Leona stapfte von einem Fuß auf den anderen. Warum musste es denn heute auch so kalt sein. Zitternd zog sie ihren Mantel noch enger an sich und blickte sich ängstlich um. Sie stand auf einer Waldlichtung, die nur von der Sichel des Mondes erhellt wurde. Um sich herum vernahm sie einige Gestalten, doch es war zu dunkel um irgendjemanden zu erkennen. Es herrschte Totenstille, denn weder die Personen noch die Tiere im Wald machten irgendein Geräusch. Leona war ziemlich unheimlich zu Mute und sie fragte sich wie lange sie hier noch warten musste, bis endlich etwas geschehen würde. Als hätte man ihre Gedanken erhört, ging plötzlich ein Raunen durch die Menge und als sich Leona ein wenig streckte, konnte auch sie erkennen was die anderen Personen beunruhigten. Eine wunderschöne Frau in einem hellblauen Gewand und langen goldenen Haaren bahnte sich ihren Weg in die Mitte der Lichtung. Von ihr aus ging ein Leuchten, dass die ganze Lichtung erhellte und die schemenhaften Gestalten zu richtigen Menschen werden ließ, doch Leona kümmerte sich im Moment gar nicht um die anderen, da sie wie gebannt die Frau anstarrte. Plötzlich hob jene ihren Zauberstab und zeichnete ein großes leuchtendes Pentagramm in die Erde und wendete sich anschließend strahlend der Menge zu.
„Guten Abend und herzlich willkommen meine lieben Schülerinnen und Schüler!
Mein Name ist Morgana Furiae und ich bin eure neue Schulleiterin. Ihr fragt euch jetzt sicher alle, was ihr hier mitten in der Nacht auf einer Waldlichtung tun sollt. Wie ihr wisst, werden auf meiner Schule neben den anderen Fächern auch vier ganz besondere Fächer gelehrt. Die Fächer der vier Elemente. In jedem von euch steckt ein anderes Element und heute Nacht werden wir herausfinden welches der vier es ist. Auch wenn es manchen vielleicht gar nicht bewusst ist, steht schon seit eurer Geburt fest zu welchem Element ihr gehört. Menschen des Elements Erde zum Beispiel interessieren sich oft sehr für die Natur, und ihre Zimmerpflanzen wachsen oft schneller als die anderer Leute. Oder diejenigen, in denen das Element Feuer steckt, sind wenn sie zornig sind oft wie elektrisch aufgeladen und scheinen förmlich zu glühen vor Wut. Ich könnte jetzt noch viele Beispiele bringen, aber dafür haben wir heute leider zu wenig Zeit, da wir nun mit der Zeremonie beginnen müssen!“
Sie klatschte zwei mal in die Hände und verließ dann das Pentagramm um sich in einen Thron, der plötzlich am Ende der Lichtung erschien, niederzulassen. Alle Schüler wendeten sich nun wieder dem Geschehen im Pentagramm zu, wo plötzlich wie aus dem Nichts vier Personen standen. Es waren zwei Männer und zwei Frauen, die jeweils einen Gegenstand in den Händen hielten. Die erste Frau, die ein langes weißes Kleid trug und blonde lockige Haare hatte, wendete sich gen Osten und legte eine Feder vor sich auf den Boden. Anschließend hob sie ihre Arme in die Luft und murmelte etwas, worauf plötzlich ein starker Wind über die staunende Menge hinweg blies und Kleid und Haare der Frau wild umher wehte. Nun begann die Frau mit geschmeidiger Stimme einen Singsang in den die anderen drei mit einstimmten:
Heil dir, Eurus, Wächter der Türme im Osten,
Mächte der Luft.
Blase durch uns und reinige uns,
erwecke, was schon zu lange in uns schläft.
Bei der Luft, die ihr Atem ist,
rufen wir dich an!
Sei bei diesem heiligen Ritus zugegen,
beschütze diesen Kreis
und gib uns den Segen deines Lichtes.
Als sie dies drei mal wiederholt hatte malte sie mit ihrem Zauberstab ein kleines Pentagramm in die Luft und verneigte sich. Während sie sich noch verneigte, trat nun ein Mann aus dem Kreis heraus und wendete sich gen Süden. Er trug eine schwarze weite Hose und auf seinen Oberkörper waren mit roter Farbe viele Symbole gemalt, die Leona nicht kannte. Er steckte eine Fackel vor sich in die Erde und hob dann ebenfalls die Arme und schien nun förmlich zu brennen. Auch er begann nun mit tiefer Stimme einen Singsang:
Heil dir, Notus, Wächter der Türme im Süden,
Mächte des Feuers.
Erfülle unsere Seelen mit deiner Hitze,
schüre die Flamme unseres Willens.
Bei dem Feuer, das ihr Geist ist,
rufen wir dich an!
Sei bei diesem heiligen Ritus zugegen,
beschütze diesen Kreis
und gib uns den Segen deiner Stärke.
Anschließend malte er ein Pentagramm in die Luft, verneigte sich und der zweite Mann trat hervor, welcher eine dunkelblaue Hose trug und ebenfalls Symbole auf seinem nackten Oberkörper hatte. Dieser wendete sich jedoch gen Westen. Er hatte einen silbernen Kelch in der Hand, der mit Wasser gefüllt war und stellte ihn nun vor sich auf die Erde. Genauso wie die anderen hob auch er seine Arme und es begann über ihm zu regnen als er zu singen begann:
Heil dir, Zephyr, Wächter der Türme im Westen,
Mächte des Wassers.
Umspüle und fließe durch uns,
geleite uns durch unsere Tage.
Bei dem Wasser ihres lebensspendenden Schosses,
rufen wir dich an!
Sei bei diesem heiligen Ritus zugegen,
beschütze diesen Kreis
und gib uns den Segen des Lebens.
Als er sein Pentagramm in die Luft gezeichnet hatte, trat die letzte Frau hervor und wendete sich nun gen Norden, wo sie eine Schale voll mit Erde abstellte. Sie hatte ihr langes braun-rotes Haar zu einem dicken Zopf geflochten und ein grünes langes Gewand an. Als sie ihre Arme hob, erschraken alle Schüler, da plötzlich die Erde leicht zu beben begann.
Heil euch, Boreas, Wächter der Türme im Norden,
Mächte der Erde.
Dunkler Spiegel, der kein Bild reflektiert,
jedoch unser innerstes Wesen enthüllt.
Bei der Erde, die ihr Körper ist,
rufen wir dich an!
Sei bei diesem heiligen Ritus zugegen,
beschütze diesen Kreis
und gib uns den Segen deiner Weisheit.
Als sie nun ihr Ritual mit dem Pentagramm beendet hatte, flogen die Gegenstände die sie zuvor abgestellt hatten in die Luft und verbanden sich dort, während die vier Personen immer schneller sangen, so dass man kaum ihre Worte verstehen konnte. Plötzlich erstrahlte ein sehr helles Licht, dort wo sich noch eben die Gegenstände verbunden hatten, weshalb sich Leona schützend den Arm vor die Augen halten musste. Sie konnte nicht mehr erkennen was passierte, spürte nur plötzlich etwas schweres in ihrer Hand. Als sie nun wieder aufblickte, war das Licht verschwunden und die vier Personen dazu. Sie blickte in ihre Hand herunter und entdeckte einen grauen, runden Stein. Sie spürte das von ihm eine innere Wärme ausging und während sie noch darüber nachdachte, wechselte der Stein die Farben. Es schien als könnte er sich nicht entscheiden, ob er nun rot sein wollte oder doch lieber blau. Sie blickte sehr verwirrt drein und schaute zu den anderen Schülern hinüber die ebenso erstaunt auf ihre Hand herunter blickten. Als sie wieder ihren Stein betrachtete, hatte er sich gerade doch für eine Farbe entschieden. Er war feuerrot und warf in der Dunkelheit einen roten Schein auf ihre Hand. Auf einmal erhob sich der Stein wieder in die Luft und aus seinen Enden traten zwei schwarze Lederbänder hervor. Diese wickelten sich nun vorsichtig um Leonas Hals und bildeten eine Halskette. Leona schaute sich noch einmal um und erkannte, dass die anderen nun ebenfalls ihren Stein um den Hals hatten. Sie fühlte sich sehr mit ihrem Stein verbunden und wusste aus irgend einem Grund, dass sie nun zum Element Feuer gehören würde.