.
„Ich hab die Sache mit Avery ziemlich schnell regeln können“, log sie.
„Umso besser! Weiß er, wie lange es noch dauern wird?“
Offenbar kannte Severus Avery ziemlich gut. An der Oberfläche war wenig zu erkennen und tiefer ins Gehirn einzudringen war gefährlich, zumal bei jemandem, der etwas von Okklumantik verstand. Immerhin: Dieser Avery musste ein Mitarbeiter Voldemorts sein.
„Einige Tage wird es noch sein!“
„Einige Tage nur noch, bis der Dunkle Lord Arthur Weasley angreifen lässt. Steht denn schon fest, wer es tut? Und warum soll ich Prewett dann morgen aufhalten?“
„Du weißt doch, dass der Dunkle Lord sich nicht in die Karten schauen lässt!“ Rafaela hatte etwas Luft gewonnen. Sie unterließ es, zu erkunden, wer dieser Arthur Weasley war und was er mit Professor Prewett zu tun hatte.
„Ich hab übrigens einen genialen Trank gefunden!“, unterbrach Severus sie. „Ein paar kleine Änderungen und man kann aus dem Warzenentfern-Trank ein langsam wirkendes und absolut tödliches Gift machen. Sollte man nicht glauben, dass es so einfach geht!“ Er grinste: „Würde mich zu sehr freuen, es irgendeinen Schlammblüter schlucken zu lassen! Hast du eine Idee, wen?“
Rafaela erschrak und war unfähig zu antworten. Im selben Moment merkte sie, dass nun Severus in ihr Gehirn eindringen wollte. Sie verschloss ihre Gedanken erfolgreich vor ihm – immerhin war sie in Okklumantik mindestens so gut wie er.
„Viel zu einfach!“, antwortete sie schließlich. „Da hat man gar keinen Spaß dabei!“
„Oho, hast du eine Ahnung! Du siehst tagelang, wie sich diese Nichtskönner quälen. Dabei ist das einzige, was man für diesen Trank braucht und was vielleicht schwer zu bekommen ist, Silberschlangengift. Alles andere ist der normale Warzenentfern-Trank, man muss nur zweimal gegen den Uhrzeigersinn rühren. Aber die meisten Idioten hier kriegen solche Feinheiten gar nicht mit.“

Rafaela merkte, dass er immer noch misstrauisch war.
„Ich würde es ja bei Potter versuchen – auch wenn der kein Schlammblut ist“, schlug sie zum Schein vor.
„Potter ist auch gut! Außerdem heulen dann ein paar Schlammblutmädchen!“ Severus setzte ein fieses Grinsen auf.
‚Ich muss dringend schauen, dass ich hier wegkomme!’, dachte Rafaela. Daran, dass womöglich auch noch ihre Schwester zur Unzeit zurückkommen könnte, dachte sie dabei gar nicht.
„Ich glaub, es hat aufgehört zu regnen!“, stellte sie fest. „Ich hätte Lust, noch ein Stück mit dir spazieren zu gehen. Wir haben heute schon genug für den Dunklen Lord getan.“
„Du ja, dich nimmt er wohl auch bald als Todesserin an, nach allem!“
Was allem? Rafaela schaute scharf in sein Gedächtnis.
„Hey, was ist los? Warum schaust du mich an als ob du meine Gedanken lesen wolltest? – Aber für mich sieht es entschieden besser aus, wenn ich zeigen kann, wie das Gift wirkt. Zu schade, dass ich noch über zwei Jahre in Hogwarts bleiben muss!“
Rafaela ging Arm in Arm mit ihm, obwohl sie sich vor seiner ungepflegten Erscheinung fast so ekelte wie vor dem, was er gesagt hatte, zu den Kerkern hinunter.

Der Gemeinschaftsraum der Slytherins sah unheimlich aus: Lang gestreckt, grünlich schimmerten die Fenster, die unter dem See liegen mussten. Totenschädel machten das ganze noch gruseliger.
Die anwesenden Schüler begrüßten das Paar, unterhielten sich aber weder mit Rafaela noch mit Severus länger. Offensichtlich waren beide entweder sehr gefürchtet oder äußerst unbeliebt.
Severus begleitete Rafaela bis an ihren Schlafraum. An der Tür drehte sie sich um und flüsterte Oblivio!
Kaum hatte sie die Tür zugemacht, machte sie sich unsichtbar, schwebte die Treppe hinunter und durch den Gang und ging zur Tür hinaus. Hoffentlich hatten nicht zu viele sie gesehen! Severus war jedenfalls nicht im Gemeinschaftsraum.

Im Treppenhaus machte sie sich sichtbar und verwandelte Schal und Schlange zurück und rannte hinauf zum Direktionsbüro.
„Was ist denn los, Schätzchen? Setz dich doch! Nimm dir ein Bonbon!“, versuchte der Großvater sie zu beruhigen.
„Frag mich bitte nicht, wie, aber ich hab was mitbekommen. Slytherins sagen, der Dunkle Lord will einen Arthur Wettley oder Weary umbringen – soll irgend etwas mit Professor Prewett zu tun haben.“
„Arthur Weasley, meinst du? Das ist ihr Schwiegersohn! Aber woher...?“
„Es haben sich welche unterhalten, die ich nicht kenne. Müssen mich für meine Schwester gehalten haben“, log sie. „Bitte, ich bin sicher, es ist ernst!“
„Ich glaube dir – alleine, weil du Arthur Weasley nicht kennen kannst. Ich werde den Auroren Bescheid sagen.“
„Sie wollen Prewett – Professor Prewett – außer Gefecht setzen“, erzählte Rafaela weiter.
„Du scheinst ziemlich genau Bescheid zu wissen. Gut, ich schicke ihr ein Memo und werde auf sie aufpassen.“
„Weißt du, was dieser Arthur Weasley macht?“
„Er arbeitet in der Abteilung gegen Missbrauch von Muggelartefakten. Und er ist zwar reinblütig, aber einer der größten Gegner dieses Unsinns mit der Reinblütigkeit. Und das ist für Voldemorts Leute schon genug! Und er hat zwei kleine Söhne. Seine Frau, also Professor Prewetts Tochter, ist mit dem dritten Kind schwanger. Der arme Arthur und die arme Molly!“
Rafaela atmete auf, dass der Großvater nicht mehr wissen wollte, wie sie an ihre Informationen gekommen war.
„Meinst du, dass Uriella mehr darüber weiß? Hast du sie gefragt, wie sie darüber denkt?“
Rafaela schüttelte den Kopf.
„Wenn du sie siehst, sag ihr, sie soll hierher kommen!“, befahl er.
Rafaela dachte, dass sie froh sein müsste, wenn Uriella sie nicht töten sollte, wenn sie sich über den Weg liefen.
„Hab keine Angst! Ich werde mich darum kümmern – und Voldemort hat bisher nur zugeschlagen, wo er wenig Gegenwehr bekommen hat. Noch sind seine Leute schwächer als das Ministerium.“ Mehr zu sich selbst sagte er: „Hoffentlich gerät Uri nicht in die falschen Kreise!“

Es tat Rafaela gut, im Büro des Großvaters zu sitzen, dem einzigen Ort, wo sie sich vor der Rache ihrer Schwester sicher fühlte. Was würde passieren, wenn Uriella und Severus sie gemeinsam angriffen? Würde Severus sich erinnern können? Rafaela vertraute darauf, dass ihre Schwester in der kurzen Zeit in Hogwarts wohl kaum so viele Flüche gelernt hatte, dass sie die Abwehrzauber, auf die ihre Mutter so sehr wert gelegt hatte, überwinden konnte, doch ein bisschen Angst hatte sie dennoch: Was, wenn ihre Schwester wirklich Kontakt zu den Todessern hatte? Die wussten sicher noch mehr Flüche.

Erst kurz vor dem Abendessen ging Rafaela in den Gryffindorturm zurück. Regin merkte, dass es ihr schlecht ging und nahm sie in den Arm. Bei aller Angst, es tat ihr gut, sich fallen zu lassen.
„Was ist mit dir, Schatz?“, flüsterte Regin.
Sie erzählte ihm dasselbe wie dem Großvater. Regin war erschrocken, traute den Slytherins jedoch ‚jede Schweinerei’ zu.
„Dumbledore wird es richten, glaube ich!“, versuchte er, sie zu beruhigen. „Selbst Voldemort traut sich nicht an ihn ran und das hat Gründe.“

Beim Abendessen war Uriella wieder da und ihrer Miene nach zu schließen, ahnte sie zumindest etwas. Das konnte heiter werden!

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Beitragvon Dawniee » Mi 11 Mär, 2009 23:31

YAY du hast weitergeschrieben. Ich war ein Monat in den USA und war deshalb nicht online...ich werde mir sofort alles durchlesen. Ich bin schon gespannt :D
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Beitragvon Probator » Do 26 Mär, 2009 13:35

Rafaela war gerade mit Regin unterwegs zu den Gryffindor-Räumen, als ihr Freund plötzlich umfiel. Sie erschrak, beschwor aber gerade noch rechtzeitig einen Schildzauber herbei, an dem der Schockfluch, der sie hatte treffen solle, abprallte.
„Zeige dich!“, rief sie und schickte einen Zauber in die Richtung, aus der der Schockzauber gekommen war.
„Mit größtem Vergnügen“, rief Uriella, machte sich sichtbar und hob die Hand. Rafaelas Schild zerbrach unter dem Fluch. Schnell beschwor sie einen neuen herbei, doch der Fluch, den Uriella gleichzeitig geschickt hatte, warf sie zurück. Ihre Zwillingsschwester lachte höhnisch.
Dass Uriella lachte, statt einen neuen Fluch zu schicken, gab Rafaela die Möglichkeit zum Gegenangriff. Sie schickte mit kaum wahrnehmbarer Handbewegung einen ungesagten Schockfluch auf die Schwester, doch auch die hatte einen Schildzauber beschworen. Rafaela gelang es, diesen zu brechen, doch Uriella tat dasselbe – und Rafaela musste mit Schrecken erkennen, dass ihrer Schwester der Schildbruchfluch weit schneller und präziser gelang als ihr selbst.
Mehrmals wurde Rafaela zurückgeschleudert, während ihr selbst kein entscheidender Angriff gegen ihre Schwester gelang, der nicht wirkungslos an deren Schildzauber abgeprallt wäre. Schon warf ein Fluch, gegen den Rafaela zu spät ihren Schildzauber erneuert hatte, sie gegen die Wand – und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis einer der Flüche sie mit voller Wucht treffen würde. Doch so lange wollte sie sich noch verteidigen. Freiwillig würde sie sich ihrer Schwester nie ergeben.

„Was macht ihr da?“, schrie eine Stimme von unten. Es war Lilys Stimme! Rafaela schwankte zwischen Angst um sie und Hoffnung, dass Uriella sich ablenken ließe. Die schrie tatsächlich „Halt dich raus, Schlammblut!“ und schickte einen Fluch auf das Mädchen.
„Aua!“, schrie Lily. „Expelliarmus!“ Der Fluch prallte wirkungslos von Uriellas Schutzschild zurück, traf Lily selbst und entriss ihr den Zauberstab, der neben Uriella landete. Uriella schickte einen neuen Fluch auf die wehrlose Lily; einen Fluch, der sie zugleich schockte und bluten ließ.
Den Moment, in dem ihre Schwester sich mit Lily beschäftigte, nutzte Rafaela, um Uriellas Schild zu zerstören. Als die sich wieder Rafaela zuwandte, war sie schon von einem Schockfluch getroffen.

Rafaela atmete auf und erlöste Lily von dem Schockfluch. Zugleich zauberte sie den Körper des anderen Mädchens federleicht und trug sie zum Krankenflügel, da ihr eigener Versuch, Lilys Blut magisch zu stillen, misslang.
Madam Pomfrey schlug die Hände über dem Kopf zusammen, als sie Lily sah. „Bei Merlin! Da war Schwarze Magie der übelsten Sorte am Werk. Ich hoffe, ich kann das richten. Auf jeden Fall muss der Direktor davon erfahren.“

Sie wartete gar nicht ab, bis Rafaela hinübergegangen war, sondern informierte Dumbledore sofort über einen Zweiwegespiegel.
Sofort nachdem sie berichtet hatte, wandte sie sich Rafaela zu: „Der Direktor möchte Sie sofort sprechen. Los! Gehen Sie schon!“

Rafaela lief hinüber zum Direktionsbüro. Der Großvater wirkte weit weniger ruhig als gewöhnlich. „Poppy, das heißt, Madam Pomfrey, hat mir soeben durchgegeben, dass sie den Verdacht hat, dass Lily Evans vom Inscinsus-Fluch getroffen worden ist. Du sollst sie in den Krankenflügel gebracht haben. Wo und wie hast du Lily gefunden?“
„An einer Treppe nahe beim Klassenzimmer für Verwandlungen.“
„Dort ist soeben auch Uriella gefunden worden. Hat das etwas miteinander zu tun?“
Rafaela schwieg zunächst.
„Meine liebe Rafaela, wir lehren hier den Inscinsus nicht – und es ist auch kein Fluch, den man schnell einmal aufschnappt, sondern dafür ist viel schwarzmagische Übung nötig. Sobald Lily ansprechbar ist, wird sie sich erinnern, wer sie angegriffen hat. Und du – wenn du – ich hoffe schwer, dass ich mich täusche – irgendwen decken solltest, müsste ich dich unter Umständen sogar von der Schule werfen. Also: Weißt du, wer Lily angegriffen hat? Ja oder nein?“
Noch nie hatte der Großvater so hart mit ihr gesprochen. Rafaela saß ein Kloß im Hals. „Es war Uri“, brachte sie heraus. „Wir beide haben uns gestritten und duelliert. Da ist plötzlich Lily dazugekommen und wollte uns zwingen, aufzuhören – und Uriella hat einen stummen Fluch auf sie geschickt.“
Nun erschrak der Großvater: „Uriella beherrscht den Inscinsus STUMM? Hat eure Mutter euch den beigebracht? Ich hoffe doch schwer, nein.“
Rafaela schüttelte den Kopf. „Wenn Mama den gekonnt hätte, dann hätte sie ihn mir auch gezeigt. Hat sie aber nicht – nicht einmal einen speziellen Abwehrfluch.“ Dann fiel ihr etwas ein: „Uris Lover, dieser Severus Snape, hat einige Ahnung von den Dunklen Künsten.“
„Woher willst du das wissen? Behaupten das die Rumtreiber?“
„Nein. Ich habe mit ihm selber gesprochen.“ Sie beichtete, wie sie in der Gestalt ihrer Schwester Severus ausgehorcht hatte.
„Hm“, machte der Großvater. „Und nun war Uriella sauer, weil sie dahintergekommen ist. Aber das ist kein Grund für –” Er ließ den Satz unvollendet und überlegte etwas anderes: „Solange Severus nur angibt, aber nichts tut, kann ich relativ wenig gegen ihn unternehmen. Aber mit Uriella muss ich ein ernstes Wort reden.“
Er zog einen Zweiwegespiegel aus der Tasche. „Hallo Horace! Wie geht es Uriella Halcón? – Das freut mich. Kann sie herkommen. – Dann schick sie bitte sofort her! – Ja, es ist sehr wichtig. – Das kann ich dir im Moment leider auch nicht sagen. – Danke!“
„Soll ich dableiben?“, fragte Rafaela.
„Hast du Angst vor deiner Schwester? Ansonsten wäre es mir lieber, ihr wärt beide hier.“

Etwa zehn Minuten später erschien Uriella, grüßte den Großvater, würdigte aber ihre Schwester keines Blickes.
„Weißt du, was mit Lily Evans passiert ist?“, fragte er.
„Was geht mich Lily Evans an? Ich kenn die überhaupt nicht“, gab Uriella patzig zurück.
„Sie ist vom Inscinsus getroffen worden. Und Rafaela hat sie in den Krankenflügel gebracht. Sie hat gesagt, du hast vorher mit ihr gekämpft.“
„Überhaupt nicht wahr! Rafa redet sich raus. Wahrscheinlich hat sie selber...“
„Ich kann dir Veritasserum geben. Außerdem dürften Lilys Erinnerungen noch ziemlich brauchbar sein. Wenn sie euch beide gesehen hat und Rafaela den Gryffindorumhang getragen hat und du den von Slytherin anhattest...“
„Ich glaube, die ist schlau genug, einen Gryffindor- in einen Slytherinumhang zu verzaubern. Soll ja schon passiert sein.“
„Kannst du mir sagen, warum du Okklumantik anwendest, wenn du kein schlechtes Gewissen hast?“
„Ich habe...ich war mit Sevi, also mit meinem Freund unterwegs und wir haben...“, stotterte Uriella, doch ihr Gesicht war für einen Moment blass geworden.
„Ich glaube dir das nicht“, antwortete der Großvater ruhig. „Wir könnten uns auf ein Legilementikerduell einlassen, doch fürchte ich, dass dir das wehtun würde. Deine Mutter hatte zwar manche Fähigkeiten, die ich nie hatte, aber in Legilementik war sie nie besser als ich. Die andere Alternative ist Veritasserum – und die dritte, dass du sagst, was du getan hast. Deine Schwester hat bereits zugegeben, dass sie euch ausspioniert hat und ihr euch deshalb duelliert habt. Jetzt geht es noch darum, ob Lily versucht hat, in das Duell einzugreifen oder nicht und wer von euch beiden den Inscinsum-Fluch beschworen hat.“
„Warum soll ich jemand verfluchen, den ich überhaupt nicht kenne?“, fragte Uriella.
„Warum weiß ich nicht, aber du hast auf jeden Fall“, fauchte Rafaela sie an.
„Ruhig, bitte!“, befahl der Großvater. „Uriella, ich mache dich auf eines aufmerksam: Wenn Lily sich erinnern sollte, dass du sie angegriffen hast und sich das unter Veritasserum bestätigen sollte, werde ich dich auf jeden Fall der Schule verweisen müssen – wenn nicht noch mehr kommt, da vermutlich das Ministerium sich für die Sache interessieren wird. Wenn du sagst, was Sache ist, ist vielleicht noch manches zu retten.“
Er sah sie scharf an und Rafaela war sich sicher, dass er abermals versuchte, in ihre Gedanken einzudringen.

„Gut. Ich habe diesen Fluch versucht. Ich wusste nicht, was er bewirkt“, gestand Uriella zerknirscht. „Ich habe in irgendeinem Buch darüber nachgelesen – hab vergessen, wie es heißt. Da stand nur, dass es ein sehr wirkungsvoller Fluch gegen Feinde ist.“
„Selbst wenn stimmt, was du sagst“, antwortete der Großvater, „ist es sehr gefährlich, einen unbekannten Fluch anzuwenden. Das müsstest du auch wissen.“
„Tut mir ja leid!“
Was hatte er nun vor? Wollte er Uriella ernsthaft ungestraft lassen?
„Dieser Fehler kostet dich das nächste Hogsmeade-Wochenende. Außerdem hundert Minuspunkte für Slytherin und eine Strafarbeit. Es geht hier nicht um Kleinigkeiten; du hast eine andere Schülerin ernsthaft verletzt. Wenn du so etwas noch einmal tun solltest, werde ich keine andere Möglichkeit haben, als dich hinauszuwerfen.“
Er bat seine beiden Enkelinnen, hinauszugehen.

Rafaela unterhielt sich später noch einmal mit der Großmutter über ihre Schwester und die milde Strafe. Die meinte: „Es ist schwer, ihr nachzuweisen, dass sie wirklich Lily verletzen wollte. Der Inscinsus-Fluch wirkt auch unabsichtlich. Ich denke, dass dein Opa genau weiß, dass er genau aufpassen muss. Das sollten wir alle tun.“

Trotz ihrer Angst vor den überlegenen Flüchen ihrer Schwester entschloss sich Rafaela, ebenfalls aufzupassen. Immer wieder beobachtete sie Uriella, befragte andere Schüler, was ihre Schwester tat oder las deren Gedanken. Uriella verschwand allerdings immer wieder, ohne dass jemand genau wusste, wohin. Rafaela sah ihre Schwester immer wieder im Traum mit fremden Männern sprechen, doch sie erkannte keinen einzigen davon.

Die Ermordung Arthur Weasleys konnte verhindert werden, doch die Todesser, die sich auf den Weg zu seinem Haus gemacht hatten, entkamen den Auroren. So viel erfuhr Rafaela von ihren Großeltern.

Auch wenn Regin sich immer mehr vernachlässigt vorkam, tat Rafaela alles, um ihrer Schwester künftig gewachsen zu sein: Sie verbesserte ihren Schildzauber und las alles über Abwehrzauber und Gegenmittel gegen Flüche, was ihr in die Finger kam. Sie schlich sich sogar einmal unsichtbar in die verbotene Abteilung, um dort nachzusehen.

Immer noch tat es ihr weh, Sirius mit anderen Mädchen zu sehen – seine Freundinnen wechselten fast wöchentlich und sie konnte sich nicht vorstellen, dass er damit wirklich glücklich war. Dennoch waren Sirius und sie beide zu stolz, auf den anderen zuzugehen. Beim Intensivtraining vor dem Spiel gegen Hufflepuff redeten sie nur das Nötigste miteinander. Nach Spiel, das Gryffindor mit 250:40 gewann, in dem Rafaela den Schnatz fand und Sirius vier Tore machte, gratulierten sie sich gegenseitig, ohne aber lange umarmt zu bleiben. Selbst James, der dreimal getroffen hatte, umarmte Rafaela intensiver.

Die Beziehung zu Regin war kurz vor Weihnachten so gut wie am Ende, auch wenn keiner von beiden es dem anderen sagte. Rafaela verbrachte fast ihre gesamte Freizeit in der Bibliothek oder versuchte, zu fliegen oder ihre Schildzauber und manches, was sie in Büchern gefunden hatte, zu beschwören. Trocken und ohne Gegner gelang ihr das meiste, doch sie wusste nicht, wie es im Ernstfall aussehen würde.

Auch die Beziehung zwischen Uriella und Severus schien zu kriseln. In den Adventswochen sah man die beiden kaum noch zusammen. An allen Wochenenden war Uriella länger weg, auch wenn sie am Abend pünktlich wieder auftauchte. Rafaela, die alles aufmerksam beobachtete, war sich sicher, dass man die Geländegrenze ohne Passwort überfliegen konnte. Vielleicht konnte Uriella besser fliegen als sie, doch vom Schloss über den Wald zur Geländegrenze kam auch Rafaela. Sie drehte eine Runde außen um das Gelände, ohne eigentlich ein Ziel zu haben. Mit wem traf sich ihre Schwester dort draußen und was heckte sie aus?

Probator
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Beitragvon Probator » Sa 11 Apr, 2009 09:49

Rafaela besuchte Lily fast jeden Tag im Krankenflügel. Der Großvater hatte sie angewiesen, nichts von ihrem Verdacht gegen ihre Schwester und auch nichts Genaues über den Fluch, mit dem Uriella Lily belegt hatte, zu erzählen.
Lily brauchte eine Woche, bis sie wieder aufstehen konnte. Sie hatte viel Blut verloren und Madam Pomfrey war es nur mit Dumbledores Hilfe gelungen, die Wunde zu stillen.
Auch wenn sie es nicht offen sagte, wusste Lily wohl, dass Uriella gegen sie fortgeschrittene Schwarze Magie angewandt hatte. Für Rafaela, die von Severus immerhin mitbekommen hatte, dass ihre Schwester in Kontakt mit Voldemort stand, war auch klar, woher sie es wusste – und sie konnte nicht verstehen, dass der Großvater ihre Schwester so billig hatte davonkommen lassen.

Oft war Severus nun alleine unterwegs, da Uriella strengen Hausarrest hatte. Rafaela hatte ihre Zweifel, ob ihre Schwester sich wirklich daran hielt oder mit ihrem Hauslehrer irgendein Abkommen geschlossen hatte oder auch einen Zauber gefunden, um den Bann zu brechen.

Es war Mitte November geworden und die Tage wurden kälter und regnerischer. Rafaela sah eines Abends, wie James, Remus und Sirius miteinander tuschelten, verstand aber nichts. Als sie auf den Kalender schaute, wurde es ihr aber klar: Der Vollmond stand bevor.
Schon im Oktober hatte sie sich gefragt, was Sirius und James taten, wenn Remus als Werwolf von den anderen Schülern entfernt werden musste. Dieses Mal aber wollte sie es unbedingt wissen. Sie heftete sich von Montagnachmittag an ständig an Sirius’ Fersen. Am Dienstagmorgen war Remus bereits nicht mehr bei den anderen Schülern. Am Nachmittag verschwanden Sirius und James nach ihrer letzten Unterrichtsstunde in ihren Schlafraum. Rafaela, die noch Unterricht hatte, fluchte.
Als sie endlich ihre letzte Stunde hinter sich hatte, waren die Jungen bereits nicht mehr da. Sie fluchte leise, beschloss aber, ihr bestes zu versuchen, machte sich unsichtbar, lief durch das Tor und vollführte draußen den Proprialux-Zauber.
Lange konnte sie keine genauen Spuren erkennen, doch da sah sie im feuchten Boden, dass Menschenspuren endeten und Tierspuren weitergingen. Waren James, Sirius und womöglich Peter Animagi?
Sie blieb stehen und horchte. Als sie ein lautes Heulen hörte, ging sie in die entsprechende Richtung. Das Heulen kam näher und ein gewaltiger Wolf kam auf sie zu. Sie war zwar unsichtbar, aber nicht unriechbar.
Rafaela wusste, dass Werwölfe nicht fliegen konnten und hatte deshalb keine Angst. Sie hob gerade so weit ab, dass der Wolf sie nicht mehr erreichen konnte und erkannte aus der Luft, wie ein riesiger Hund und ein Hirsch auf den Wolf zuliefen. Sie sah scharf auf die Köpfe der Tiere und erkannte, dass der Hund Sirius und der Hirsch James war. Alle Achtung! Dass ein Animagus-Zauber nicht einfach war, wusste sie, obwohl sie nie einen versucht hatte. Der Werwolf sprang in die Luft, verfehlte das unsichtbare Mädchen aber. Im nächsten Moment packte der Hund, in den sich Sirius verwandelt hatte, den Wolf mit der Schnauze am Genick.
Scheinbar hatten sich James und Sirius Gedanken gemacht, wie sie den Werwolf in Griff bekommen konnten. Dennoch wurde es Rafaela mulmig. Wenn sie nicht inzwischen ganz gut fliegen könnte, wäre sie sich nicht sicher, ob sie entkommen wäre.
Ihr wurde klar, in welche Gefahr sich Sirius und James begaben, wenn sie mit Remus unterwegs waren – aber auch wie gefährlich es für die anderen sein könnte, wenn jemand heimlich nachts sein Haus verließ.

Rafaela flog ein kurzes Stück vom Wald weg, landete und lief zurück ins Schloss. Sie lief Mr. Filch in einem engen Gang über den Weg, sodass dieser beinahe in sie hineingelaufen wäre. Gerade noch rechtzeitig drehte sie sich um. Der Hausmeister blieb stehen und horchte – offenbar hatte er die Schritte des Mädchens gehört – doch er merkte wohl nichts.

Rafaela warnte in den nächsten Tagen immer wieder andere Mädchen, bei Vollmond das Schloss zu verlassen. Sie sagte offen, dass es im Wald Werwölfe gebe, ohne allerdings einen Namen zu nennen.

Sooft sie es konnte, schlich sie trotz ihrer Angst ihrer Schwester nach. Wenn es ein Schüler oder eine Schülerin mit Uriella aufnehmen konnte, dann wohl nur sie. Tatsächlich verschwand Uriella oft nach dem Unterricht noch in unbekannte Gänge, wo sie sich unsichtbar machte.

Nachdem sie über zwei Wochen nicht herausfinden konnte, ob und wie ihre Schwester mit Voldemort kommunizierte, verlegte sich Rafaela darauf, Abwehrzauber zu üben. Außerdem wollte sie unauffällig herausbekommen, wer jener Avery war, mit dem Uriella sich getroffen hatte oder zumindest treffen wollte. Die Großeltern zu fragen war momentan keine Möglichkeit, da diese sicher wissen wollten, woher Rafaela den Namen kannte und sie nicht zugeben wollte, dass sie Severus ausspioniert hatte.

Sie befragte schließlich das Bild ihrer Mutter in ihrem Medaillon. Zu diesem Zweck zog sie sich allein und unsichtbar in einen Gang im Keller zurück. Draußen war es zu kalt, um sich längere Zeit aufzuhalten.
„¿Conoces a alguién que se llama Avery? – Kennst du jemand namens Avery?“, fragte sie.
„Ich glaube, ich habe den Namen einmal gehört, kann mich aber nicht genauer erinnern“, antwortete die Mutter. „Wie kommst du darauf?“
Rafaela erzählte der Mutter, dass sie den Namen aus einem Gespräch zwischen Uriella und Severus gehört hatte. „Ich will es nicht glauben, Mama, dass meine Schwester mit Voldemort zusammenarbeitet.“
„Ich kann es mir auch nicht vorstellen – obwohl...“
„Obwohl was?“
„Obwohl... es war einige Tage nach dem Kampf.... da hat sie gesagt...“
„Nach welchem Kampf?“, unterbrach Rafaela die Mutter.
„Ich wollte es euch damals nicht sagen... Ich habe es überhaupt niemand gesagt. Ich hätte nie gedacht, dass er uns in Spanien finden würde, aber dann stand er mir gegenüber. Ich hatte noch nie solche Angst...“
„Vol....“, Rafaela brachte den Namen nicht zuende. „Er hat...?“
„Er hat uns in Spanien aufgestöbert. Ich konnte ihn zunächst vertreiben. Danach habe ich unser Haus versteckt. Und einige Tage später...hat...Uri“
„Was?“
Die Mutter stockte: „Hat... gesagt, wenn ich mich von Papa...nicht mehr mit Papa...“
„Wie? Sie wollte, dass du dich von Papa – trennst?“
„Ja. Wie du vielleicht weißt, war Voldemort vor allem hinter Papa her....“
„Nicht hinter dir?“, wunderte Rafaela sich.
„Vor dem Kampf nicht. Er selbst hat mir einen Brief geschrieben, als wir noch in England waren und ihr noch kleine Babys. Er hat geschrieben: ;Diana, gegen dich habe ich nichts, aber mein Bruder muss sterben.’“
„Warum das?“
„Ich kann es nur vermuten. Papa war muggelstämmig und er kam aus der Familie Riddle. Voldemort hat seine Familie gehasst. Nicht nur seinen Vater, euren Großvater Riddle. Er hat auch Oma getötet und er wollte alle Nachkommen der Familie Riddle töten.
Ich habe mich auch gewundert, warum er mir das Angebot machen wollte. Ich meine... Er wollte mich als Verbündete gegen meinen Vater.“
„Wie? Du solltest gegen Opa kämpfen?“
„Ja. Es gibt wenige Zauberer, vor denen Voldemort sich fürchtet. Euer Opa gehört dazu, wie du weißt. Und mir hat er zugetraut, ihn heimlich töten zu können. Aber ich habe mich geweigert und er konnte mich auch nicht unter den Imperius-Fluch stellen. – Rafa, du musst mir eines versprechen: Trainiere weiter, mit Uri oder sonst jemand, dem Imperius zu widerstehen! Es ist ein schlimmer Fluch.“
„Ich weiß, Mama. Du hast uns ja schon einiges beigebracht. Aber Uri – ich traue ihr nicht. Ich hab von ihrem Freund gehört – hab mich als sie verkleidet“ Jetzt war es heraus – „dass...sie beinahe schon Todesserin ist.“
„Ich kann es einfach nicht glauben“, rief das Bild der Mutter. „Aber nun, Rafa, hör zu: Ich habe eine magische Verbindung zwischen euch gelegt.“
„Ich habe schon geträumt, dass Uri bei Voldemort war“, unterbrach Rafaela sie erneut.
„Genau darum geht es. Diese Verbindung sollte verhindern, dass jemand von euch gegen die andere kämpfen kann. Du bekommst es mit, wenn Uri sich mit deinen Feinden trifft – sie allerdings ebenfalls, wenn du jemand triffst, der ihr schaden will. Außerdem könnt ihr euch nicht gegenseitig töten. – Es war Papas Idee. Er hat mit dem Schlimmsten gerechnet. Er hat geahnt, dass Voldemort dich oder sie benutzen könnte. – Und nun, Rafa, bitte: Finde heraus, ob Uri unter dem Imperius steht oder womöglich...“
„Kannst du nicht selbst mit ihr Kontakt aufnehmen?“
„Ich kann nicht gegen ihren Willen mit ihr sprechen. Wenn sie das Medaillon trägt, kann ich ihr Signale geben. Ich nehme an, dass sie es nicht immer trägt. Jedenfalls hat sie noch länger nicht mehr mit mir gesprochen als du.
Du aber kannst es spüren, wenn sie etwas tut, um dich anzugreifen oder wenn sie mit Voldemort oder sonst jemand, der dich töten will, in Kontakt kommt. Konzentriere dich bitte darauf!“
„Und wenn sie es auch merkt?“
„Sie merkt nur, wenn du ihr schaden willst. Oder hast du etwas anderes über sie herausgefunden als die Kontakte mit Voldemort?“
„Nein“, gab Rafaela zu. Sie versprach der Mutter, sich auf die Taten ihrer Schwester zu konzentrieren.

In den nächsten Nächten schlief sie schlecht, da sie sich bemühte, von ihrer Schwester zu träumen. So war sie tagsüber unausgeschlafen, sodass ihr Leichtsinnsfehler in Zaubertränke passierten, was Slughorn zu sanfter Kritik veranlasste.
Auch Regin fiel auf, dass Rafaela etwas neben sich stand. Als er sie nach dem Grund fragte, log sie ihn an, dass sie einen verdorbenen Trank geschluckt hätte. Seinen Vorschlag, sie in den Krankenflügel zu bringen, beantwortete sie nur mit einem Kopfschütteln.

Es dauerte sechs Nächte, bis Rafaela wieder einen klaren Traum von ihrer Schwester bekam: Sie sah Uriella über den Verbotenen Wald fliegen, bei einer Holzhütte landen, hineingehen und einen jungen Mann küssen. Dieser junge Mann war aber nicht Snape. Es war auch nicht Voldemort. Er hatte halblange braune Haare und sah recht hübsch aus.
Rafaela konnte, so sehr sie sich auch bemühte, nicht genau verstehen, was die beiden sprachen. Dafür schien sie selbst unruhig geworden zu sein, denn plötzlich weckte Donna sie auf: „Was ist los mit dir?“

Rafaela hatte ein schlechtes Gewissen, die Freundin mit einem Vergessenszauber zu belegen, tat es aber dennoch. Sie hatte nicht die geringste Lust, mit den Zimmerkolleginnen über alles zu sprechen.
Sie schlief wieder ein, doch kehrte der Traum von Uriella und dem Unbekannten nicht wieder. Sie würde sich weiter gedulden müssen.

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